el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Was sollte er aus diesen Reaktionen machen? Dieser Mann schien nicht stolz auf die Geschichten über sich zu sein, er war erschöpft und traurig. Und ihn Irritierte etwas an seiner Akte. Es war keine Überraschung im eigentlichen Sinne sondern eher ein "wie kann das sein?".
Mit Enriques Provokation spannte sich sein Geist an, ebenso wie sein Körper, jederzeit bereit zu reagieren. Der Leutnant rechnete mit einem Lachanfall oder wüsten Beschimpfungen. Oder mit einem Zusammenbruch, warum konnte er nicht sagen. Auch eine völlig sachliche Reaktion war denkbar. Irgendwie schien ihm das am wahrscheinlichsten. Mit einem Angriff seltsamer Weise nicht. Zumindest nicht Initial. Vielleicht kam zuvor erst einmal eine Schockstarre. Danach schien ihm müsste er mit allem Rechnen.
Er versuchte immer noch die Geschichten mit diesem Mann zu verbinden, während dieser ihn schweigend ansah. Es wollte ihm partout nicht gelingen. Hatte er zwei Gesichter? Kam das Monster nur hervor, wenn er jemanden hasste?
Samuels erste Frage quittierte er mit einem verächtlichen schnauben. Geschichten blendeten, Worte logen, Menschen manipulierten. Das tat er selber. Vielleicht wirkte deswegen die wertungsfreie Auskunft auf ihn um vieles glaubwürdiger. Der Leutnant zog die Augenbrauen zusammen und dachte nach.
Dass dieser Mann gar nicht der Mörder war klang zunächst unwahrscheinlich. Wenn aber tatsächlich ein Zwist zwischen ihm und seinem Vater vorlag, der Vater in seinem Sohn eine Bedrohung sah, die beseitigt werden müsste und wie hier Mittel und Wege hatte, dann wäre das möglich. Fragte sich, warum der Mann das tun sollte? Er hatte Macht und Reichtum. Hatte der Bärtige das bedroht? Wie? Wobei der 2. Leutnant nur an seinen Vater denken musste: Welchen Grund brauchte der um einem Schuldner das Leben zur Hölle zu machen? Keinen!
Auf der anderen Seite könnte auch das nur eine weitere Geschichte sein. Dieser Mann konnte ihm viel erzählen. Immerhin hatte er sich an Deck damit gebrüstet und den Gefängnisaufseher angegriffen.
Dann wiederum könnte auch das passen.
Geistesabwesend musterte er Samuel. Was hätte er seinen Mitgefangenen physisch entgegen zu setzen? Wäre Enrique an seiner Stelle hätte er neben ein paar Schlägereien eine Aura über sein Auftreten und gezielt gefallen gelassenen Kommentaren und schweigen aufgebaut. Wie Notwendig das wäre hatte er oft genug beobachten können. Pah! Sein ganzes Auftreten auf diesem Schiff beruhte darauf.
Sein Mund verzog sich in grimmiger Bestätigung, während der Dunkelhäutige nicht einmal mitbekommen hatte, dass er langsam auf dem Zellengang auf und ab wanderte, die Hände gewohnheitsmäßig hinter dem Rücken verschränkt.
Er hätte es also genauso gemacht. Und dass dieser Mann seine Frau nicht kaltblütig erschlagen hatte, soweit war er schon längst gewesen. Blieben also nur noch zwei Fragen:
Wer hatte die Frau umgebracht und warum?
Samuel hatte ein Weile Zeit den Leutnant zu beobachten, er schien gänzlich in Gedanken versunken. Als er dann aus ihnen auftauchte schien er sich zunächst orientieren zu müssen, ehe er, sich vergewissernd dass er niemanden geweckt hatte, an die Tür des Verurteilten zurückkehrte.
"Warum sollte ihr Vater das tun? Welche Gründe hätte er?"
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Es war offensichtlich, dass De Guzmán mit seinen Worten zu kämpfen hatte, sie aber auch nicht sofort als eine dreiste Lüge identifizierte. Das war weitaus mehr, als Samuel erwartet hatte und gewohnt war. Es wirkte beinahe so, als wollte der Offizier ihm Glauben schenken, was der Gefangene nach wie vor nicht wirklich einordnen konnte. Sicherlich gab es den ein oder anderen Hinweis, den der Dunkelhäutige auch selbst gegeben hatte. Er interessierte sich für ihn, oder vielleicht vielmehr seine Geschichte und hatte anscheinend selbst einiges auf der Seele, das er loswerden wollte. Für letzteres hätte er aber auch einfach die offizielle Darstellung der Ereignisse akzeptieren können - also schien ihm tatsächlich etwas daran zu liegen, die Wahrheit herauszufinden. Doch warum?
Nach einigen Augenblicken begann der Leutnant, vor seiner Zelle auf und ab zu laufen. Kurz blickte Samuel sich um, ob sich der ein oder andere schlafende Gefangene daran stören würde, doch glücklicherweise blieb alles ruhig. Wesentlich spannender war ohnehin die Entwicklung der Gesichtszüge De Guzmáns. Sie kündeten zunächst von Skepsis, wurden dann nachdenklich und grüblerisch, als wolle er ein ihm gestelltes Rätsel lösen, und gingen schließlich in ein leichtes, aber deutlich wahrnehmbares grimmiges Lächeln über. Es schien, als wäre sein Gegenüber zu einem Entschluss gekommen, doch zunächst gab er nichts davon preis, sondern stellte weitere Fragen, die wahrscheinlich dazu dienen sollten, seine Erkenntnisse zu verifizieren - welcher Art diese auch sein mochten.
Was De Guzmán wissen wollte, würde tief in die Familiengeschichte Samuels greifen und er war sich nicht sicher, ob er bereit war, ihm diese so einfach zu eröffnen. In der Anfangszeit seiner Haft hatte er sich zwar darum bemüht, seine Unschuld zu beteuern, doch hatte er niemals alles erzählt, um sich nicht angreifbar zu machen. Und auch wenn dieser Leutnant anscheinend der erste war, der bereit war, ihm zu glauben, würde es sich auch bei ihm nicht anders verhalten. Schließlich hatte er keine Ahnung, wen er hier wirklich vor sich hatte und welche Absichten sich hinter den Fragen und der Suche nach der Wahrheit des Dunkelhäutigen verbargen.
"Ich weiß es nicht sicher", begann er, was auch durchaus stimmte. "Vermutlich sah er sein Amt als bedroht an und war bereit, Familie für Macht zu opfern. Damit wäre er sicher nicht der erste."
Auch wenn diese Überlegung sicherlich eine signifikante Rolle gespielt hatte - falls sein Vater wirklich für den Mord verantwortlich war -, als alleiniger Auslöser hätte sie niemals gereicht. Ein so böser Mensch war sein Vater eigentlich nie gewesen. Anstatt dem Leutnant noch mehr zu eröffnen, entschloss sich Samuel nun jedoch, ein wenig in die Offensive zu gehen. Dass De Guzmán das Gespräch nicht einfach so abbrechen würde, dessen konnte er sich mittlerweile immerhin relativ sicher sein.
"Warum interessiert Ihr Euch dafür, Leutnant?" Er warf ihm einen langen, nachdenklichen Blick zu. "Spielt es eine Rolle, ob ich schuldig bin oder nicht? Mein Leben ist verwirkt, ganz egal, wie die Wahrheit aussieht."
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Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
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Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Sein Gegenüber überlegte und auch die Antwort kam etwas zögerlich. Der Leutnant mußte schmunzeln. Dieser Mann misstraute ihm und würde nicht so ohne weiteres persönliches preisgeben, nicht wenn es so nah an den Kern seines Selbst ging.
Trotzdem ging Enrique nicht davon aus, dass der Bärtige ihn in diesem Punkt belog. Viel wahrscheinlicher war, dass es da mehr gab und dass alles zu erklären ihn in vielen Punkten bloßstellen würde, dass er nicht mutmaßen wollte, dass einiges davon sogar gegen ihn verwendet werden könnte oder er widersinniger Weise immer noch etwas für seinen Vater empfand. Bei den Ahnen, wenn Zaedyn nicht schon verurteilt wäre, hätte er genug erfahren, um seinen Feinden Ansatzpunkte dafür zu geben ihm einen Strick zu drehen.
Und die Zurückhaltung bestärkte vieles. Samuel drängte ihm diese Geschichte nicht auf, war nicht darum bemüht, sie lückenlos und glaubhaft zu erzählen oder ihn zu blenden. Er versuchte auch nicht ihn einzuschüchtern, abzulenken oder anzugreifen.
Gerade diese Verschlossenheit machte ihn in den Augen des 2. Leutnant glaubwürdig. Dem Verurteilten war seine persönliche Integrität immer noch wichtig, und dass jemand mit so einer Vergangenheit niemanden traute war zu erwarten.
Enrique ging zudem davon aus, dass er wesentlich mehr aus ihm herausgeholt hatte als Andere.
Eine Weile betrachtet er den Gefangenen mit neutraler Miene und ließ die Begründung in seinem Kopf herumgehen. Was Menschen nicht alles für Macht, Ansehen und Geld taten. Samuel wäre bass erstaunt gewesen, welche Erinnerungen in dem Offizier hochkamen. Lediglich ein Ansatz der damit verbundenen Emotionen zeigten sich: Wut, Enttäuschung und Resignation bildeten eine Mischung mit schalem Nachgeschmack. Nein, der Erste war er mit Sicherheit nicht. Aber im Gegensatz zu de Guzmáns Vater kam dieser Richter damit durch, erreichte sein Ziel und dieser Sadist in seinen Diensten wollte die Gelegenheit weiter ausnutzen.
Und wenn Enrique eine Möglichkeit hatte den Gefängnisaufseher daran zu hindern, dann würde er sie auch nutzen.
"Nein, vermutlich spielt es keine Rolle. Jedenfalls nicht für die Welt da draußen. Ich glaube aber, dass es für sie eine Rolle spielt. Und für mich. Davon hängt nämlich ab wie weit ich breit bin zu gehen." Die Verbitterung war nicht zu überhören und mischte sich jetzt mit Zorn: "Mister Zaedyn, was glauben sie? Wird Lowell, jetzt da sie nicht mehr in Reichweite sind, diese Angelegenheit so ohne weiteres ad acta legen? Falls nicht, welches neue Ziel würde er sich suchen? Und was hat er damit gemeint, dass er ihrer Tochter möglicherweise Grüße ausrichten wolle?"
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
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Körperliche Verfassung
Als Enrique seine Tochter erwähnte, bahnte sich in Samuel eine Erkenntnis ihren Weg, die ihm vor einigen Stunden, als er Lowell an Deck niedergeschlagen hatte, verwehrt geblieben und dabei doch so offensichtlich war. Hier, in dieser Situation, sah er die Dinge jedoch klarer, und deshalb fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Mit seiner Drohung hatte Lowell die Schuld seines Vaters am Tod seiner Frau eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken zugegeben. Welchen anderen Ursprung hatte seine Drohung sonst haben können, wenn nicht das Wissen darum, dass der Mord geschehen war, um ihm persönlich zu schaden? Und woher hätte Lowell dieses Wissen haben sollen, wenn nicht von seinem Vater?
Auch wenn Samuel sich die letzten Jahre über sicher gewesen war, wer der eigentliche Mörder seiner Frau war, jetzt, da er den Beweis hatte, warf ihn dieses Wissen vollständig aus der Bahn. Zunächst zeigte sich dieser Umstand an seinen Gesichtszügen - denn sie entgleisten ihm vollkommen. Seine rechte Hand schloss sich um die Gitterstange, an die er sie eben noch lose gelehnt hatte und drückte so fest zu, dass die Fingerknöchel schneeweiß wurden. Er biss die Zähne zusammen, senkte den Blick und schloss die Augen, verzog das gesamte Gesicht und versuchte, tief durchzuatmen, um nicht vor Wut aufzuschreien und damit jeden einzelnen Gefangenen zu wecken und noch dazu die Aufmerksamkeit der Wachen an Deck zu erregen. Für Lowell wiederum musste dieses Schauspiel wahrscheinlich höchst seltsam sein.
Es dauerte einige Momente, ehe der Bärtige wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Zwar loderte die Wut weiter in ihm, doch für den Augenblick konnte er sie kontrollieren. Es lässt sich nicht ändern, sagte er sich und atmete nochmals tief durch, ehe er den Blick hob und Lowell fixierte. Für Ausflüchte war es nun zu spät - zumindest hatte er jetzt das Gefühl, dem Leutnant eine Erklärung zu schulden.
"Ungefähr das, was diese Worte bedeuten, wenn sie aus dem Mund eines Attentäters kommen", sagte er verbissen. Dann seufzte er und setzte zu einer Erklärung der weiteren Gründe seines Vaters für den Mord an. "Also gut - es macht ohnehin keinen Unterschied mehr, ob ich es Ihnen erzähle oder nicht. Als ich Siebzehn war, wurde mein Bruder vor meinen Augen ermordet. Er war der Erstgeborene meines Vaters gewesen und ich wurde von ihm für seinen Tod verantwortlich gemacht. Der Mord an meiner Frau hatte sicherlich auch politisch motivierte Gründe, aber primär ging es dabei um Rache."
Er machte eine kurze Pause, denn die Stimme drohte ihm zu versagen. Hatte er eben noch unbändige Wut gespürt, war es nun, da er offen über seine Vergangenheit sprach, Trauer, die ihn zu überwältigen drohte. Doch er riss sich zusammen, denn er konnte es sich sicherlich nicht erlauben, noch mehr Schwäche zu zeigen. Stattdessen fuhr er fort.
"Ich hatte es vorhin nicht bemerkt, aber Lowells Worte bedeuten, dass meine Vermutung stimmen muss und mein Vater tatsächlich für ihren Tod verantwortlich ist. Es war letztendlich eine leere Drohung, denn ihr Tod nützt meinem Vater nichts. Und Lowell ist zwar rachsüchtig, aber da ich bald am Galgen baumeln werde, wird auch er ihr nichts antun." Er fokussierte erneut den Leutnant. "Er könnte versuchen, Ihnen das Leben zur Hölle zu machen, aber mein Vater wird nicht daran interessiert sein, ihm zu helfen und ich bezweifle, dass er allein genug ausrichten kann. Zumindest vor ein paar Jahren wäre er dazu nicht in der Lage gewesen."
Das war es nun also. Zum ersten Mal hatte er jemandem die ganze Geschichte erzählt. Es war ein seltsames Gefühl - in gewisser Weise eine Art Erleichterung, weil er es sich von der Seele geredet und sich jemandem anvertraut hatte, der ihm vielleicht sogar Glauben schenken würde. Ihm fiel auf, dass der Leutnant ihn mit "Mister Zaedyn" angesprochen hatte, was einer Bekundung von Respekt gleichkam. Andererseits jedoch fühlte er sich so angreifbar wie schon lange nicht mehr, und genau das hatte er durch die Kreation seiner grausamen Fassade eigentlich verhindern wollen.
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Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Bestürzung mischte sich in die Frustration und die Wut des Leutnant. Mit solch einer Heftigkeit hatte er wirklich nicht gerechnet. Aber damit traf auch ihn eine Erkenntnis:
Der Bärtige hatte es nicht gewusst. Er konnte es nicht gewusst haben. Und jetzt hatte ihm irgendetwas klar gemacht, dass es nicht anders sein konnte.
Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass wäre er gewesen. Selbst jetzt blieb der Verurteilte stumm, kämpfte im Inneren mit seinem Zorn und seiner Verzweiflung.
Enrique selbst hätte sich nicht zurückhalten können, hätte geschrien, getobt, hysterisch gelacht oder wäre zusammengebrochen, da war er sich sicher. Wieder verstrich eine kleine Weile. Wieder machte sich die Stille des Schiffes breit. Äußerlich war der Dunkelhäutige ruhig, im Inneren aber spürte er, wie sich etwas in seiner Brust verdichtete, ein dunkles, zerstörerisches Gefühl ausbreitete und versuchte sich dagegen zu stemmen.
Sein Gegenüber hob schließlich den Kopf und sah ihn an, in beider Augenpaare stand der Hass auf einen gemeinsamen Feind. Samuels Worte überraschten ihn erneut. Nach dessen letzten Reaktion hatte er mit einer knappen Antwort gerechnet, nicht damit dass er sich so entblößen würde aber er tat es. Und stellte die Selbstbeherrschung des Leutnants vor eine harte Prüfung, kannte er vieles doch nur zu genau. Wie oft hatte man ihn betrogen und belogen, wie oft war der andere damit durchgekommen, hatte sich über ihn lustig gemacht oder ihn so behandelt, weil er sich für etwas besseres hielt? Viel zu oft hatte er das erdulden müssen und nicht zurückgeschlagen. Und Heute wieder! Mit jeder Frage wurde das Gefühl mehr, mit jeder Antwort füllte es ihn mehr aus, stieg höher und drohte ihn zu übermannen. Und dennoch wollte er nicht nachgeben. Jetzt nicht! Ich darf die Kontrolle jetzt nicht verlieren! Entschlossen hielt er sich die Erinnerung an seine Schwester fest vor die geistigen Augen.
Dann bestätige sein Gesprächspartner seine Erkenntnis, aber eine leere Drohung? Lowell war, sofern sich der Leutnant nicht sehr irrte, niemand, der eine Niederlage einfach so vergaß. Schon gar nicht, wenn er, für dieses Eingeständnis vor Zeugen, einen auf den Deckel bekommen würde. Und wenn Zaedyn das vorher nicht gewusst hatte, dann wäre der oberste Richter sicher nicht damit einverstanden, dass es Zeugen gab.
Falls Lowell also nicht über den Vorfall schwieg würde der Richter davon hören und der würde sich bestimmt dafür interessieren, wer etwas darüber wissen könnte.
Ja, auf ihn würde der Beamte sich einschießen.
Gaskel? Enrique war sich nicht einmal sicher, ob Gregory ihn überhaupt mitbekommen hatte aber selbst wenn, der war manipulierbar, würde sich entschuldigen und damit vom Haken springen.
Der Rest war unwichtig.
Weit schlimmer wog aber die Tatsache, dass die Morgenwind Netara zeitig verlassen würde. Damit würde dieser dreckige Bastard warten müssen. Und Geduld war definitiv keine von Lowells Tugenden. Was hieß, er würde sich das nächstbeste Ziel suchen und wenn er niemand Anderen fand, dann konnte das durchaus die Tochter des Bärtigen sein. Obendrein hatte seine Macht in den letzten Jahren zugenommen. Ob sie weit genug reichte wusste der Leutnant nicht zu sagen aber der Gefängnisvorsteher würde sich wahrscheinlich sehr anstrengen um seine Herrsch- und Zerstörungswut zu befriedigen.
"Verdammt!" Wham! Im Gegensatz zu Samuel konnte Enrique den kurzen Wutausbruch nicht verhindern. Seine flache Hand schlug hart gegen die Gitterstäbe. "Ich hätte ihn vordern sollen. Ich hatte einen Grund, verdammt noch mal!" Dann hielt er sich krampfhaft an den Stangen fest und kämpfte mit zusammengepressten Liedern mit seinem Zorn. Sollte er bis jetzt noch niemanden geweckt haben würde er das sicherlich tun, ließe er seinen Gefühlen freien Lauf...
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
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Körperliche Verfassung
Nach seinem eigenen Gefühlsausbruch hatte Samuel nicht damit gerechnet, etwas ähnliches bei dem Leutnant beobachten zu können. Insbesondere konnte er ihn sich nicht recht erklären. Er hatte ihm zwar einen Konflikt mit Lowell in Aussicht gestellt, die Möglichkeit dessen aber auch direkt wieder für unwahrscheinlich erklärt. Das konnte nur bedeuten, dass De Guzmán deutlich mehr Informationen besaß als er, was angesichts seiner Situation der letzten Jahre nicht sonderlich überraschend war. Der Leutnant hatte schon einmal im Verlaufe ihres Gesprächs Andeutungen in die Richtung gemacht, dass Lowell ein ernstzunehmender Gegner sein könnte, was in Samuels Ohren merkwürdig klang. Kennengelernt hatte er ihn schließlich als hoffnungslos untalentierten Speichellecker, dessen Unterwürfigkeit sein Vater gnadenlos ausgenutzt, der jedoch niemals selbst auch nur ein Fünkchen Macht besessen hatte. Daran konnte sich in den Jahren seiner Gefangenschaft etwas geändert haben, doch der Bärtige konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wie das hätte passieren sollen.
Andererseits passte Lowells Verhalten dazu. Er war mit einer zwar unauthentischen, aber nichtsdestotrotz selbstverständlichen Autorität an Bord der Morgenwind aufgetreten, die nicht zu dem Mann passte, der er früher gewesen war. Samuel hatte das auf seine lächerliche Arroganz geschoben, aber vielleicht gab es tatsächlich andere und zweifelsohne bedenklichere Gründe. Gleichzeitig hieß das, dass die Drohungen des Gefängnisaufsehers doch mehr Substanz haben konnten als gedacht, denn auch wenn Samuel den potentiellen Tod - oder was auch immer dieser Hurensohn vorhatte - seiner verbliebenen Familie nicht mehr erleben würde, war es durchaus möglich, dass Lowell etwaige Pläne rein zur persönlichen Befriedigung in die Tat umsetzen könnte.
Nachdenklich beobachtete Samuel sein Gegenüber. Wenn seine Theorie zutraf, brauchte er weitere Informationen - und einen Verbündeten. Er selbst war nicht mehr in der Lage, seine Familie zu schützen, doch De Guzmán schien ebenfalls ernste Probleme mit Lowell zu haben, die eindeutig nicht erst durch ihr kurzes Intermezzo vor einigen Stunden entstanden waren. Es lag dementsprechend sicherlich auch in seinem persönlichen Interesse, den Tätigkeiten des Gefängnisaufsehers einen Riegel vorzuschieben - und vielleicht konnte er damit gleichzeitig dafür sorgen, dass seiner Tochter nichts passieren würde.
"Sie und Lowell scheinen eine Vorgeschichte zu haben. Würden Sie mir erzählen, was zwischen Ihnen vorgefallen ist?", fragte er, während ihm auffiel, dass De Guzmán sich nicht zu seiner Geschichte geäußert und damit auch nicht hatte verlauten lassen, ob er es in Erwägung zog, sie zu glauben. Die Antwort auf diese Frage musste jedoch zunächst einmal warten.
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Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
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Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
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Langsam siegte sein Wille über seine Gefühle. Und damit kehrte auch seine Entscheidungsfreiheit zurück. Die Alarmbereitschaft, die ihn dann erfüllte ließ ihn die Situation schnell erfassen und unverzüglich darauf reagieren.
So jagte sein Blick kurz durch den Raum um zu erhaschen, ob und wenn wen er geweckt hätte, erst dann richtete er sich auf und löste den Griff seiner Hand am Gitter.
Dass er es nicht gewusst hatte, nicht hatte wissen können machte es nicht besser. Wieder drohte die Wut zu siegen doch plötzlich riß er die Augen weit auf.
Falsch, ganz falsch. Er konnte ihn immer noch fordern. Lowell hatte sich nicht entschuldigt, sondern war ohne ein Wort von Bord gegangen. Er hatte es ihm sogar gesagt, dass seine letzte Chance unbehelligt zu bleiben darin bestünde, sich zu entschuldigen. Seine Beleidigungen stand nach wie vor im Raum und 24 Stunden waren noch nicht vergangen. Er konnte immer noch schriftlich Satisfaktion verlangen und damit den gesitteten Weg gehen.
Ein finsteres Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.
Und wenn er nicht nur mit leeren Drohungen um sich schmeißen wollte, dann musste er ihn vordern. Es gab lediglich noch ein paar Probleme, die es zu lösen galt: Es könnte sein, dass sich Lowell versuchen würde sich durch einen Sekundanten vertreten zu lassen. Feige genug wäre die Sau. Und die Frage, wen er selber als Sekundanten wählen wollen würde...
Zum Glück hatten sie Zaedyn möglichst weit von den anderen Gefangenen untergebracht. Das war nicht all zu weit, war das auf einem Schiff wie der Morgenwind schlechterdings unmöglich, gerade wenn es schon andere Insassen gab, die mit möglichst viel Abstand zueinander untergebracht worden waren. So waren aber immerhin die nächsten Zellen leer und in der Zelle gegenüber saßen zwei Trinker ein, die er wegen ihrem Gejammer angefangen hatte hin und wieder mit Opium zu versorgen, damit sie Ruhe gaben. Jetzt hätte nicht einmal das Donnern der Geschütze sie geweckt. Nur weiter hinten waren in getrennten Zellen zwei der scharfen Hunde erwacht.
"Alles in Ordnung Sir?", fragte der ihnen am nächsten stehende Seesoldat, der unweigerlich aufmerksam hatte werden müssen, und schickte sich an herüber zu kommen. Jetzt brauchte er schnell eine Antwort.
"Keine Sorge Jones, sollte dieser Wicht sich noch mal erdreisten mir so zu antworten, dann bekommt er den Rohrstock zu spüren." Enrique machte einen Schritt zurück und drehte sich dem Soldaten zu. Seine Stimme troff vor Verachtung und Arroganz, der Tonfall und das inzwischen sadistische Grinsen beinhalteten den Wunsch, dass Samuel genau das tue. In diesem Moment erinnerte er den Bartigen auf erschreckende Weise an einen selbstsichere, verschlagene Version eines Lowell.
Dieses Auftreten überzeugte den Gefreiten sofort. Ebenfalls grinsend gab er zur Antwort:
"Wollte nur sicher gehen Sir. Man weiß ja nie, was diese dreckigen Hunde sich nicht alles herausnehmen Sir."
"Völlig richtig", erwiderte de Guzmán, dessen Miene inzwischen grimmige Befriedigung ausdrückte und sich wieder dem Richter zuwandte, so als überlege er, welchen Vorwand er nehmen solle um nicht erst ein Vergehen des Verurteilten abzuwarten.
Es brauchte einen Moment bis der Grünäugige mitbekam, dass der Leutnant gar nicht ihn ansah, sondern den Rotrock genau im Auge behielt.
Der beobachtete die Beiden noch eine kleine Weile, ehe er sich umdrehte und den Gang hinunter schritt, weil ihm klar wurde, dass sein Vorgesetzter nicht sofort mit einer Bestrafung beginnen würde.
Erst jetzt entspannte sich der Dunkelhäutige etwas, die kühle Maske kehrte zurück und er trat erneut sehr dicht an die Gitterstäbe, seine Stimme zu einem verbitterten Flüstern gesenkt.
"Angefangen hat meine Bekanntschaft mit diesem aufgeblasen Sadisten schon vor Jahren, als ich noch Fähnrich auf der Defender war. Ich war auf Landgang hier in der Stadt als mich jemand in einer Gasse am Markt ansprach, er sagte er habe Informationen zu Strandräubern in der Gegend um Caidens Peek und würde sie mir für ein paar Silber verkaufen. Dann tauchte die Stadtwache auf. Der Mann entkam, weil er mich in die dort gestapelten Kisten stieß, aber da sie ihn schon länger suchten nahm man mich mit auf die Wache."
Das stimmte so nicht ganz, er hatte sich absichtlich in die Gasse begeben um diesen Mann zu treffen und er war vorsätzlich in die Kisten "gestolpert" aber das brauchte der Richter nicht zu wissen und hatte nichts mit Lowell zu tun. Der Rest war die Wahrheit, so dass er dem prüfenden Blick problemlos standhalten konnte.
"Auf der Wache, der Lowell damals noch Vorstand, erwartete mich dann dieser vermaledeite Hundsfott, pochte darauf, dass jemand wie ich nie die Uniform rechtmäßig erworben hätte und dass ich mit diesem Piraten unter einer Decke stecken würde. Irgendwie brachte ich den wachhabenden Offizier dazu einen Boten zum Schiff zu schicken und die Nummer Eins kam mich abholen. Vor ihm katzbuckelte der feige Bastard und musste sich bei mir für seine Anschuldigungen entschuldigen. Für alle und richtig, da war der Leutnant adamant. Das hat Lowell natürlich nicht gefallen und ich werde den Hass in seinem Blick nicht vergessen den diese Demütigung in sein verfaulendes Herz brannte: Er der Adlige musste sich vor einem unbedeutenden Wilden und gemeinem Verbrecher entschuldigen!
Seitdem nutzt er jede Gelegenheit um zu versuchen es mir heimzuzahlen."
Der Leutnant seufzte schwer.
"Danach kam es zu ein paar sporadischen Begegnungen, bei denen er meiner nicht habhaft werden konnte. Da ein direkter Angriff also nicht in Frage kam ging er zu übler Nachrede und Beeinflussung über. Auch baute er seine Macht aus, unabhängig von seinem Hass auf mich, so eingebildet bin ich nicht, dass ich davon ausgehe, dass sich alles im Leben dieses Drecksacks um mich dreht. Ich war überrascht zu erfahren, bei wem er sich alles Gunst erschmeichelt hatte, das er die Führung des Gefängnis übernehmen konnte, wohl mit Hilfe seines Vaters. Seit dem ich auf der Morgenwind regelmäßig mit ihm zu tun habe merke ich den Effekt mehr und mehr. Und seitdem er überraschend geerbt hat, hat er auch das Geld für seine üblen Pläne. Würde mich nicht wundern, wenn er seinem Vater vorzeitig ins Grab geholfen hat. Beweisen kann ich nichts und bis Heute gab es für mich keine Möglichkeit straffrei Hand an ihn zu legen."
An diesem Punkt, straffte der Offizier seine gesamte Haltung und sein Blick wurde hart.
"Aber Heute hat er einen Fehler begangen den er nicht so einfach wett machen kann. Ich werde ihn, fordern, ich muss, und ich will. Und das Gute ist, dass eine Entschuldigung seinerseits nicht mehr in Frage kommt. Er wird sich dem Duell stellen müssen. Und ich werde ihn bestimmt nicht verfehlen."
Mit offensichtlichem Bedauern fügte er an:
"Ich gehe allerdings davon aus, dass dieses Duell nicht mehr stattfinden wird, bevor wir den Hafen verlassen. Dafür wird er Sorge tragen."
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Samuel musste sich bemühen, nicht schuldbewusst zusammenzuzucken, als einer der Soldaten, von dem Wutausbruch des Leutnants aufmerksam geworden, das Wort an eben jenen richtete. De Guzmán hingegen reagierte mehr als souverän und verfiel sofort in die Rolle des sadistischen Offiziers, der Gefallen daran gefunden hatte, seinen Gefangenen das Leben zur Hölle zu machen. Es war dementsprechend kein Wunder, dass der Soldat sofort eifrig nickte und seine Zustimmung bekundete. Erleichtert erlaubte Samuel es sich, leise durchzuatmen. Eigentlich konnte es ihm egal sein - eine vertrauliche Konversation mit einem Gefangenen würde sich wahrscheinlich negativer auf die Stellung des Leutnants auswirken als auf seine eigene Gesundheit -, aber die Tatsache, dass der Dunkelhäutige seit Jahren der erste zu sein schien, der seiner Version der Geschichte zumindest teilweise Glauben schenkte, förderte die Empathie zutage, die ihm ureigen war und die er in seiner Zeit im Gefängnis effektiv zu unterdrücken verstanden hatte.
So jedoch tat er sein Bestes, um die Aussage des Leutnants zu unterstützen. Er hielt seinen Blick fest auf De Guzmán gerichtet und funkelte ihn hasserfüllt an, richtete seine Augen nur einmal kurz auf den Soldaten, als dieser ihn ebenfalls anblickte und grinste leicht, einen mordlustigen Ausdruck auf dem Gesicht. Die nicht zu übersehenden heftigen Bewegungen des Kehlkopfes des armen Mannes machten mehr als deutlich, dass auch er von den Geschichten über den grausamen Gefangenen gehört hatte und am liebsten rein gar nichts mit ihm zu tun haben wollte. Für einige Momente entstand Stille, in der der Soldat wohl mit sich haderte, ob er der Szenerie noch länger beiwohnen sollte, doch schließlich drehte er sich langsam um und entfernte sich. Der Leutnant wartete noch einen Moment, um sicherzustellen, dass Jones sie nicht belauschen oder ein etwaiges verdächtiges Verhalten beobachten konnte und wandte sich dann wieder Samuel zu.
Die Geschichte, die er erzählte, entlockte ihm zunächst ein Lachen, das er - um keinen Lärm zu verursachen - so sehr unterdrücken musste, dass daraus eher die Mischung aus einem Schnauben und einem Keuchen wurde.
"Das klingt nach Lowell, wie er leibt und lebt", meinte er bitter und schüttelte den Kopf. "Ich habe selten jemanden gesehen, der so sehr von sich selbst überzeugt war und dabei so wenig Grund dazu hatte."
Dann runzelte er die Stirn und dachte über die Worte des Dunkelhäutigen nach. Es war durchaus richtig, dass Lowell mit seinem Verhalten an Bord einen Fehler begangen hatte. Auch De Guzmán hatte sich zwar nicht einwandfrei verhalten, da er jedoch in diesem Moment auf der Morgenwind das Sagen gehabt hatte, würde das keine allzu große Gewichtung haben. Theoretisch zumindest. Denn auch wenn der Leutnant dadurch das Recht hatte, ein Duell mit dem Gefängnisaufseher einzufordern, war Samuel sich nur allzu bewusst, dass es dazu wahrscheinlich niemals kommen würde.
"Es wäre wirklich höchst erfreulich, wenn Sie ihn ein wenig mit Ihrem Degen kitzeln könnten", begann er und das leise Schmunzeln auf seinen Lippen zeigte eindeutig, wie sehr ihm der Gedanke gefiel. "Doch ich vermute, dass es niemals zu diesem Duell kommen wird, wenn Sie es nicht vor unserer Abfahrt erzwingen können. Was Sie über Lowell zu sagen haben, klingt beunruhigend. Wenn er seinen Einfluss tatsächlich ausgeweitet hat, werden er und mein Vater dafür sorgen, dass Ihr Anspruch weniger wert ist als..." - übertrieben zuckte er mit den Schultern und verzog ironisch das Gesicht - "... mein Leben in diesem Augenblick."
Bei diesen Worten wollte er es jedoch nicht belassen. Vielleicht hatte ja auch der Leutnant entsprechende Kontakte und eine Möglichkeit, sein Recht einzufordern. Deshalb suchte er nun offen den Blick des Dunkelhäutigen, und diesmal lag keine Ironie in seiner Stimme, sondern aufrichtige Sympathie mit einem Mann, der seinen Hass nachvollziehen konnte und seinen Worten Glauben geschenkt hatte.
"Wenn es Ihnen dennoch gelingen sollte... denken Sie an mich, wenn Sie ihm den entscheidenden Streich verpassen. Und lassen sie ihn büßen für alles, was er und mein Vater Ihnen und mir angetan haben."
el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Das unterdrückte Lachen des Richters überraschte und verstimmte den Dunkelhäutigen ein wenig. Machte er sich über ihn lustig? War er auf eine hervorragende Scharade hereingefallen?
Doch dann wurde ihm klar, dass Zaedyn einfach nur eine seltsame Art von Humor im Gefängnis entwickelt oder schon immer gehabt hatte.
Vielleicht würde er es sogar selbst als witzig empfinden, würde er nicht bis zum Hals in dieser Scheiße stecken.
Dennoch mochte dieser seltsame Laut für Aufsehen sorgen. Sicherheitshalber sah Enrique noch einmal zu Jones hinüber.
Bei den Mächten, wie er gerade diesen Mann verabscheute. Grobschlächtig, dummdreist, lernresistent, ein Tyrann und Verräter was alle betraf, die sich von ihm einschüchtern ließen und ein Blender und Speichellecker, nicht nur nach oben, sondern auch wenn er kannte, dass jemand mächtiger war als er selber. Er hatte ein paar Leute mit noch weniger Einsicht um sich geschart, und ließ sie seine Angelegenheiten erledigen. Der Leutnant hatte ihn bereits mehrfach durch ein und den selben Fehler überführt und bestraft. Dazugelernt hatte dieser hirnrissige Belegnagel nicht. Und auch jetzt hatte er diese vermeintliche Gelegenheit versucht zu einer Verbrüderung zu nutzen. Normalerweise hätte der Offizier ihm das in keinster Weise durchgehen lassen, aber der Narr stuzte nicht einmal.
Würde er nur über etwas mehr Verstand verfügen, der Leutnant hätte ihn als gefährlich bezeichnet, so war er manipulier- und kontrollierbar. Ein Werkzeug, das nicht weiter dachte als bis zum nächsten Becher Rum. Wie geschaffen dafür hier unten Wache zu gehen und den vermeintlichen Verführungen und ernstgemeinten Drohungen der mittellosen Gefangenen zu wiederstehen, viel zu sehr darauf erpicht einen Vorwand zu finden seine Grausamkeit gegen eben jene zu richten.
Gefreiter Willard, einer von ihnen, und Bootsmannsmaat Eilerson waren auf ihre scheinheilige Art fast genauso schimm. Vordergründig waren sie freundlich, hilfsbereit und dienstbeflissen, hinten herum schwärzten sie jeden an und waren nur auf ihren Vorteil bedacht. Und genau wie Lowell verkrochen sie sich, drohte es ihnen an den Kragen zu gehen.
Was die restlichen Seesoldaten und Matrosen betraf waren die meisten recht anständig. Mitunter schwer von Begriff aber bemüht ihren Dienst zu versehen, abgesehen von ein paar Trinkern, die zu nichts zu gebrauchen waren.
Selbst mit den Adeligen Fähnrich Gaskel und Leutnant Ravenport ließ es sich arbeiten.
Ganz im Gegensatz zu Harper und seiner Nummer Eins. Der Kapitän hätte sie führen und inspirieren, aus dem Schiff eine Einheit machen sollen. Stattdessen teilte er es in zwei Lager: Die die ihm in den Arsch krochen und jene, die bei ihm unten durch waren.
Und sein erster Offizier steckte ihm bis zu den Knien im selbigen. Keiner der beiden hatte genug Rückrad um unangenehme Entscheidungen zu fällen.
Und weil er nicht hinterher kroch war er bei beiden unten durch. Das ging soweit, dass Harper sogar seine Anweisungen widerrief und er sich jedes bisschen Autorität doppelt und dreifach erkämpfen musste. Zum Glück war das bis jetzt nicht all zu häufig vorgekommen, ginge es jedoch so weiter würde er über kurz oder lang nichts mehr zu sagen haben. Und was das hieße, daran wollte er lieber gar nicht denken.
Es störte ihn nicht mal, dass die meisten hier an Bord versuchten sich ein paar Annehmlichkeiten zu ergaunern oder um unangenehme Arbeiten herumzukommen und unterstützte einiges davon sogar. Er wusste, dass er damit auf einem schmalen Grad wanderte. Auf der einen Seite Dankbarkeit, Loyalität und Gewinn, auf der anderen Zersetzung der Disziplin und die Gefahr erwischt zu werden. Er warnte seine Kunden, sie sollten sich nicht erwischen lassen. Passierte es trotzdem griff er besonders hart durch. Auch deswegen galt er als harter Knochen und Schinder.
Aber es reichten ein paar wenige wie Jones, Willard und Harper, das es ihm schien, auf diesem Schiff nichts weiter als eine Laufbursche und Sündenbock zu sein, der demnächst geopfert werden sollte.
Keiner seiner Vorgesetzten würde dieses Duell gutheißen, es würde schwierig werden Ravenport zu überzeugen seinen Sekundante zu machen, Gaskel hatte das Ganze zwar beobachtet, wollte er ihn aber nicht gänzlich ins feindliche Lager treiben konnte er ihn nur um Sekundanz ersuchen. Einen dritten Sekundanten würde er an Bord nicht finden obwohl er ihm zustand.
Und an Land? Lowell hatte ganze Arbeit geleistet.
Blieben höchstens die anderen Schiffe...
Lag hier jemand vor Anker, den er bitten konnte?
Enrique schüttelte diese Gedanken ab. Dazu war später noch Zeit. Halb hatte er mitbekommen, was Samuel gesagt hatte.
"Zwingen? Nein, zwingen werde ich ihn nicht können. Ich gehe eher davon aus, dass er wieder einen Weg finden wird vom Haken zu kommen. Trotzdem werde ich ihn fordern und sollte er annehmen wird er leiden."
Leutnant de Guzmán fühlte Wut in sich aufwallen, doch nicht stark genug um die Resignation zu vertreiben.
"Aber vielleicht wäre es besser, auch noch andere Wege zu beschreiten."
Nach kurzer Überlegung gab er sich einen Ruck.
"Wenn sie wollen lasse ich ihrer Tochter eine Nachricht zukommen. Ich könnte ihnen Schreibzeug besorgen. Viel Zeit bleibt allerdings nicht, egal ob ich den Brief nur aufgebe oder persönlich für seine Zustellung sorge."
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Ein grimmiges Lächeln bildete sich auf Samuels Gesicht, als der Leutnant davon sprach, Lowell leiden zu lassen. Der Gefangene war sich zwar bewusst, dass es dazu wahrscheinlich nicht kommen würde, doch die Aussicht auf die Chance, dass der Lakaie seines Vaters für seine Taten bezahlen musste - wie verschwindend gering sie auch sein mochte - erhellte sein sonst so schweres Gemüt zumindest ein wenig. Gern wäre er selbst derjenige gewesen, der dem Gefängnisaufseher seine gerechte Strafe beibrachte, doch in seiner Situation war er deshalb umso dankbarer dafür, dass ein anderer dazu bereit war, dieses Privileg zu übernehmen.
De Guzmán schien jedoch ebenso wenig wie er davon überzeugt zu sein, dass es zu dem gewünschten Duell kommen würde. Seine Worte zumindest drückten starke Zweifel daran aus. Im Gegensatz zu ihm selbst würde dem Leutnant dadurch jedoch nicht nur seine gewünschte Rache durch die Lappen gehen, denn der Dunkelhäutige hatte deutlich mehr zu verlieren als er selbst - seinen Posten, seine Karriere, vielleicht sogar sein Leben, das eigentlich noch nicht dem Tode geweiht sein sollte. All das war abhängig davon, wie Lowell auf die Provokation des Leutnants reagieren würde und dem De Guzmán mit einem Duell unter Umständen einen Riegel vorschieben konnte. Erneut wurde dem Gefangenen klar, was der Dunkelhäutige durch sein Verhalten an Deck riskiert hatte. Und umso mehr überraschte es ihn, dass er jetzt hier unten stand, mit ihm redete und ihn als Gleichwertigen behandelte - etwas, das seit Jahren niemand mehr getan hatte.
Noch unvorbereiteter traf ihn deshalb auch das Angebot, das der Leutnant nach kurzem Zögern aussprach. Der unvermittelte Vorschlag, seiner Tochter eine Nachricht von ihm zukommen zu lassen, trieb ihm die Tränen in die Augen - eine Reaktion, gegen die er sich vergeblich sträubte. Seit seiner Gefangennahme hatte er kein Wort mehr mit ihr gewechselt, sie nie mehr gesehen, denn Besuch war ihm in der Zelle auf Netara konsequent verwehrt worden. Er wusste nicht einmal, ob Kiara ebenfalls glaubte, dass er ihre Mutter ermordet hatte und die Ungewissheit darüber - oder vielmehr die Befürchtung, dass es sich so verhielt - hätte sein Herz gebrochen, wenn dies nicht schon längst geschehen wäre. Die Aussicht darauf, sich ihr erklären und ihr ein letztes Mal sagen zu können, wie sehr er sie liebte, bedeutete ihm in diesem Moment, Tage oder vielleicht Wochen vor seinem sicheren Tod, alles.
"Wenn Sie das tun würden, wäre ich Ihnen auf ewig dankbar", flüsterte er mit brüchiger Stimme und musste schlucken. Nicht, dass diese Worte in Anbetracht seiner geringen Lebenserwartung sonderlich viel bedeutet hätten, aber dennoch hatte er selten etwas so ernst gemeint. "Ich weiß nicht, womit ich die Ehre Ihrer Bekanntschaft verdient habe, aber das Wissen darum, dass es auf dieser Welt zumindest einen Mann gibt, der an meine Unschuld glaubt und das Geschenk, meiner Tochter ein paar letzte Worte mitteilen zu können, werden meinen Tod erträglicher machen."
Weil Samuel nach diesen Worten noch nicht das Gefühl hatte, seiner Dankbarkeit in ausreichendem Maße Ausdruck verliehen zu haben, blickte er sich verstohlen um, um sicherzugehen, dass sie nicht beobachtet wurden, und verneigte sich dann kurz entschlossen vor De Guzmán.
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