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An Tagen wie diesen
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
An Tagen wie diesen
bespielt von    Rayon Enarchea   Shanaya Árashi
17.03.1822

An Tagen wie diesen
Abend des 17. März 1822
Rayon Enarchea & Shanaya Árashi

Mit einem leisen Seufzen zog Shanaya den Verband um ihren Kopf wieder ein wenig fester, biss dabei kurz die Zähne aufeinander. Was für eine verzwickte Situation, wenn der Teil des Körpers weh tat, der sonst mit Anlauf durch die Wand lief. Keine gute Kombination – vor allem nicht, wenn sie es war, die da durch musste. Sie hatte sich wirklich ein wenig übernommen. Das, was sie erledigt hatte, kam ihr nicht viel vor... das Pochen in ihrem Kopf überzeugte sie aber leider vom Gegenteil. Aber das Ganze war noch keine 48 Stunden her, sie musste sich also vermutlich nur noch etwas mehr Zeit geben. Gott, wie sie es hasste, zu Untätigkeit gezwungen zu sein. Aber wenn sie dem nicht nachgab... sie hoffte, dass sie wenigstens ein anständiges Begräbnis bekommen würde, wenn es soweit war.
Der Tag war jedenfalls in seinen letzten Zügen die Sonne war vermutlich schon fast untergegangen. So genau wusste die Schwarzhaarige das nicht, sie hattee sich schon vor einiger Zeit unter Deck begeben. Auf Deck brachte sie Niemandem etwas, ohne Konzentration, mit einem Schädel, der unaufhörlich pochte. Eine hochdramatische Angelegenheit, also nahm die junge Frau sich diese Auszeit, saß auf der ersten Stufe der Treppe, die zum Frachtraum führte und lauschte dem leisen Gackern der Hühner. Das einzige, was ihr für diesen Moment einfiel, sich für einen kurzen Zeitraum zu beschäftigen, ohne sich groß konzentrieren zu müssen. So dachte sie nicht an dieses drückende Gefühl im Kopf, womit der Schmerz leicht nachließ. Und doch erklang irgendwann ein leises Seufzen in der Stille, gefolgt von einem dumpfen Geräusch. Shanaya hatte sich langsam zurück fallen lassen, lag nun auf dem Holzboden, die Augen geschlossen. Die Schwarzhaarige versuchte einfach an Nichts zu denken. Leider war sie noch nie der Typ gewesen, der sein Hirn auf Leere stellen konnte. Im Gegensatz zu manch anderem, der das in Perfektion beherrschte. Also blieb ihr nicht viel anderes übrig, als hier liegen zu bleiben und darauf zu warten, dass es irgendwie besser wurde.
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#2
Rayon horchte erst auf, als er aus Richtung der Treppen einen deutlich vernehmbaren Seufzer hörte. Wie immer, wenn in der Küche zu tun hatte, war ihm die Anwesenheit einer zweiten Person (oder möglicherweise sogar mehrerer) auf dem Kanonendeck überhaupt nicht aufgefallen. Es war zwar noch nicht Zeit für das Abendessen und vorbereitet hatte er es bereits vor Stunden, aber selbst in einem solchen Fall fand der Dunkelhäutige immer irgendetwas, mit dem er sich beschäftigen konnte. Gerade war er damit fertig geworden, seine Gewürze auf ihre Konsistenz zu überprüfen. Zwar bewahrte er sie in Gläsern auf und sorgte stets dafür, sie nur in sicherer Entfernung zu allen Arten von Dämpfen zu öffnen, doch ein wenig paranoid vor dem schlimmsten Albtraum des leidenschaftlichen Liebhabers großartiger Gewürze - Verklumpung! - war er dennoch. Oder vielleicht auch ein wenig mehr. So wie mehr auf den Kampf fixierte Seemänner viel Zeit damit verbrachten, die Läufe ihrer Schusswaffen zu reinigen, damit diese sie im Falle eines Falles nicht im Stich ließen, hielt er es mit den Dingen, die er brauchte, um seine Arbeit auf für ihn persönlich zufriedenstellende Art und Weise verrichten zu können.

Nun jedoch lenkten der Seufzer und das darauffolgende Geräusch, dem eines nassen Sackes voller Sand, der aus einigen Metern Höhe fallen gelassen wird nicht unähnlich, seine Aufmerksamkeit auf sich. Er spähte in Richtung des Hecks der Sphinx und konnte trotz der nur spärlichen Beleuchtung eine rücklings auf dem Boden liegende Frau mit schwarzem Haar, das von einem dicken Verband geziert wurde, erkennen. Shanaya schien nicht allzu bester Stimmung zu sein, was Rayons bisheriger Erfahrung mit der ungestümen jungen Frau weniger mit etwaigen Schmerzen durch die Wunde zu tun hatte, sondern eher mit dem Umstand, dass sie wegen ihrer Verletzung dazu gezwungen war, kürzer zu treten. Langeweile schien ihr Todfeind zu sein, und dieser Todfeind wiederum schien eine Vorliebe für sie zu haben, denn er schaute bemerkenswert oft und vor allem bemerkenswert schnell bei ihr vorbei.

Der Schiffskoch legte die Stirn in Falten und blickte sich um, suchte nach etwas, das er nutzen könnte, um die Schwarzhaarige ein wenig aufzumuntern. Als sein Blick auf Cirahs Käfig fiel, schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Vielleicht konnte das Zaunkönigweibchen für ein wenig Ablenkung von dem durchaus nicht sonderlich vielseitigen Alltag eines kampfunfähigen Piraten sorgen. Kurzerhand fischte er einen kleinen silbernen Schlüsselaus einer Tasche seines Gürtels, entriegelte damit das dazu passende schützende Vorhängeschloss vor dem Metallgehäuse und öffnete die Tür. Cirah, die eben noch im Halbschlaf auf einem der dickeren Äste in ihrem persönlichen kleinen Reich gesessen hatte, war sofort hellwach, sprang mit einem Satz den Ast direkt vor der Tür und flatterte Sekundenbruchteile später auch schon fröhlich umher, die neu gewonnene Freiheit auskostend.

Das nächste, was Shanaya hören und spüren musste, war ein sanfter Luftzug, begleitet von ausgelassenem Zwitschern, als der Vogel nur Zentimeter über ihr Gesicht hinwegschoss.
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#3
Trotz allem fiel es Shanaya unglaublich schwer, die Augen geschlossen zu halten. Für den Moment konnte und wollte sie sich nur auf ihr Gehör verlassen, aber auch das schien in diesen Tagen nicht unbedingt brauchbar zu sein. Sie brauchte einen Trank, der sie sofort wieder gesund werden ließ. Sie konnte jetzt nicht ewig lang herum liegen und warten, dass sich das von allein besserte... Vielleicht würde es ja helfen, sich so lange zu betrinken? Dann wäre sie eh zu unfähig zum arbeiten... aber auch das erschien ihr nicht als eine optimale Lösung. Also musste sie doch herum liegen und warten. Geduldig, wie sie eben war.
Das jemand in ihrer Nähe war bemerkte die Schwarzhaarige kaum, Geräusche waren auf einem Schiff immerhin allgegenwärtig. Ob es nun Schritte, ein Klackern oder ein rascheln war. Aber zumindest näherte sich ihr erst einmal niemand... nicht, dass jemand sie noch mit dem Fuß anstubste, um zu prüfen, ob sie noch lebte. Manch einem von diesem Schiff traute sie genau das all zu gut zu. Und ihr war gerade nicht danach, sich tot zu stellen. Viel zu anstrengend. Die junge Frau lauschte also wieder den Geräuschen um sie herum, versuchte dabei irgendwelchen Gedanken zu folgen, die kein großes Denkvermögen brauchten. Bis sie ein unerwarteter Luftzug und ein dazu gehöriges Geräusch direkt über ihr, sie zum zusammen zucken brachte. Shanaya schlug nun doch ein Auge auf, konnte gerade noch das braune Pummelchen davon flattern sehen. Sie blinzelte, machte jedoch keinerlei Anstalten, sich zu erheben.

Seit wann gibt es in der Hölle Vögel?“

Sie war sich nicht sicher, ob überhaupt jemand in der Nähe war, oder ob sie mit sich selbst sprach. Notfalls konnte sie eben mit dem Vogel sprechen.
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#4
Rayon hatte sich während Cirahs wagemutiger Flugmanöver beständig auf Shanaya zubewegt - und war in Anbetracht der überschaubaren Länge der Sphinx bereits fast bei ihr angekommen, als sie die Augen aufschlug und den über sie hinwegrauschenden Vogel auf kreative Weise kommentierte. Er quittierte ihre Worte mit einem lauten Lachen, trat an ihre Seite und setzte sich neben sie auf die Treppenstufen.

"So schlimm ist es um die Sphinx nun aber noch nicht bestellt", meinte er und blickte sich um. "Sicher, auch ich hab' schon prachtvollere Schiffe gesehen, aber 'Hölle' ist doch eine ziemlich übertriebene Beschreibung, findest du nicht?"

Er musterte sie von der Seite, prüfte den Verband um ihren Kopf und ihre resignierende Körpersprache. Das war ganz sicher nicht die lebenslustige junge Frau, die er etwas näher kennengelernt hatte, als er sich in der Kombüse der Sphinx häuslich eingerichtet hatte. Ihr Gemütszustand schien vielmehr dem eines verbitterten Weibes zu gleichen, das ihre Tage damit verbrachte, alles zu kritisieren und anzukeifen, das ihr ins Blickfeld geriet - und Shanaya war eine viel zu schillernde Persönlichkeit, um diesen bedauernswerten Zustand einfach so zu akzeptieren.

"Du hattest dich doch darüber beschwert, dass sie die ganze Zeit im Käfig sitzt. Vielleicht gefällt es ihr ja auf deiner Nase besser?"

Mit diesen Worten hielt er ihr unvermittelt und ungefragt seinen Zeigefinger vor das Riechorgan und wackelte damit, woraufhin Cirah spontan die Richtung änderte, angeflattert kam und den Versuch unternahm, sich eben dort niederzulassen.
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#5
Irgendwo zwischen dem Knarzen der Planken glaubte Shanaya so etwas wie Schritte zu hören. Sie konnte sich das auch einbilden, dennoch kam der Gedanke, dass sie wehrlos auf dem Rücken lag. Mit höllischen Kopfschmerzen. So lieferte sie sich ja quasi aus... dennoch regte sich die junge Frau nicht. Und erst, jemand lachte und das Geräusch von Schritten direkt neben ihr war, wandte die Schwarzhaarige den Blick herum, blinzelte und erkannte Rayon. Gut, sie hätte es deutlich schlechter treffen können. Der Dunkelhäutige saß nun also neben ihr, kommentierte ihre Worte und erntete damit ein leises Schnaufen und ein munteres Lächeln.

Wenn wir HIER wirklich in der Hölle wären, würde ich nicht rumliegen, sondern auf dem Thron sitzen und ihr würdet mich mit dem leckersten Essen versorgen.“

Sie musterte den Älteren prüfend, konnte bei ihm jedoch Nichts erkennen, was diesem Zweck gedient hätte. Was für eine Schande! Aber der Gedanke, sich in diesem Moment aufrecht hin zu setzen erschien ihr nicht sehr verlockend... sie war zwar die, die auch mit Fieber noch durch die Weltgeschichte gesprungen war... aber vermutlich würde sie es in diesem Zustand nicht weit schaffen und einfach mit dem Gesicht voraus zurück auf die Planken platschen. Keine besonders schöne Vorstellung. Sie musste also all ihre Geduld aufbrauchen, bis sie sich wieder bewegen konnte, ohne dass ihr Kopf unangenehm pochte.
Was Rayon dann sagte, ließ die junge Frau den blauen Blick wieder herum wenden, eine Augenbraue etwas skeptisch angehoben. Kaum ein paar Sekunden später war der Vogel auch schon da, saß auf dem Finger, den der Mann ihr vor die Nase hielt. Sie schielte zu dem kleinen, braunen Wesen.

Pass auf, dass ich sie nicht mit einem Haps runter schlucke.“

Damit hob sie den Finger und stubste gegen die kleine Kugel. Ob man sie, wie Sineca, mit einem Stück Fleisch bestechen konnte? Vermutlich eher weniger.




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#6
Amüsiert musterte der Schiffskoch die junge Frau, zog dann eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. Dass sie ein unerschöpfliches Selbstvertrauen zu haben schien oder es zumindest vorgab, war ihm mittlerweile schon häufiger aufgefallen, die von ihr geschilderte Rolle passte - trotz der damit verbundenen Aufmerksamkeit, die sie sicherlich genießen würde - zumindest in seinen Augen allerdings eher weniger zu ihr.

"Du bist zwar eine ausnehmend kratzbürstige Piratin, aber zum Teufel fehlt dir ein wenig mehr Boshaftigkeit, denke ich", sagte er grinsend, in der Hoffnung, dass sie ihm die Eigenschaft, mit der er sie soeben bedacht hatte, nicht übel nehmen würde. Schließlich hatte er sie nicht zuletzt deshalb bereits in sein Herz geschlossen.

Da Shanaya keine Anstalten machte, sich zu erheben, ließ er sich kurzerhand ebenfalls auf den Planken nieder und lag so neben ihr, den Blick auf Cirah gerichtet, die bei der Berührung der Schwarzhaarigen kurz gepiepst hatte und nun zwitschernd um ihren Kopf herum sprang. Manchmal erinnerte sie ihn ein wenig an Trevor... Fast hätte er die junge Frau nach ihrem Befinden gefragt, biss sich jedoch rechtzeitig auf die Zunge und verschluckte die Worte, die sich beinahe den Weg aus seinem Mund gebahnt hätten. Die Antwort auf diese Frage lag ohnehin auf der Hand, und er hätte ihr sicherlich einen Bärendienst damit getan, ausgerechnet dieses Thema anzuschneiden. Stattdessen beschloss er, die Sprache auf die Rettungsaktion ihres zweiten Captains zu bringen - nach Möglichkeit auf einen Zeitpunkt vor ihrer Verletzung.

"Andererseits... wie ich gehört habe, scheinst du durch dein beherztes Handeln einen größeren Teil zum Gelingen unserer Mission auf der Morgenwind beigetragen zu haben als viele unserer Kameraden. Zumindest die Abgebrühtheit einer schrecklichen Herrscherin hast du also."

Vielleicht wurde sie ja redselig und konnte sich so ein wenig von ihren Schmerzen ablenken. Ansonsten hatte er immer noch Cirah, die sich ebenfalls alle Mühe gab, ein ähnliches Ziel zu erreichen - allerdings musste der kleine Vogel aufpassen, ihre zweifelsohne nicht gerade geringen Kopfschmerzen durch allzu lautes Zwitschern nicht noch weiter zu verstärken...
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#7
Shanaya musterte den etwas skeptischen Ausdruck auf den Zügen des Dunkelhäutigen, verengte dabei selbst leicht die blauen Augen. Auf seine Antwort hin verzog sie dann ein wenig die Lippen, schnalzte leise mit der Zunge und gab dem Mann doch Zeit, auszusprechen, ehe sie ein halb beleidigtes Schnaufen von sich gab.

Kratzbürstig. Das interessiert mich jetzt... Kratzbürstig, weil ich meine Meinung offen sage?“

Mit ehrlichem Interesse behielt die junge Frau ihr Gegenüber im Auge, musste aber dank seiner letzten Worte dabei doch munter grinsen.

Ich bin siebzehn. Du hast ja keine Ahnung, was da noch kommen mag.“ (Und sie hat so Recht!)

Damit strich sie sich eine schwarze Strähne aus der Stirn, blinzelte dann einen Moment verwirrt, als Rayon kurz darauf neben ihr auf den Planken lag. Ihr erster Reflex war, ein Stück weg zu rutschen, aber sie unterdrückte es, blieb ruhig liegen und tat den Abstand zwischen ihnen einfach noch als genug ab. Der Vogel zwitscherte glücklich vor sich hin, und gerade als die Schwarzhaarige die Hand heben wollte, um das Federvieh noch einmal an zustubsen, lenkte Rayon ihre Aufmerksamkeit wieder um. Und wieder schlich sich ein selbstsicheres Grinsen auf ihre Lippen, mit dem sie irgendwie die Schultern zuckte. Sofern das in ihrer Position möglich war.

Ich bin ja auch eine der wenigen, die daran geglaubt haben, dass es funktioniert.“ Eine kurze, hochdramatische Pause, in der sie Rayon einen vielsagenden Blick zuwarf. „Und siehe da. Ich hatte Mal wieder Recht.“



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#8
Die Navigatorin tat zwar zunächst so, als wäre sie mit seinen Worten ganz und gar nicht einverstanden - und vielleicht war sie das tatsächlich nicht -, das Grinsen, das daraufhin ihre Mundwinkel nach oben verzog, zeigte ihm aber, dass sie sie ihm zumindest nicht übel zu nehmen schien. Überhaupt konnte er sich nicht vorstellen, dass eine so selbstbewusste Frau wie Shanaya sich so einfach verletzen ließ; zumindest dann, wenn dieses Selbstbewusstsein echt und nicht nur gespielt war. Um das beurteilen zu können, kannte er die Schwarzhaarige nicht gut genug.

"Kratzbürstig, weil du kein Problem damit hast, anderen deine Meinung unter die Nase zu reiben, würde ich eher sagen", meinte er, versuchte aber, seine Stimme dabei möglichst heiter klingen zu lassen. "Versteh' mich nicht falsch, ich finde, jeder sollte das Recht dazu haben. Als Pirat geht man vermutlich unter, wenn man damit zufrieden ist, ständig die zweite Geige zu spielen."

Sie wusste ganz sicher, was er meinte. Gerade als Frau in einer Domäne, die traditionell doch eher von Männern dominiert wurde und in der es sicher nicht immer einfach war, sich zu behaupten. Nicht zuletzt deshalb hatte er Respekt vor der Schwarzhaarigen. Er selbst hatte solche Probleme schließlich nie bewältigen müssen - er war groß, muskulös und konnte durchaus bedrohlich wirken, wenn er wollte. Zudem war er noch nicht allzu lang Pirat und auf der Sirène war es vermutlich deutlich gesitteter vorgegangen als auf einem durchschnittlichen Piratenschiff.

"Ich hoffe allerdings, dass nicht das auf dich wartet", fügte er als Reaktion auf Shanayas Kommentar hinzu und wurde für einen Moment nachdenklich, wie immer, wenn seine Vergangenheit ihn einholte. "Boshaftigkeit zerstört Leben - nicht nur das anderer, sondern auch das eigene. Das wäre doch ein bisschen schade."

Bei den letzten Worten grinste er schon wieder. Jetzt war definitiv nicht der richtige Moment, um düsteren Erinnerungen nachzuhängen. Stattdessen nickte er der jungen Frau bei ihren nächsten Worten anerkennend zu.

"Optimismus ist eine wertvolle Eigenschaft. Die solltest du dir bewahren. Letztendlich macht sie auch viel mehr Spaß als Boshaftigkeit", sagte er überraschend ernst. Schließlich war das eine Lektion, die ihm besonders wichtig war. Sie hatte dafür gesorgt, dass er sich nach dem Tod seines Vaters nicht der Trauer und Verzweiflung hingegeben, sondern der Zukunft trotz allem mit einem Lächeln entgegengesehen hatte.

"Und zumindest warst du damit nicht allein. Trevor, Greg und ich wären wohl kaum auf die Sphinx gewechselt, wenn wir dem Gelingen der Mission nicht zumindest eine kleine Chance eingeräumt hätten", meinte er und lächelte, fügte dann aber stirnrunzelnd hinzu: "Auch wenn ich zugeben muss, dass wir keine Vorstellung davon hatten, was letztendlich geschehen würde."
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#9
Shanaya verengte leicht die Augen, als der Mann neben ihr sein 'kratzbürstig' erklärte. Das war ein breit gefächertes Wort – und auch wenn ihr relativ egal war, wie Rayon es nun meint, es interessierte sie aus reiner Neugierde. Sie konnte die Meinung der Anderen über sie nicht ändern – was sie auch gar nicht wollte – aber umso amüsanter war es zu wissen, wer sie für ein Ekelpaket hielt, und wer nicht. Dann wusste sie, wem sie zukünftig umso mehr auf der Nase herum tanzen konnte. Schließlich war damit deutlich, wer sich provozieren ließ. Rayon gehörte nicht dazu. Trotzdem brummte Shanaya leise, ehe sie zu einer Antwort ansetzte.

Kratzbürstig... das ist so negativ belastet! Es gibt viel zu wenige, die ihre Meinung sagen. Und mit der zweiten Geige zufrieden geben...“

Ihre Stimme hatte vor allem bei den letzten Worten einen eindeutigen, amüsierten Ton, aber Shanaya verzog leicht das Gesicht. Hauptsache bloß niemandem auf die Füße treten, die Gefahr, jemanden zu verletzen, umgehen. Das hatte ihr noch nie gelegen, wieso auch? Solche Mimosen wie Aspen konnten ruhig wissen, was sie von Ihnen hielt. War nicht ihr Problem, wenn man damit nicht umgehen konnte.
Nach Rayons letzten Worten musterte sie den Dunkelhäutigen kurz aus den Augenwinkeln, nutzte seine kleine Ansprache, um die Augen dann jedoch einen Moment zu schließen, einmal tief einzuatmen. Verdammter Stuhl. Wenigstens saß der Verband noch, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass er mehr störte als alles andere. Erst, als Rayons Stimme einige Momente verstummt war, öffnete Shanaya die blauen Augen wieder, schnaufte und warf einen vielsagenden Blick zur Seite.

Du klingst wie eine uralte Schildkröte, die mir gerade Lebensweisheiten geben will.“ Die Dunkelhaarige hob leicht eine Augenbraue, schmunzelte aber. „Boshaftigkeit steht mir zwar, aber ich bin vermutlich trotzdem der letzte Mensch, der seinen Optimismus verliert.“

Damit patete sie dem Mann locker auf die Schulter, setzte sich dann langsam auf. Liegen drückte noch mehr auf den Kopf als stehen, also blieb sie lieber in der Aufrechten. So konnte sie dem Mann jedoch einen wunderbaren Blick zuwerfen. Müdigkeit lag in ihrem Lächeln.

Trotzdem hattest du Zweifel. Aber ihr habt ja mich, ich bleibe für euch alle zuversichtlich. Also... für die Guten unter euch.“
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#10
"Negativ belastet - nun, das liegt immer im Auge des Betrachters, aber grundsätzlich hast du Recht. Wie würdest du dich selbst denn eher beschrieben haben wollen?", fragte Rayon interessiert, als Shanaya, der diese Thematik zumindest nicht gleichgültig zu sein schien, leicht missmutig geantwortet hatte. Er hoffte, sie mit seinen Worten nicht doch verärgert zu haben - der amüsierte Unterton in ihrer Stimme beruhigte ihn jedoch. Für einen Piraten war Rayon bemerkenswert harmoniebedürftig und Spannungen zwischen ihm und einem der Crewmitglieder wollte er nach Möglichkeit vermeiden. Ganz besonders unnötig wäre es gewesen, wenn er sie durch eine unbedachte Wortwahl selbst verursacht hätte, zumal er sich vorstellen konnte, dass es nicht gerade angenehm war, die junge Schwarzhaarige zum Feind zu haben. Auf einem Schiff konnte man sich noch dazu ziemlich schwer aus dem Weg gehen.

Als sie ihm nach seinem Vortrag schließlich einen Seitenblick zuwarf, schmunzelte und ihn mit einer uralten Schildkröte verglich, verzog Rayon schuldbewusst die Mundwinkel zu einem breiten Grinsen und zuckte mit den Schultern.

"Tut mir leid, das macht das Alter. Manchmal überkommt es mich einfach", sagte er heiter und schüttelte kurz mit dem Kopf. "Ich werde versuchen, das auf ein Minimum zu reduzieren. Trevor wird auch nicht müde, mir ständig auf die Nase zu binden, wie anstrengend das sein kann."

Eigentlich war er noch gar nicht in dem Alter, in dem sein einziger Lebensinhalt daraus bestand, Weisheiten an die jüngere Generation weiterzugeben - zum Teufel, er war erst 35 und bis sein Haar endgültig ergraute, würde es hoffentlich noch eine Weile dauern. Dass er sich jahrelang um seine Geschwister gekümmert hatte, ein Jahr mit Trevor gesegelt war und hier auf der Sphinx einige deutlich jüngere Seemänner und -frauen um sich herum hatte, sorgte jedoch dafür, dass er bereits deutlich früher mit derart philosophischem Gerede anfing, als es vielleicht angebracht gewesen wäre. Dass er ganz unabhängig davon gern Geschichten erzählte, tat wahrscheinlich sein Übriges.

"Die hatte ich, ja. Und die Art, wie diese Mission zu Ende gegangen ist, hat sie nicht gerade verstummen lassen. Aber damit will ich dich nicht belasten."

Er zog eine Augenbraue hoch, ein schelmisches Grinsen auf den Lippen, und blickte sie auffordernd an.

"Du hast die Crew anscheinend schon längst kategorisiert. Da würde mich durchaus interessieren, wer für dich die "Guten" sind und wer nicht."

In dem ganzen Stress der letzten Tage war er noch gar nicht dazu gekommen, sich von allen Mitgliedern der Besatzung ein wirklich aussagekräftiges Bild zu machen. Vielleicht konnte die Navigatorin ja dabei behilflich sein?
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