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Del dicho al hecho hay un gran trecho
Crewmitglied der Sphinx
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#1
Del dicho al hecho hay un gran trecho
bespielt von    Enrique de Guzmán   Lucien Dravean
04.04.1822
Mîlui
Del dicho al hecho hay un gran trecho

04. April 1822 | Mîlui | nach Einbruch der Nacht | Lucien und Enrique
Del dicho al hecho hay un gran trecho.
Einfacher gesagt als getan.


Lange hatte er sie beobachtet, sie still verflucht und sich in die Schatten gedrückt. Er hatte gewartet, bis er sicher war, dass sie sie nicht mehr woanders hinschaffen würden und war dann zur Sphinx zurückgekommen, hatte einfach mit dem Dingi übergesetzt und war schnurstracks zur Kapitänskajütte marschiert, die Hände und Unterarme dunkel von altem Blut und Schmutz, das Gesicht und die nackte Brust ebenfalls damit verschmiert, ein Feuer in den Augen, dass versprach, die Welt zu versengen, sollte man es wagen, sich ihm in den Weg zu stellen.
Er hatte auch nicht gewartet, sondern einfach die Tür aufgerissen und war hineinmarschiert, hatte das Bündel aus seinem Hemd, der Weste, dem erbeuteten Schmuck und Skadis Bogen auf den Tisch gepfeffert, nur darauf wartend, dass Talin ihn anfahren würden, doch der Kapitän war allein gewesen.
Aber auch ihn hatte er nicht zu Wort kommen lassen:

"Es ist Zeit, dass du mir beweist, dass dein Wort mehr Wert ist als heiße Luft und die Carta als das Pergament auf dem sie steht. Du wirst mich jetzt begleiten, denn wir haben ein Problem, das keinen Aufschub duldet. Beweg dich, ich erkläre es dir unterwegs!"

Enriques Ton war kalt und hart gewesen, doch die Spuren auf den Wangen, das zerraufte Haar und die ungewöhnliche Gleichgültigkeit seinem Äußeren gegenüber verrieten deutlich, dass weit mehr im Argen lag, als er Preis gab.
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#2
Als Lucien nach Dienstende in die Kapitänskajüte zurückkehrte, hatte er eigentlich nichts weltbewegenderes mehr vorgehabt, als ein paar ungestörte Minuten in die Pflege seiner Ausrüstung zu investieren und sich dann mit einer Flasche Portwein in den Schlaf zu behelfen. Zumindest für wenige Stunden und solange er ihn überhaupt noch bekam. Talin trieb sich wer weiß wo auf dem Schiff herum, hatte seine Schicht übernommen und kümmerte sich so lange, wie ihr Bruder sich ausruhte, um die Belange an Bord. Aber es sollte anders kommen...

Als die Tür aufflog und der Lieutenant herein marschierte, stopfte Lucien gerade eine mit Papier ummantelte Bleikugel in den Lauf seiner frisch gereinigten Pistole. Hob dann jedoch den Blick und hielt mit gelassener Verblüffung in den tiefgrünen Augen mitten in der Bewegung inne. Innerhalb weniger Sekundenbruchteile registrierte er den Ausdruck auf Enriques Zügen, den Schmutz und das Blut auf Haut und Kleidung und ließ ganz langsam die Waffe sinken, legte sie auf den Schreibtisch, an dem er für seine Arbeit saß.
Im nächsten Moment klatschte leise klimpernd ein Bündel vor ihm auf die Holzplatte, dicht gefolgt von Skadis Bogen. Begrub Wachtuch, Pfeifenreiniger und Pulverhorn unter sich und veranlasste den jungen Captain dazu, fragend eine Augenbraue in die Höhe zu ziehen. Aber er stellte seine Frage nicht laut – erhielt auch keine Gelegenheit dazu.
Zwei Dinge brachten den Dunkelhaarigen in der Regel dazu, aus der Haut zu fahren. Talin, bei allem, was sie tat. Und Befehle. Der Ton, den Enrique anschlug, zündete in seinem Inneren ein glühendes Inferno und die tiefgrünen Augen verdunkelten sich unter düsterem Zorn. Es verlangte ihm in diesem Moment einiges ab, dieses Gefühl im Zaum zu halten – doch selbst Lucien wusste, wann es besser war, zu schweigen. Abzuwarten.
Nun, das hier war so ein Augenblick.
Er biss die Zähne aufeinander. Fest genug, damit sich die Muskeln in seinem Kiefer vor Anspannung unter der Haut abzeichneten. Dann erhob er sich, griff gleichzeitig nach der Pistole und schob sie mit der Mündung nach oben hinten in seinen Gürtel, während er um den Schreibtisch herum kam.

Dann los
... ...

Den gesamten Weg bis zum Strand legten sie schweigend zurück. Zeit genug, um seine Wut zunächst unter Kontrolle zu bringen und Zeit genug, um das Gesicht des ehemaligen Soldaten eingehend zu mustern. Was auch immer es war, das Enrique umtrieb – er hätte nicht so ausgesehen, wie er aussah, wenn es nicht ernst wäre. Etwas, das – nach seinen Worten – keinen Aufschub duldete. Und Lucien stand zu dem, worauf sich der Ältere in der Kajüte berufen hatte: Sein Problem war auch das seines Captains.
Zusammen wuchteten sie das Dingi weit genug den Strand hinauf, damit die Flut es sich nicht holen konnte, dann fuhr sich der 21-Jährige mit gespreizten Fingern durch die dunklen Haare und richtete die tiefgrünen Augen auf Enrique.

Also. Was ist los?
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#3
Die fast vollständig verheilten Rippe protestierte unter der last des Beibootes, doch Enrique kümmerte sich nicht darum, spürte den Schmerz kaum und das bisschen was er merkte half ihm, seinen Zorn aufrecht zu erhalten.
Und den brauchte er gerade dringendst.
Denn ohne ihn wäre er wohl einfach nur zusammengebrochen und betäubt liegen geblieben.
So aber setzte er sich prompt in Bewegung, schlug eine Richtung ein, die sie zwar in die Stadt bringen würde, ihnen aber zunächst etwas Zeit am nächtlichen Strand gab. Außerdem brachte diese Strecke sie näher an ihr eigentliches Ziel, ohne dass sie ewigkeiten durch die Stadt wandern würden müssen.
Da kam Luciens Frage.
Frustriert atmete der Schwarzhaarige aus, obwohl er damit gerechnet und sogar so geplant hatte, dass er Gelegenheit erhielt, sie ungestört zu beantworten. Mit Skadi hätte er vermutlich kein einziges Wort während der gesamten Mission wechseln müssen. So vertraut war er aber nicht mit dem Capitán der Sphinx. Seinem Capitán. Er sollte langsam so von ihm denken, Immerhin hatte er schon seit längerem unterschrieben und der war gerade dabei, zu beweisen, dass seine Carta wirklich etwas wert war. Und auch mit Skadi würde er später noch reden müssen. Zum Teil aus den selben Gründen. Falls er dann noch Kraft dafür hatte.
'Halt dich kurz und bring es hinter dich!', wies er sich also an.
Er blieb nicht stehen oder wandte sich Luc zu, nein, er ging verbissen weiter und sprach einfach mit distanzierter aber klarer Stimme:

"Wir müssen Cornelis zurückholen, bevor sie anfangen ihn für die Zurschaustellung vorzubereiten. Spätestens dann werden reichlich Soldaten anwesend sein."

Bereits während er das sagte, wurde ihm klar, dass er sich vielleicht doch etwas präziser ausdrücken sollte. Hatte in den beiden ersten Sätzen vielleicht noch ein hauch Emotion mitgeschwungen, etwas persönliches, so verschwand das jetzt gänzlich.

"Er ist tot und die Stadtwache wurde gerufen, bevor ich seine Leiche verstecken konnte. Da sie erkannten, wer da vor ihnen lag, haben sie die sterblichen Überreste nicht einfach verscharren lassen. Dazu können sie zuviel daraus ziehen, wenn sie sie öffentlich zur Schau stellen.
"Jetzt liegt sie im Hinterzimmer der hiesigen Marineverwaltung. Noch ist dort wahrscheinlich nicht viel los, aber sie werden nach und nach die Männer zusammenziehen, für den Fall, dass Feuerbart nicht allein in der Stadt war. Möglicherweise tun sie das schon jetzt, doch viel können sie sich noch nicht erlauben, mit einem eventuell noch auf dem Fest herumlaufenden Mörder.
"Immerhin halten sie es nicht für wahrscheinlich, dass irgendwer ein Interesse hat, die Leiche zu bergen, kennt Piratenpack für die Hiesigen doch keine Loyalität. Sie werden sich also nicht sonderlich bemühen.
"Allerdings wird irgendwann der oberste Marineaufseher dort auftauchen, sowie sie sich trauen, ihn vom Fest zu holen und mit dem Henker und dem Hauptmann der Wache darüber beratschlagen, wie sie die Leiche am Besten verwenden. Und der wird garantiert nicht ohne seine privaten Wachleute erscheinen."


'Je eher wir also dort sind, um so einfacher wird es sein, sie dort herauszuholen.'
Er machte sich nicht die Mühe, das laut auszusprechen. Wahrscheinlich hätte er auch alles einfach abkürzen können, mit "Je später, desto bewacht", aber so sollte dem Grünäugigen jetzt nicht nur das klar sein, sondern auch, was passiert war, mit was für Gegnern sie ab wann ungefähr zu rechnen hatten und wieviel Zeit ihnen bliebe das vorher zu erledigen. Auch brauchte er wohl nicht darauf einzugehen, was die Marine mit der Leiche anstellen könnte. Dazu gab es dazu viel zu viele Geschichten, angefangen vom am Galgen aufknüpfen, über an den Pranger stellen oder in den Schandkäfig setzen, bis hin zu einem waschechten Showprozess. Zudem hatte Lucien bestimmt keine Ahnung davon, was wie hinter den verschlossenen Türen der Marine gemacht wurde, war in solchen Fällen doch für den einfachen Bürger fast immer nur das Ergebnis zu sehen.
Auch lernte der Jüngere hier gerade den eigentlichen Offizier kennen, den Mann, den nichts berührte, der einfach nur funktionierte und ein Ziel hatte, dass er unbeirrt verfolgte. Kalt, berechnet, unnachgiebig. Und unbeteiligt.
Wenn Lucien es nicht besser gewusst hätte, dann hätte er wohl gedacht, dass es keinerlei persönliche Bindung zwischen dem ehemaligen Offizier und dem Piratenkapitän gegeben hatte, dass sie hier irgendeine Leiche holten oder vielleicht auch nur Mehlsäcke stehlen würden, das jedenfalls legte Enriques Tonfall nahe.
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#4
Nur ein kurzes Spannen der Schultern, ein etwas lauteres Ausatmen wiesen darauf hin, dass Enrique seine Frage überhaupt wahrnahm. Er blieb nicht stehen, drehte sich auch nicht um, sondern marschierte stumm den Strand entlang. Sodass Lucien nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen und sich zu gedulden. Nicht unbedingt eine seiner ausgeprägtesten Eigenschaften.
Doch er musste nicht lange warten. Schließlich setzte der ehemalige Soldat zu einer Erklärung an, die so aus dem Zusammenhang gerissen schien, dass der Jüngere verständnislos die Stirn runzelte. Cornelis zurückholen? Zurschaustellung? Warum sollte ihn jemand zur Schau stellen?
Enrique musste noch im gleichen Augenblick der eigene Fehler auffallen, denn er holte etwas weiter aus. Und dieses Mal stockte der Dunkelhaarige, wäre beinahe stehen geblieben. Die Nachricht vom Tod des ehemaligen Piratencaptains erwischte ihn vollkommen unvorbereitet und die Art und Weise, wie der Leutenant sie vortrug, trug nicht unbedingt dazu bei, seine Überraschung zu überwinden. Sie erinnerte ihn vielmehr an eine kalte, kahle Steinmauer.
Er hatte keine nähere Bindung zu Feuerbart. Sein Tod berührte ihn nicht. Das einzige, was Lucien in diesen wenigen Sekunden bedauerte, war die Erfahrung, die mit ihm verloren ging. Aber er hatte mitbekommen, dass ihn und Enrique eine gemeinsame Vergangenheit verband. Und wenn er noch einen Beweis für ein wie auch immer geartetes Band zwischen diesen beiden Männern gebraucht hätte, dann lieferte ihm das das Verhalten des ehemaligen Soldaten in diesem Moment. Sein Tonfall mochte das eine sein. Aber er wäre nicht zu ihm gekommen, hätte ihn nicht an Land diktiert, wäre nicht auf die Idee gekommen, die Leiche zu holen, wenn er ihm nichts bedeutet hätte. So blind war Lucien nicht.
Der junge Captain schwieg – blieb auch nicht stehen. Er fuhr sich mit der Hand kurz über das Gesicht und dieses Mal war es an ihm, hörbar die Luft auszustoßen. Auch als die Erklärung endete, schwieg er noch, ließ den Blick nur wahllos über die Bäume oberhalb des Strandes huschen, während sein Verstand die Informationen verarbeitete, die er bekommen hatte. Erst nach einer Weile antwortete er, ohne Enrique überhaupt anzusehen. Seine Aufmerksamkeit lag bereits auf dem Weg, der vor ihnen lag.

Also willst du, dass wir in ein Gebäude der Marine einbrechen und seine Leiche zurück zur Sphinx bringen“, schloss er. Und dann: „Warum?
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#5
In all der Zeit, seit er sich von Cornelis Leiche hatte zurückziehen müssen, hatte de Guzmán nicht über das Warum nachgedacht. Es gab auch keinen Grund für den Offizier das zu tun. Alles, was gezählt hatte war das wann und wie ihn zurückholen.
Jetzt aber, wo ihm diese Frage gestellt wurde, ließ sie ihn sprichwörtlich gegen eine Wand laufen. Enrique verpasste einen Schritt, stolperte und blieb stehen.
Tausende von Antworten lagen ihm auf der Zunge. Angefangen bei: "Geht dich nichts an" über "Tu einfach, was ich sage!", "Reden wir später drüber" und "Weil ich muss", bis hin zu: "Weil er sich wünscht, in Havets Armen zu ruhen" oder "Weil ich ihn nicht der Marine überlassen kann".
Trauer und Verzweiflung brandeten gegen ihn, hämmerten ihm die Maske für einen Moment vom Gesicht und brachten so viel Feuchtigkeit in seine Augen, dass er blinzeln musste. Sein Stimme zitterte, so wenig, dass er es selbst nicht mitbekam aber doch deutlich genug, um die Abgründe anzudeuten, die der Tod Feuerbarts in ihm hinterlassen hatte. Die Worte, die dann folgten waren keine bewusste Wahl, sondern brachen aus ihm hervor und stellten ihn bloß, wo er es vorgezogen hätte unnahbar zu sein:

"Weil ich es ihm versprochen habe. —"

Enrique schaffte es nicht sich zu Lucien umzudrehen, wollte es auch immer noch nicht. Am liebsten wäre er weit fortgerannt. Das aber war keine Option. Er schloss die Augen und wandte den Kopf Richtung Brandung. Heiserkeit befiel ihn, mischte sich mit der unterschwelligeen Wut in seinen Sätzen.

"— Weil ich meinem Bruder geschworen habe, das ich ihn nach Hause bringen werde. Zu Havet. Seiner Göttin. Seiner über alles geliebten See. Ich—"

Er schluckte schwer, suchte nach Worten, bewegte die Hände unruhig, ehe er sie, hinter seinem Rücken, wie gewohnt, ineinander legte. Mühsam fing er an, die Mauern um sich wieder hochziehen. Er durfte jetzt nicht schwach werden, um keinen Preis!

"Ich habe keine Wahl. Ich kann ihn nicht der Marine überlassen, auf das sie sonstwas mit ihm anstellen und ihn herabwürdigen. Nicht wenn ich mir nicht mindestens einen Funken meiner Selbstachtung bewahren will. Mein Wort und meine Familie ist alles was mir noch geblieben ist."

Ein Moment lang herrschte Schweigen. Zu aufgewühlt war der Dunkelhäutige. Dann, als Lucien schon davon ausgehen musste, dass der Ältere nicht weiterreden würde, auch weil Enrique sich anschickte weitergehen zu wollen, huschten doch noch ein paar geflüstert Worte über dessen spröde Lippen.

"Und— und es ist das letzte was ich für ihn tun kann ..."
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#6
Nun blieb er doch stehen. Wie angewurzelt. Und Lucien tat es ihm gleich, allerdings weniger abrupt, ließ seine eigenen Schritte ausklingen, sodass er den Älteren zuletzt sogar einen halben Meter weit überholte. Die tiefgrünen Augen huschten zu Enriques Gesicht, musterten ihn in der Dunkelheit der Nacht mit ruhiger Intensität. Und selbst das wenige Licht des Nachthimmels offenbarte, wie sich die Haltung des ehemaligen Soldaten wandelte und eine Welle tiefer Gefühle über dessen Züge hinweg rollte. Sein Blick verschwamm kurz, versank in Gedanken, bevor er schließlich zu einer Antwort ansetzte.
Der Dunkelhaarige sagte daraufhin nichts, hörte nur aufmerksam zu. Es war in seinen Augen nichts, was weiterer Worte bedurft hätte – er verstand. Schlicht und ergreifen. Also ließ er Enrique nur reden, ließ ihn aussprechen, was in ihm vor ging. Ließ ihn die Dinge sagen, die er – gewollt oder nicht – wohl einfach in Worte fassen musste, um sie selbst annehmen zu können.

Und erst dann, als er annahm, dass der Leutenant geendet hatte, nickte er und antwortete mit einem schlichten, aber alles bedeutenden „Dann los.

Aber er war noch nicht fertig. Gerade, als beide Männer sich wieder in Bewegung setzten, ergriff Enrique erneut das Wort, lenkte Luciens Blick noch einmal zu ihm zurück. Dieses Mal blieb er jedoch nicht stehen. Erst Recht dazu waren keine Worte mehr nötig. Er nickte nicht einmal, sondern setzte seinen Weg neben dem ehemaligen Soldaten unbeirrt fort.

Also schön. Wie genau sieht dein Plan aus? So, wie ich dich einschätze, hast du doch einen, oder?

Eher von der Seite her sah er seinen Begleiter an, musterte sein Profil und wartete auf dessen Reaktion.
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#7
Der Schwarzhaarige hatte das "Dann los." mit einem kaum merklichen Nicken quittiert, war dabei bereits zum größten Teil in Erinnerung abgedriftet und darum bemüht gewesen, sie wieder aus seinem Geist zu verbannen, als er seinen Gedanke unbemerkt laut geäußert hatte. Jede andere Reaktion darauf, als das Schweigen seitens Luciens, hätte den ehemaligen Offizier, so sie ihn erreicht hätte, wohl so sehr aus dem Konzept gebracht, dass er den Faden gänzlich verloren hätte.
So blieb ihm Zeit, sich zu sammeln und die wortlose Akzeptanz würde ihm den Jüngeren später auch bewusst noch sympathischer machen.
Zunächst musste der Grünäugige aber etwas auf eine Antwort warten.
Dabei hatte de Guzmán schon lange einen Plan, und sein Verstand ihn längst angepaßt. Allerdings musste der erstmal Zweifel und Trauer wieder durch Wut und Entschlossenheit ersetzen.
Sie stapften also eine kleine Weile schweigend nebeneinander her, Enriques Gesicht erstarrte wieder zu der Maske, die sein Innerstes verbarg, ehe er dann mit kalter Stimme sich anschickte ihr Vorgehen zu erklären:

"Zu unserer rechten gibt es gleich einen schmalen Stieg.
Oben können wir uns unbemerkt der Stadt nähern ..."


Und so war es auch. Zwar mussten sie einmal in einem Mais-, einmal in einem Zuckerrohrfeld Deckung suchen und ein weiteres Mal einen Umweg machen, hatte die Stadt doch inzwischen ein paar Reiter ausgesandt, um nach dem Vatermörder zu suchen, doch soweit lief alles wie geplant.
Danach konnten sie in die Schatten der Häuser verschwinden und sich über Hinterhöfe ihrem Ziel nähern.
Und ab hier, hatte Enrique gemeint, würden sie improvisieren müssen, hinge doch jedes weitere Vorgehen davon ab, was sie fänden.
Liefe drinnen alles glatt, dann könnten sie den zweirädrigen Handwagen des Henkers nehmen, der zuletzt draußen im Hof stand, so sie keine bessere Möglichkeit für den Transport der Leiche fänden. Mit den Reitern draußen schien dem ehemaligen Offizier dieser Weg jedoch ziemlich unsicher.

Jetzt standen sie in einem schmalen Durchlass zwischen zwei Häusern und spähten zur spärlich beleuchteten Marineverwaltung hinüber.
Zwei Wachen standen rechts und links der Tür unter den Laternen, deren flackerndes Licht tiefe Schatten auf das Kopfsteinpflaster zeichnete, der Mond verschwand hinter dünnen Wolkenschleiern und vom Markt drangen leise die Geräusche des Festes zu ihnen herüber, die längste nachgelassen hatten. Lange würden die Buden wohl nicht mehr geöffnet haben.
In den Gassen und Straßen um sie herum raschelten hier und dort vereinzelte Tiere in den Seen tiefer Dunkelheit. So lange sie den Platz selbst nicht beträten, wäre es trotz vereinzelter Lichter auf der großen Straße, die den Platz vor ihnen kreuzte, ein leichtes, im Verborgenen zu bleiben. Im Inneren des Gebäudes war von hier aus kein Licht zu sehen.

"Falls sie die Wachen hinten nicht verstärkt haben, geht ein Mann etwa alle halbe Stunde einmal von der Nebentür rechter Hand über den recht freien Hof zur Hintertür und schaut nach einer Weile hier bei den Wachen vorbei. Wahrscheinlich läuft er dabei einmal durch den Großteil des Gebäudes. Ob noch weitere Leute im Haus sind kann ich nicht sagen. Jedenfalls sind nur hier vorne die Fenster groß und tief genug, um sie bequem als Ein- oder Ausgang zu nutzen. Überall sonst sind sie recht klein und ihre Unterkante ist etwa auf meiner Schulterhöhe. Links neben dem Hof schließt sich ein Gebäude mit Flachdach an, in das man, durch eine Tür, wohl nur von innen gelangt, dort verwahren sie auch die Leiche. Über das Dach könnte man allerdings an zwei größere Fenster im Ersten Stock gelangen. Normalerweise wären auch zwei Hunde auf dem Hof angekettet, allerdings wurden diese heute Nachmittag mit auf den Markt genommen. Keine Ahnung, ob die schon zurück sind", erklärte der Dunkelhäutige flüsternd und mit spärlichen Gesten.

Dann sah er Lucien kurz an, ehe er die beiden Soldaten wieder ins Auge fasste und auf dessen Meinung wartete.
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#8
Obgleich er genau wusste, dass dem ehemaligen Soldaten die ganze Angelegenheit sehr nahe ging, konnte Lucien sich dem Reiz des Abenteuers nicht entziehen, der sich seiner in den folgenden Minuten bemächtigte. Ein aufgeregtes Kribbeln schoss durch seine Adern, ließ sein Herz in voller Erwartung dessen, was sie erwartete, schneller schlagen. Cornelis bedeutete ihm nichts. Dafür hatte er ihn schlicht und ergreifend zu kurz erst gekannt und dafür war der Dunkelhaarige den Menschen im Allgemeinen nie nah genug gewesen. Doch der Gedanke, hinter den Köpfen der Marine in eines ihrer Gebäude zu schleichen, die Gefahr, entdeckt oder gar erschossen zu werden, trieb seinen Puls unkontrolliert in die Höhe.
Ein Lächeln, zynisch amüsiert, zog sich unbemerkt auf seine Lippen, als sie geduckt durch die Felder am Stadtrand schlichen, um den Reitern auszuweichen, die die Gegend durchkämmten, und es verwandelte sich erst in einen Ausdruck grimmiger Entschlossenheit, als sie gegenüber des Verwaltungsgebäudes im Schatten eines finsteren Durchlasses Deckung suchten.
Der Blick des jungen Captains wanderte an seinem Begleiter vorbei, huschte dessen Erläuterungen folgend von der Eingangstür über die großen Fenster zu dem Durchgang, der auf den Hof des Gebäudes führte. Dann hinauf auf das Dach des Nebengebäudes, in dem aller Wahrscheinlichkeit Cornelis' Leiche aufbewahrt wurde. Schließlich nickte er nur leicht. Einen Plan hatte er nicht – eher eine Idee. Doch schließlich lag ihm Improvisation auf Grundlage von Fakten viel eher, als sich zuvor lange Gedanken über irgendetwas zu machen, das vielleicht nicht eintrat. Auf seine Auffassungsgabe und seine Reaktionsschnelligkeit zumindest konnte er sich verlassen.

Lass uns über's Dach gehen.“, entschied er. „Gibt es einen Weg, der uns nach oben bringt? Möglichst nicht über den Hof...?

Falls die Hunde, wie Enrique berichtete, schon wieder zurück waren, wollte er deren Aufmerksamkeit wenn überhaupt möglichst erst auf dem Rückweg wecken. Lieber wäre ihm natürlich, sie bemerkten sie gar nicht.
Erst jetzt richtete er seinen Blick auf den Schwarzhaarigen an seiner Seite.

Wie bist du bewaffnet? Nicht, dass ich vor habe, uns den Weg frei zu schießen. Aber für den Fall der Fälle hätte ich gern mehr als einen Schuss.
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#9
Luciens Entscheidung deckte sich mit seiner. Mehr als ein knappes Nicken gab es jedoch nicht. Jedes Geräusche mochte sie verraten.
Sofort ging Enriques Verstand die Möglichkeiten durch, die es ihnen erleichtert hätten, auf das Dach zu gelangen. Ließ er den Hof und die dort verstauten Dinge aus, beschränkten sie sich auf zwei:

"Hinten, ein Karren, falls er noch da steht, wir müssten ihn über die Gasse an die Hauswand schieben.
"Oder Räuberleiter und Fensterbrett an der Seite."


Der 26-jährige wollte sich schon abwenden, als ihn die dann folgende Frage stoppte. Er sah seinen Kapitän mit leerem Blick an. Irgendwo in den dunklen Tiefen lauerte Wut, doch so tief unter der eisernen Disziplin vergraben, dass man sie kaum ermahnen konnte.

"Messer und Wurfdolche.
"Wenn wir schießen müssen sind wir eh am Arsch. Aber falls es dich beruhigt:
"Bis dahin werden wir garantiert schon Gelegenheit gehabt haben, uns weitere Waffen zu holen."


Seine Stimme war tonlos und gleichgültig, die Worte voll kalter Berechnung und das kurze Blitzen der Klinge, in der Hand des Dunkelhäutigen, grausam. Es gab keinen Zweifel, woher diese Waffen kommen würden.
Wortlos bedeutete er Lucien dann, ihm zu folgen und sie zogen sich zurück. Mittels eines kleinen Umwegs gelangten sie über die große Straße und hinter das Gebäude, näherten sich von dort, passierten ein Fass und zwei kleine Kisten auf halber Länge des Sträßchens, bis sie die leeren, aufgeräumten Gassen vor sich hatten:

Links die, die sich nach vorne zur Straße und den Wachen erstreckte, Laternenlicht ließ den Kopfstein leicht glänzen und zeigte die hohen Simse und die nah darüber befindliche Dachkannte eines Spitzdach, fast gänzlich ohne Steigung und doch auf dieser Front am tiefsten.
Und voraus die, die an der Stirnseite entlang führt, dunkel, voller Schatten, allerdings ohne den Wagen und ohne Fenster, die ihnen helfen würden. Einen hier aufs Dach zu bekommen, würde wohl gelingen, den anderen dazuzuholen hingegen wäre — sportlich.

Enriques Fluch glich einem Zischen, so leise kam er, dann zog er sich zurück und überließ es Dravean zu schauen.
Erst als der den Schritt zurück tat und den Schwarzhaarigen ansah, kam eine geflüsterte Frage:

"Seite oder hinten?"
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#10
Klingt beruhigend genug für mich.

Lucien schmunzelte. Seine Gelassenheit stand im krassen Gegensatz zu der berechnenden Anspannung des ehemaligen Leutnants. Ganz offensichtlich beunruhigte ihn der Gedanke, sie könnten bei einem Schusswechsel innerhalb kürzester Zeit einer Übermacht an Soldaten gegenüber stehen nicht im geringsten. Und das hatte wenig mit fehlendem Menschenverstand, sondern vielmehr mit dem unterschwellig selbstmörderischen Wunsch nach Gewalt zu tun, der ihn schon dazu veranlasst hatte, Enrique überhaupt zu begleiten. Manchmal brauchte er eben ein Ventil und an Bord eines Schiffes konnte es bisweilen zu friedlich zugehen. Aber wie schon gesagt, er hatte auch nicht vor, sich den Weg frei zu schießen. Er hatte immer noch Dolch und Degen bei sich und konnte damit deutlich leiser töten, als mit einer Pistole.
Die beiden Männer setzten sich wieder in Bewegung, wählten einen Umweg, um hinter das Gebäude zu gelangen, während Lucien in Gedanken die beiden Möglichkeiten, aufs Dach zu kommen, gegeneinander abwog. Er hatte noch nicht geantwortet, weil er zunächst sehen wollte, ob der Karren überhaupt noch da war, aber im Prinzip schied diese Möglichkeit für ihn schon aus. Einen rumpelnden Wagen mitten in der Nacht quer über die Straße zu schieben kam nicht in Frage. Gleichgültig, wie klein die ‚Straße‘ war.
Unbehelligt erreichten sie den nächsten Spähpunkt, der ihnen einen Blick auf das Gebäude erlaubte, doch Lucien hielt sich zunächst hinter Enrique dicht an der Gebäudewand, um nicht im Sichtfeld einer Wache oder eines zufällig aus einem Fenster spähenden Nachtschwärmers zu landen. Erst, als der Leutnant fluchte, wurde er hellhörig. Das klang nicht besonders erbaulich.
Einen Augenblick später erhielt er selbst Gelegenheit, zu sehen, worin das Problem bestand und mit einem missmutigen Brummen zog er sich wieder zurück. Seine Gedanken rasten, gingen die Dinge durch, die sein Begleiter ihm erzählt und die er selbst am Gebäude gesehen hatte. Eine Gebäudeseite hell erleuchtet, aber schnell und leicht zu erklettern. Die andere finster und sicher vor zu neugierigen Blicken, aber ohne eine Möglichkeit, sie beide da hoch zu bekommen. Einer schaffte es vielleicht, wenn der andere ihn hoch stemmte. Aber der andere würde seine Schwierigkeiten haben. Einer von ihnen hätte rein gehen und von innen ein Fenster öffnen können, aber trotzdem blieb das Problem, dass die Straße links hell erleuchtet war und die hinten keine Fenster hatte, die man öffnen konnte. Doch dann kam ihm eine Idee.

Das Fass.

Lucien schlug die tiefgrünen Augen auf, die er zum besseren Nachdenken geschlossen hatte und richtete den Blick auf Enrique. Seine Stimme kaum ein Flüstern, so leise sprach er.

Wir sind an einem Fass vorbei gekommen. Wenn wir das hinten an die Wand kriegen, kommen wir beide hoch, ohne gesehen zu werden.
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