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Nur Wasser vorm Bug
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
Nur Wasser vorm Bug
bespielt von    Kieran Darvell   Shanaya Árashi
15.06.1822
Sphinx
Nur Wasser vorm Bug
Nachmittag des 15. Juni 1822
Kieran Darvell & Shanaya Árashi

Mit verschränkten Armen stand Shanaya im Durchgang zum Mannschaftsdeck. Sie hatte einen Plan gehabt, sobald ihre Schickt vorbei gewesen wäre. Dazu fehlte nun jedoch der Gegenpart – und der saß mit Greo und James an Deck und beschäftigte sich und die beiden Männern mit einem Würfelspiel. Es kribbelte der Schwarzhaarigen in den Fingern, sich dazwischen zu schmeißen und Lucien einfach mit sich zu ziehen. Aber etwas hielt die junge Frau zurück, ein inneres Gefühl, mit dem sie in diesem Moment einfach leben musste. Dann musste er eben noch warten. Vielleicht konnte sie ihren Captain ja nach dieser Partie abpassen. Dafür musste sie nur ein wenig Wache stehen – wer wusste schon, wie lange die drei Männer sich damit beschäftigen wollten. Sie hätte sich zu ihnen gesellen können, aber… vermutlich hätte sie ihr kleines Geheimnis direkt ausgeplaudert. Also ließ sie den dreien ihre Ruhe.
Den Blick auf die kleine Gruppe gerichtet, fiel der Schwarzhaarigen jedoch einer der Neuzugänge auf, der an der Reling stand. Der Typ der mit Soula auf das Schiff gekommen war… sie wusste nicht, wie er hieß. Vielleicht war sein Name gefallen, aber… sie hatte sich schlicht nicht die Mühe gemacht, ihn sich zu merken. Aber er kam ihr wie eine gelungene Ablenkung vor, immerhin konnte sie vom Deck aus noch sehen, wie weit die Männer mit ihrem Würfelspiel waren. Der Entschluss war also schnell gefasst. Die Arme lockernd setzte Shanaya sich in Bewegung, direkt auf den braunhaarigen Mann zu. Bei ihm angekommen, setzte die Frau ein amüsiertes Schmunzeln auf.

„Na, schon Heimweh, nach so kurzer Zeit auf See?“
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#2
Sie hatten abgelegt. Unruhig verfolgte Kieran über dem Geländer die weiße Narbe, die das Schiff dem Meere riss, wieder heilte und wieder riss und wieder heilte und wieder riss. Er hatte schlecht geschlafen, aber wie hätte er auch anders? Wäre da nicht die Umgebung gewesen, dann all das in seinem Kopf, das schnatterte und keine Ruhe gab. Vor knapp drei Wochen erst, waren Soula und er in Silvestre angekommen, vor zwei hatten sie die Carta unterzeichnet, gestern waren sie abgelegt. In ein neues Leben, wenn man davon überhaupt sprechen konnte. Wenn man ihn fragte, dann eher ins düstere Ungewiss, aber das tat für gewöhnlich niemand und Soula musste auch nicht. Sie wusste, dass es ihm nicht passte und doch gab es auch nichts was irgendeiner der Beiden hätte tun können um das zu ändern. Vielleicht machte es auch das überhaupt so schwer.

Wann war Kieran zuletzt richtig auf offener See gewesen? Vermutlich vor Jahren, als er überhaupt erst nach Calbota verschleppt wurde, von einem Besitzer zum Nächsten. Er misste ihre Silhouette nicht am Horizont, die Insel hatte für ihn nichts übrig. Und doch war sie das einzige was er in den letzten Jahren Heimat nennen konnte. Heimat…am Ende war es nicht die Insel, sondern nur das Anwesen seines “Adoptivvaters”, am Ende war es nicht die Insel, sondern nur Soula. 
Kieran seufzte als ihn dieser plötzliche Drang überflog, sich all das hier genauestens zu merken. Nicht nur die Meeresnarbe, die Vögel in der Luft, die Knöpfe auf der Weste des Kapitäns, einfach überhaupt alles. Mit einem heruntergeschluckten Seufzen sah er wieder ins Wasser. vielleicht war seine Gier, sich alles genau zu merken, nichts anderes als die Anspannung selbst. Ein Weg um mit all dem fertig zu werden, ohne völlig verrückt zu werden. 

Lange blieb er aber nicht alleine mit dem Wasser und den Vögeln, den entfernten Gesprächen der anderen Crewmitgliedern. Als hätte seine Faszination nie existiert, hob er seinen Blick vom Meer und musterte die junge Frau vor sich. Sie musste in Soulas Alter sein, hatte auch ihre Größe. Alles in allem also niemanden den man auf einem Piratenschiff erwartete, aber nun, hier waren sie eben.

”Kein Heimweh, eher…”, sein Blick wanderte wieder kurz an den Horizont und zurück, ”...Landweh.”

Kieran lächelte gezwungen und winkte seine Aussage wieder ab.

”Aber ich habe gehört, daran gewöhnt man sich.”
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#3
Shanaya wusste nicht, was sie von dem, für sie noch Fremden, erwarten sollte. Wenn er die meiste Zeit mit Soula verbracht hatte, vielleicht eine männliche Kopie der anderen Frau? Er hatte sich scheinbar auf die See konzentriert, das allein sagte Shanaya jedoch nicht genug über den Dunkelhaarigen. Aber das wäre ja auch viel zu langweilig. Die junge Frau ließ den musternden Blick des Mannes also über sich ergehen, blickte ihm nur mit offenen, blauen Augen entgegen.
Als er antwortete, entfloh Shanaya ein etwas trockenes Lachen. Soso, Landweh also. Dieses Gefühl war sie eher weniger bekannt, viel zu sehr genoss sie jeden Moment auf See. Jedes Schaukeln unter ihren Füßen und jede Gischt, die einem ins Wasser spritzte. Dass das nicht jedem so ging… tja. Die Schwarzhaarige wog abschätzend den Kopf zur linken Seite, betrachtete den Mann mit prüfender Miene.

„Das klingt nicht so, als hättest du schon viel Zeit auf See verbracht?“ Was ihr eine andere Frage in die Gedanken jagte, die sie jedoch, für einen Moment zumindest, hinten anstellte. „Aber du wirst jetzt nicht seekrank und kotzt mir vor die Füße, oder?“

Mit einem amüsierten Schmunzeln betrachtete sie das Gesicht ihres Gegenübers noch ein wenig genauer, kniff in gespielt überlegener Miene die Augen etwas zusammen. Das fehlte ihnen noch, jemand, der reiernd über der Reling hing, sobald die See Mal ein wenig unruhiger wurde.

„Soula kennt sich nicht mit der Seefahrt aus… was hat sie und jemanden, der schnell zurück an Land will, also auf einem Piratenschiff verloren? Ihr klangt nicht, als wären wir nur eine Mitfahrgelegenheit.“

Keine Provokation lag in der Stimme der Schwarzhaarigen, es interessierte sie wirklich. Wenn auch aus Gründen, die Kieran in diesem Moment vielleicht nicht erahnen konnte.
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#4
Kieran konnte der jungen Frau das Lachen nicht verübeln, fühlte sich dennoch so, als hätte er einfach den Mund halten sollen. Statt sich vor jemandem, der im besten Falle sein ganzes Leben auf See verbrachte, als so völlig unerfahren bloßzustellen. Das letzte was er wollte war, den Anschein zu machen, hier zu nichts zu gebrauchen zu sein, vielleicht auch weil er Piraten als solches noch immer kein Vertrauen schenkte. Wie konnte er auch? Dafür stellte er sich noch verhältnismäßig gefasst an. Aber was kannte er auch anderes, als keine richtige Wahl zu haben und sich mit dem zufrieden zu geben, was ihm geboten wurde.

"Nicht wirklich." Am liebsten hätte er gleich eine Rechtfertigung hinterhergeschoben, gefolgt von einer Beteuerung, dass er dennoch nicht nutzlos war und schnell lernte, aber da kam sie ihm zuvor. "Ich verspreche nichts." Er erwiderte ihr Schmunzeln, auch wenn ihm eigentlich wirklich nicht danach war.

Aber dann stellte sie ihre nächste Frage und das Lächeln schwand aus seinem Gesicht. Auch wenn es dafür vermutlich keinen wirklichen Grund gab, fühlte er sich sofort wie bei einem Verhör. Soulas Missgeschick war nichts, womit er hausieren wollte, zumal sie aus gutem, reichen Haus kam und keiner der Beiden wusste, was das auf diesem Schiff bedeutete.

"Sagen wir, wir waren in Silvestre nicht mehr willkommen." Ja, so konnte man es ausdrücken. "Aber was bringt es uns, über die Vergangenheit zu sinnieren, wenn wir stattdessen in die Zukunft blicken können?" Kieran sah zurück zum Horizont, versuche damit das Thema unter den Tisch Bug zu kehren und hoffte insgeheim, dass sie nicht weiter nachhaken würde.  

"Wer warst du noch gleich?" Vorgestellt hatte sie sich nicht und vielleicht reichte das aus, um ihren Fokus weg vom vorherigen Gespräch zu lenken.
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#5
Immerhin, der Fremde brach nicht direkt in Tränen aus oder fühlte sich angegriffen durch Shanayas Kommentar. Das war immerhin schonmal ein kleiner Pluspunkt auf seinem Konto, auch wenn das noch nicht viel heißte. Er schmunzelte über ihre Worte und Shanaya hob leicht eine Augenbraue, musterte den Dunkelhaarigen dann aus leicht zusammen gekniffenen Augen.

„Dann hoffe ich, dass du nicht erwartest, dass ich dir die Haare halte oder so.“

Das Lächeln ruhte weiterhin auf den Lippen der Schwarzhaarigen, während es mit ihren nächsten Worten auf der Seite des Mannes schwand. Mit diesem Blick auf seinen Zügen brauchte Shanaya beinahe keine Antwort mehr, aber nach einem Moment des Überlegens setzte der Mann doch zu einer Antwort an. Sie war niemand, der bei solch einer Antwort nach bohrte, vor allem, wenn etwas tiefer gehendes sie nicht unbedingt interessierte und so ließ sie Kieran seine Antwort, neigte nur verstehend den Kopf. Auch, wenn sie nicht verhindern konnte, dass sich wilde Geschichten in ihrem Kopf formten… Geschichten darüber, was die beiden wohl angestellt haben könnten, dass man sie quasi von der Insel verjagt hatte. Shanaya beließ es jedoch bei einigen kurzen Gedanken und hob bei den weiteren Worten ihres Gegenübers leicht eine Augenbraue.

„In der steckt also auch ein kleiner Poet, hm?“

Die junge Frau grinste, ließ den Kopf dabei ein wenig zur Seite geneigt. An sich war sie da voll bei ihm, aber ein bisschen Neugierde schadete nie.

„Shanaya,“ war die knappe Antwort der Dunkelhaarigen, ehe sich ein abschätzender Blick in ihre blauen Augen legte. „Du hast aber meine Frage nicht beantwortet, ob ihr in der Zukunft mit uns segeln wollt – oder ob wir euch nur von einem Ort wegbringen, an dem ihr nicht erwünscht seid.“
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#6
Kieran wusste die junge Frau nicht ganz einzuordnen, passte deswegen umso mehr auf, sich nicht von ihr unterbuttern zu lassen. Das höchste Gebot in einer neuen Umgebung war es, ihre Menschen kennenzulernen und ohne das zu können, wollte sich Kieran lieber bedeckt halten. Was im direkten Kontakt offensichtlich nur mäßig möglich war, aber er konnte auch schließlich nicht einfach gehen. 

”Das ist aber nicht sehr kameradschaftlich von dir.” 

Seine Mundwinkel hoben sich wieder leicht, senkten sich bei ihrer nächsten Frage aber genauso schnell wieder. Wenigstens hakte sie nicht nach, das war die Hauptsache. Er wollte gar nicht wissen, mit welchen Geschichten die Crewmitglieder der Sphinx auf dieses Schiff kamen, mussten sie doch teilweise deutlich schlimmer sein, als was auch immer Soula angestellt hatte. Dennoch bedeutete das nicht, dass er wild darauf war, die Geschichte mit jedem zu teilen, zumal es nicht nur seine war. Es war auch Soulas und die wollte er da nicht mit reinziehen, egal, wie sauer er noch auf sie war. 

”Vielleicht sollte ich es ja damit versuchen.” Seine Brauen hoben sich und er sah wieder in Richtung des Ozeans. ”Drück mit beim nächsten Hafen eine Laute in die Hand und ich schreibe Balladen über die Frau, die ihrer Crew nicht die Haare beim Kotzen hält.” Laute spielen konnte er zwar (noch) nicht, aber da er in sich auch kein großartiges poetisches Potential sah, passte das ganz gut zusammen. Spätestens dann würde man ihn über die Planke laufen lassen.

Der Name der Dunkelhaarigen, ließ ihn etwas aufmerksamer werden und seine Körperhaltung veränderte sich. ”Du bist die Árashi?”, fragte er aufmerksam. Er hatte ihren Namen auf der Carta gelesen, er erinnerte ihn an seine Heimat. 

Doch sie hatte mehr Fragen. ”Das musst du nicht mich fragen.” Primär, weil er die Frage nicht beantworten wollte. Nicht, dass er überhaupt eine Antwort gewusst hätte. Darüber hatten Soula und er bisher keine Zeit gehabt zu sprechen.
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#7
Shanaya hob bei den Worten des Mannes leicht eine Augenbraue, während sich ein sachtes Schmunzeln auf ihre Lippen schlich. Sie war ja, was die Crew anging, kein durchgängiger Unmensch – aber es gab nun einmal Dinge, die sie nicht interessierten.

„Ich bin einfach kein guter Mensch.“

Das leichte Schmunzeln lag auch in der Stimme der jungen Frau, dann zuckte sie unberührt mit den Schultern. Jeder war sich selbst der Nächste. Wobei sie nicht wirklich davon ausging, dass der Mann solch eine Hilfe erwartete. Zumindest nicht, wenn er sich bewusst war, auf was für einem Schiff er sich befand. Es war ja noch längst nicht ausgeschlossen, dass er eine Hohlbirne war, der noch von einer kleinen Rundreise auf einem unschuldigen Schiff ausging.
Sein Vorschlag, dass er Lieder über sie schreiben wollte (die Ironie war Shanaya durchaus bewusst), entlockte der Schwarzhaarigen ein amüsiertes Lachen und einen Moment richtete sie den Blick zum Himmel, als müsse sie genau darüber nachdenken. Dann legte sie sich in einer gespielt gerührten Geste die flache Hand an ihre Brust, seufzte leise und blickte den Dunkelhaarigen dann wieder an.

„Ich bin mir sicher, wenn du noch ein wenig mit uns segelst, fallen dir noch andere, bezaubernde Eigenschaften an mir auf, über die es sich zu schreiben lohnt.“

Was sie dann sagte, schien irgendetwas bei dem Mann zu verändern, er schien sich etwas anzuspannen – und bevor er weiter sprechen konnte, hatte Shanaya einen Verdacht, was diese Reaktion hervor gerufen haben könnte. Erneut hob die junge Frau leicht eine Augenbraue, neigte dann in einer fast anerkennenden Geste den Kopf, bevor sie zu einer ruhigen Antwort ansetzte. Eine, die nicht darauf schließen ließ, dass ihr Inneres in Lauerstellung ging, auf jede Reaktion ihres Gegenübers achtete. Es hatten nicht viele geschlussfolgert, zumindest hatten sie die wenigsten darauf angesprochen. Umso vorsichtiger war sie, wenn es jemand doch tat.

„Soso. Du hast also nicht nur heiße Luft im Kopf, sondern kannst ihn auch dafür nutzen, ein bisschen zu kombinieren.“

Und das meinte die Schwarzhaarige sogar ernst. Es gab manch einen, ob er lesen konnte oder nicht, hatte damit nicht viel zu tun, der ihren Namen las oder hörte und in hundert Jahren vermutlich keine Schlüsse ziehen würde. So oft kam ihr Name in dieser Welt nicht vor – und trotzdem wurde sie selten darauf angesprochen. Gut, manch einen interessierte es vielleicht auch einfach nicht. Die Antwort auf ihre letzte Frage lenkte die Gedanken Shanayas jedoch um, womit sie den Kopf ein wenig zur Seite neigte, einen fragenden Ausdruck in den blauen Augen.

„Du meinst, du hast keinen eigenen Willen und hältst dich nur daran, was Soula dir vorgibt?“
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#8
Kieran hinterfragte für keinen Moment, dass in der unschuldig aussehenden jungen Frau kein guter Mensch steckte. Sonst wäre sie nicht hier. Er wusste nicht, was er sich bezeichnen würde, aber gut war wohl nicht die erste Beschreibung und selbst Soula…hatte ihre Kanten. Sie war nicht schlecht, bestimmt besser als er, aber gut? Es schien so fremd, so weit entfernt. Seine Mutter war ein guter Mensch gewesen und auch über seinen Vater wollte er kein schlechtes Wort verlieren; aber über die Jahre hatte er immer weniger gute Menschen getroffen. Vielleicht waren seine Ansprüche zu hoch. Aber sollte er sie wirklich senken? War das nicht viel mehr ein Schaden an der Welt als an ihm?

Shanaya lachte mit ihm, das war ein gutes Zeichen. Nicht immer war Kieran gut darin gewesen, sich mit Menschen zu unterhalten und manchmal vermisste er Zeiten, in denen das auch weniger von ihm erwartet wurde, auch wenn er selbst wusste, wie abstrus das überhaupt war. Unter gar keinen Umständen wollte er zurück zu diesem Punkt seines Lebens.

“Mach es mir nicht schwer”, forderte er sie mit einem ironischen Unterton auf.

Das Lob aus ihrem Munde sprach eine andere Sprache. Kierans Mundwinkel hoben sich leicht, als er für einen Moment das Gefühl hatte, seiner Heimat näher zu sein als in den gesamten letzten fünfzehn Jahren. Es war bescheuert, war er doch immer noch auf einem Schiff, mitten auf den Unweiten des Ozeans, hatte kaum Silvestre verlassen. Aber dennoch… Es gab ihm die Bereitwilligkeit auch etwas mehr von sich preiszugeben, auch wenn er noch nicht einschätzen konnte, wie dumm das war. Vielleicht war da ja doch nur heiße Luft zwischen seinen Ohren.

”Ich komme aus Yvenes.” Es war kein Geheimnis, dennoch wollte er allgemein vorsichtig damit umgehen, was er und Soula von sich preisgaben und was nicht. Aber was bedeutete seine Herkunft schon, außer vielleicht etwas Verständnis von dieser noch so fremden Frau? ”Ursprünglich.” Er seufzte. ”Ich bin…lange nicht mehr dort gewesen.” Wenn er ehrlich mit sich war, erinnerte er sich kaum an die schöne Insel. 

Kieran hatte eine schwierige Beziehung zu dem, was er die letzten Jahre erlitten hatte und ihn jetzt, wo er frei davon sein sollte, immer noch nicht losließ. Seine Körperhaltung wurde defensiver und unterbewusst drehte er sich nach ihrem Vorwurf etwas von Shanaya ab.

”Das habe ich nicht gesagt.”

Noch weniger gemeint. Oder hatte er? Tief drin war es eine Gewohnheit geworden, die er nur schwer ablegen konnte, obwohl er es so elendig wollte. Das einzige, was er jemals wollte, war es, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, und jetzt konnte er und hing weiter an Soula. So gesehen hatte sich nichts geändert. War nur nasser geworden.
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#9
Shanaya zuckte auf die Worte des Mannes hin nur leicht mit den Schultern – machte dann aber einen Haken dahinter. Sie würde es schon mitbekommen, sollte er eine Ballade über sie schreiben. Viel mehr interessierte die junge Frau allerdings die Heimat ihres Gegenübers. Sie hätte es ahnen können. Wenn sie jemand auf ihre Herkunft ansprach, dann kam er meistens von der selben Insel wie sie selbst. Und noch viel mehr interessierte die junge Frau, was der Mann mit den grünen Augen vor ihr wusste. Über ihre Familie – vielleicht über sie. Die erste Saat mit Misstrauen ihm gegenüber war gesät – und es lag an ihm und der Zeit, diesen vielleicht im Keim zu ersticken, bevor er sprießen und gedeihen konnte.

„Und daher kommt dir mein Name bekannt vor? Oder hast du auf andere Weise damit etwas zu tun?“

Ihre Frage, der Ton ihrer Stimme und die Wortwahl klangen neutraler, als es in ihrem Inneren aussah. Sie lauerte auf die Antwort, auf jegliches Wissen, was sie dadurch in Erfahrung bringen konnte. Er war neu auf dem Schiff. Und jeder potentielle Neuzugang konnte eine Gefahr sein... vor allem, wenn er sie direkt als die erkannte, die sie war. Er würde also auch keine großen Antworten aus ihr heraus bekommen... dafür lag noch ein viel zu langer Weg vor ihm.
Über die Worte, die sich noch einmal um Soula drehten, sagte die Schwarzhaarige vorerst nichts mehr. Sie gab nur ein leises Schnaufen von sich, zuckte erneut mit den Schultern. Er würde schon zeigen, was er selbst konnte, ohne die Beihilfe der Dunkelhaarigen. Und wenn nicht, dann musste Shanaya sich auch nicht weiter mit ihm befassen.
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#10
Es war eine gewisse Selbstverständlichkeit in der gesamten Haltung der jungen Frau, die Kieran einschüchterte. Nicht einschüchternd, wie die grimmigen Brauen eines breiten Mannes, oder das Kläffzen eines großen Hundes, aber dennoch auf irgendeine merkwürdige Art und Weise, die er selbst nicht richtig einordnen konnte, einschüchternd
Verunsicherung machte sich in ihm breit, kroch durch seine Adern, bis sie jeden Teil von ihm angesteckt hatte. Das war lächerlich. Kieran schüttelte seinen Kopf leicht, als würde es ihm dabei helfen, sich von dem absurden Gefühl loszulösen. Schließlich war es immer noch die gleiche kleine junge Frau vor seinen Augen wie zuvor. Nur eben eine mit mehr Einfluss, als er sich überhaupt erträumen konnte.

”Nur daher. Wir hatten nie viel.”

Hätte Kieran erahnen können, wie es in seinem Gegenüber aussah, hätte er wohl gezielter versucht, die Situation zu entschärfen. Stattdessen folgten nur weitere Fragen, die sich durch seinen Kopf bahnten. Fragen, die er nicht vollends formulieren konnte, lag seine Zeit in der Heimat schließlich schon viel zu lange zurück. Was wusste er schon von politischen Geflechten auf der anderen Seite der Ersten Welt; ja, über Politik allgemein? 

”Ich gehe nicht davon aus, dass Piraterie zum Familiengeschäft gehört?”, setzte er hinterher.

Seine Beteuerung, mehr als nur Soulas Begleithund zu sein, wurde nicht großartig kommentiert, doch reichte die Reaktion Shanayas vollkommen aus, um ihn ihm wieder das gleiche Rad des Zweifels anzustoßen, dass den ehemaligen Sklaven ohnehin stets begleitete. Sie glaubte ihm nicht, entfachte in ihm diesen gewissen Funken Wut, der sich die letzten Monate in sein Leben geschlichen hatte. Kieran biss seine Zähne zusammen, als sich die Fäuste unbemerkt ballten, doch hielt er sie dadurch wenigstens zurück. Es lag auch nicht in ihrem Ermessen, darüber irgendwelche Meinungen zu treffen. Aber warum interessierte es ihn dann trotzdem?
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