el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Lowells Ankündigung war einfach lächerlich. Aber hätte Enrique nicht so viel Adrenalin im Blut, er hätte vielleicht angefangen zu zweifeln und sich gefragt, wie weit Lowells Einfluss reichen mochte. Auf politischer Ebene mochte das durchaus sehr weit sein. So dachte er nicht einmal daran, dass sie bei der nächsten Übernahme in Netara wieder mit Lowell zu tun bekämen.
Das der Beamte tatsächlich, wenn auch mit ätzendem Tonfall, letztendlich doch noch anerkannte, dass es sich bei Enrique um einen Offizier handelte kam einem Sieg gleich und ließ den Leutnant grinsen. Auch dass er von seiner Forderung abließ zählte für ihn als solcher.
Aber so einfach würde Sir Gregory sich nicht geschlagen geben. Dass er nicht sofort Richtung Schanzkleid steuerte oder ins Boot abgelassen zu werden forderte war ein eindeutiges Zeichen. Und richtig: Konnte er über den einen nicht triumphieren, so vielleicht doch über den Anderen!
Vater? Tochter? Enrique hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Die unterschwellige Drohung im Tonfall des Gefängnisaufsehers war ihm aber nicht entgangen. Sie richtete sich vor allem gegen die Tochter, die Ansage bezüglich des Vaters schien eher dazu gedacht, den Verurteilten zu beschämen. Die Verwirrung mochte ihm vielleicht etwas den Wind aus den Segeln nehmen, aus anderen Gründen vergrößerte sie die Abscheu des Dunkelhäutigen wesentlich mehr. Er wollte Sir Lowell schon selber zum Fallreep expedieren, da kam Samuels Reaktion ihm einen Moment zuvor.
Der Beamte stand zu nah am Gefangenen, als dass dessen Ketten ihn hätte zu Fall bringen können, bevor er ihn erreichte. Keiner hatte damit gerechnet. Der Sergeant war einer der ersten, die reagierten und stürzte vor. Doch auch er konnte nicht verhindern, dass der Bärtige dem Adligen die Nase brach. Danach wurde der Gefangene gepackt, von seinem Opfer fortgerissen, erneut hart zu Boden gestoßen und festgehalten.
Gregory lag winselnd am Boden und machte zunächst keine Anstalten sich zu erheben.
Der Fähnrich sah verunsichert zwischen seinem Vorgesetzten und dem Bootsmann hin und her. Letzterer hielt in einfach fest und schüttelte den Kopf.
"Helfen sie mir hoch!", fiepste Lowell.
Zwei Soldaten wollten der Aufforderung nachkommen aber eine knappe Handbewegung des 2. Leutnants hielt sie zurück. Langsam setzte sich dieser in Bewegung und ging neben ihm in die Hocke und flüsterte:
"Leute wie sie haben hier an Bord keine Hilfe zu erwarten. Die einzige, die ich ihnen liebend gerne zukommen lassen würde wäre sie eigenhändig über Bord zu werfen. Und jetzt verlassen sie mein Schiff!"
Samuels Haltung ließ ihm zwar fast keine Bewegungsfreiheit und er hatte auch nicht gehört, was Enrique gesprochen hatte, den ungläubigen Blick des Ziels seiner Wut konnte er aber wunderbar sehen, als der Offizier sich erhob und einen Schritt zurücktrat.
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Dass er innerhalb kürzester Zeit von seinem Opfer heruntergerissen und erneut unsanft auf den Boden gedrückt wurde, kümmerte ihn nicht mehr, ebenso wenig wie sein nun umso heftiger schmerzender Kopf oder die Wunde an der Stirn, die sich bei ihrem erneuten Kontakt mit den Planken auftat. Seinem ebenso spontanen wie kurzen Wutausbruch folgte wieder die unendliche Leere, an die er sich in den letzten Jahren bereits gewöhnt hatte. Lowell hatte ihn mit seiner Drohung so sehr gereizt, dass er so deutliche Emotionen gespürt hatte wie schon lange nicht mehr und letztendlich war der Angriff auf den Helfer seines Vaters nichts anderes gewesen als die Möglichkeit, den Hass und Schmerz zumindest ein einziges Mal an jemand anderem auszulassen als an ihm selbst. Seine Situation - die Vergangenheit - änderte aber auch das nicht, wie Samuel angesichts des erbärmlichen Anblicks des winselnden Lowells schmerzlich bewusst wurde. Die Schmerzen und die Demütigung des Gefängnisaufsehers brachten ihm nur einen Bruchteil der Befriedigung, die er sich erhofft hatte, denn ein einziger unangenehmer Abend im Leben seines Vaters und Lowells waren in keinem Fall eine Kompensation für das, was er hatte durchleben müssen und schon gar nicht für das Leben seiner Frau.
Dazu kam, dass Samuel durchaus wusste, was ihm nun blühte. Er war ein zum Tode verurteilter Gefangener, ein Geächteter, der soeben einen Beamten angegriffen hatte. Hatte der Offizier bisher noch nicht mit dem Gedanken gespielt, ihn für sein Verhalten zu bestrafen, würde er nun mit Sicherheit gar keine andere Wahl mehr haben, wenn er es sich nicht mit einigen mächtigen Persönlichkeiten Netaras verscherzen und damit unter Umständen gar seinen Vorgesetzten schaden wollte. Der Bärtige bezweifelte zwar, dass jemand auf diesem Schiff die Befugnis hatte, die Todesstrafe vorzuziehen, aber er würde mit Sicherheit ausgepeitscht werden und sich einer sehr unangenehmen Überfahrt nach Esmacil gegenübersehen. In diesem Bewusstsein überraschte ihn die Reaktion des Offiziers enorm, auch wenn dieser offensichtlich keinen Funken Sympathie für Lowell empfand. Der Aufforderung, dem Gefängnisaufseher aufzuhelfen, kam er zumindest nicht nach, sondern hockte sich dicht neben ihn und flüsterte ihm einige Worte in die Ohren, die der Bärtige in seiner Position unmöglich verstehen konnte. Nicht, dass es besonders wichtig gewesen wäre - die Reaktion Lowells sprach Bände. Seine schmerzverzerrte Miene nahm einen Ausdruck reinen Unglaubens und schierer Entrüstung an und für einen Moment schien er seine Schmerzen zu vergessen. Mühsam rappelte er sich auf, nachdem der Dunkelhäutige sich ein wenig von ihm entfernt hatte, und blickte sich mit verletztem Stolz um, richtete seine Augen erst auf den Offizier, dann auf einzelne Mitglieder seiner Mannschaft, die allesamt keine Anstalten machten, ihm ohne einen entsprechenden Befehl ihres Vorgesetzten irgendeine Art von Hilfe zukommen zu lassen. Daraufhin nahm er, so gut es ihm in seinem Zustand möglich war, Haltung an - wobei er angesichts seiner gebrochenen Nase, aus der nach wie vor Blut floss, keinen sonderlich ehrfurchtgebietenden Anblick darstellte - und wandte sich der Konstruktion zu, die ihn vor einigen Minuten an Bord gebracht hatte. Als ihm jedoch klar wurde, dass ihm dieser Weg diesmal nicht offen stand, fügte er sich in sein Schicksal und ging auf das Fallreep zu. Die Widerworte und die Hochnäsigkeit waren ihm anscheinend vergangen, doch bevor er das Schiff verließ, warf er Samuel einen letzten vernichtenden Blick zu, der ein unausgesprochenes Versprechen bedeutete. Der Bärtige, in seiner Situation kaum zu einer Bewegung fähig, versuchte, einen möglichst drohenden Blick zurückzuwerfen, doch selbstverständlich wussten beide, dass er keine Möglichkeit mehr haben würde, Lowell ein weiteres Haar zu krümmen. Dann verschwand der Kopf des verhassten Mannes hinter der Leitplanke.
Samuel indes wandte seinen Kopf, so gut es möglich war, dem Offizier zu, der Lowell anscheinend ein paar unschöne letzte Worte mit auf den Weg gegeben hatte. Zwar konnte er ihn nur aus den Augenwinkeln anschauen, weil die Soldaten mittlerweile sehr darauf bedacht waren, seine Bewegungsmöglichkeiten auf das Atmen zu beschränken, doch viel wichtiger war ohnehin, dass seine Aufpasser ihm nicht so sehr auf die Lunge drückten, dass er nicht mehr hätte reden können.
"Ich entschuldige mich aufrichtig für die Unannehmlichkeiten, die ich Ihnen bereitet habe, Sir", sagte er gepresst, weil das Gewicht des Soldaten, der ihn auf dem Boden hielt, ihm das Sprechen doch deutlich erschwerte. "Ganz gleich, welche Strafe mich erwartet und auch wenn Ihnen das mit Sicherheit nicht viel bedeutet, seien Sie sich meines Dankes gewiss."
Er erwartete keine Antwort. Stattdessen schloss er die Augen und atmete tief durch. Auf die ein oder andere Weise hatte er nun, nach Lowells Abgang, wahrscheinlich die volle Aufmerksamkeit des Offiziers, solange dieser nicht beschloss, ihn gepflegt zu ignorieren.
el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Das Verlangen seinen Worten Taten folgen zu lassen ließ sich kaum kontrollieren. Enrique juckten förmlich die Finger. Dennoch wartete er Sir Lowells Reaktion ab.
Dieser erhob sich schwankend. Das Gesicht inzwischen kalkweiß, die Wangen gerötet, zeigte, dass er sich nur noch über Willenskraft auf den Füßen hielt, die Augen immer noch ungläubig und entsetzt aufgerissen stierte er wütend zwischen den Umstehenden hin und her.
Der Großteil der Besatzung schwankte zwischen Neutralität, Genugtuung, Amüsiertheit und offener Verachtung. Einige wanten sich bereits wieder ihrer Arbeit zu. Nur wenige schienen mit der Entscheidung ihres Offiziers unzufrieden zu sein oder es als ihre Pflicht zu erachten. Der Leutnant machte mit einer Handbewegung erneut klar, dass ihm nicht zu helfen war.
Fähnrich Peter Gaskel gehörte eindeutig zu ihnen. Das sah Enrique ihm an. Er war noch zu jung, ließ sich noch zu sehr von Titeln blenden und bemühte sich allen Höhergestellten zu gefallen. Wäre es nach ihm gegangen, hätte Enrique sich an Harpers Anweisungen gehalten und wahrscheinlich Lowell jeden Wunsch erfüllt. Genau das würde er dem Kapitän auch sagen.
Der würde Gaskel beipflichten und das seinem Offizier vorhalten. Immerhin ginge es hier lediglich um das Wohlbefinden eines Mörders.
Wenn interessierte es, dass Enrique das anders sah, dass damit Harpers Autorität untergraben worden wäre? Dass es Grenzen geben musste, die die Marine nicht zulassen durfte, dass sie übertreten wurden?
Der Kapitän würde vom kleineren Übel reden, von Unterstützung die wegfallen würde und und und. Außerdem würde er sich in Enriques Namen entschuldigen und Lowell zusichern, dass der Verurteilte seine gerechte Strafe erhalten würde. Dazu sah dieser alte Narr sich gezwungen.
Und die Strafe würde der Bärtige auch bekommen. Dafür würde Harper sorgen, ebenso wie dafür, dass auch Der Dunkelhäutige bestraft würde. Wie bliebe abzuwarten.
Der Leutnant betrachtete Gaskel mit verschlossener Miene. Wahrscheinlich würde er über das Anbiedern Einfluss gewinnen, mächtige Freunde würden ihm bei seiner Karriere helfen und letzten Endes würde damit eine Politische Marionette irgendwann in den höchsten Rängen der Marine sitzen. Enrique waren diese Machtspielchen zu wieder. Ebensoschnell, wie die Euphorie über ihn gekommen war, verließ sie ihn wieder. Er hatte gewonnen, aber was hatte es ihm gebracht?
Der Gefängnisvorsteher stolperte derweil zur Lücke in der Verschanzung, versuchte noch einmal den Bärtigen einzuschüchtern und machte sich ungeschickt daran hinabzusteigen. Hoffentlich würde er es ins Boot schaffen, falls nicht würden die Bootsleute ihn hoffentlich schnell aus dem Wasser ziehen oder er konnte schwimmen. Lust ihn retten zu lassen, was er andernfalls müsste, hatte der Leutnant jedenfalls nicht.
Samuels Worte fielen in die scheinbare Stille. 'Er entschuldigt sich?', fragte Enrique sich, wusste aber, dass er die Sätze gehört hatte, denn auch andere sahen überrascht zu dem Gefangenen herab. 'Was denkt er, was ich darauf antworten kann? Keine Ursache? Immerhin war es mir recht?' Jegliche Zustimmung musste als Verbrüderung gesehen werden, als Absegnung von Samuels Taten. 'Ihn beschimpfen und schlagen wie dieser Fettwanst? Dann hätte ich dem auch gleich freie Hand geben können.' Es ging ihm gegen den Strich, Dank und Entschuldigung nur weil es erwartet wurde abzuweisen. Nichts davon durchdrang die steinerne Miene, das Gesicht eben noch voller Emotionen wirkte maskenhaft, beinahe tot.
"Bringt den Mann unter Deck", befahl er hart, griff das Tintenfass und steuerte nach achtern. Bloß von Deck, bevor Lowell stürzte.
"Aye, Sir!", bellte der Unteroffizier und ließ den Verurteilten von zwei seiner Soldaten auf die Füße zerren. Hier behielt Samuel recht: Sie gaben ihm zwar nicht die Neunschwänzige zu spüren, dennoch ließen sie ihre Abscheu und Verachtung an ihm aus, bis er unsanft auf den Boden einer Zelle krachte.
***
Einige Stunden später hatte Enrique die Buchführung erledigt und so ziemlich jedes hässliche Szenario, das ihm hieraus erwachsen könnte im Kopf durchgespielt.
Hätte der Kapitän hinter ihm gestanden, so hätte er wenig zu befürchten gehabt. Immerhin hatte er Lowell nicht angegriffen auch wenn der das gänzlich anders darstellen würde. Mit Sicherheit würde er behaupten, er habe den Gefangenen absichtlich auf ihn losgehen lassen.
Immerhin konnte er bis Esmacil nur schwer auf den Leutnant verzichten, ab da stand seine Zukunft dann auf einen anderen Blatt.
Mühsam schüttelte er die Gedanken ab. Dafür hatte er jetzt keine Zeit. Etwas anderes ließ ihm ebenfalls keine Ruhe und wenn er dem nachgehen wollte, dann musste er das tun, bevor Harper zurück war.
Dieser Mörder verhielt sich seltsam. Er wirkte apathisch, fügte sich in Anweisungen und war alles andere als selbstgefällig oder gleichgültig anderen gegenüber. Er war nicht mal kaltblütig genug, eine Drohung in Richtung seiner Tochter einfach abblitzen zu lassen.
So jemand tötete nicht berechnend, zog Leuten die Haut ab und prahlte damit.
Er mochte vielleicht seine Frau erschlagen haben, aus einem Anflug von Zorn, er mochte sie vielleicht auch hassen, aber das was er damit zerstört hatte, war ihm immer noch wichtig: Seine Familie, Korrektur, seine Tochter.
Seinem Vater, der, wenn Enrique das richtig mitbekommen hatte, der oberste Richter Netaras war, stand er nicht wohlgesonnen gegenüber.
Und Lowell musste mit dem Richter in engem Kontakt stehen, daran gab es keinen Zweifel.
Dazu kam die gepflegte Ausdrucksweise und die Leichtigkeit, mit der er Lowells wunden Punkt traf. Der Leutnant hatte keine Ahnung, wie lange Samuel in Netara festgesessen hatte und letzteres mochte auch darauf basieren, dass sie sich länger kannten, doch diese Überlegungen stellte ihn nicht zufrieden. Dieser Mann war nicht dumm. Er hatte Bildung genossen und sozialen Umgang gelernt. Das passte nicht in das Bild, was die Geschichten über ihn inszenierten.
Gegen diese Überlegung sprach das Leuchten in den Augen des Gefangenen als er Sir Lowell drohte und bespuckte. Im Gegensatz zum Einschüchtern der Mannschaft schien das nicht nur Mittel zum Zweck gewesen zu sein. Lag dieser Hass einfach nur dicht unter der Oberfläche verborgen? Richtete er sich nur gegen Lowell oder auch gegen Andere? Hätte er weiter gemacht, hätten sie ihn gelassen? Warum sollte ein Familienvater das tun? Fragen über Fragen. Und die Antworten? Er hatte da so ein paar Theorien...
Der Bärtige saß alleine in einer Zelle, die anderen Gefangenen hatten sich in ihren soweit als möglich von ihm zurückgezogen, spätestens als einer der anderen von Netara, die vor Samuel verladen worden waren, ihnen erzählt hatte, wer da frisch unter ihnen gelandet war.
Es war eine geraume Weile vergangen und trotzdem hatte man ihm keine Bestrafung angedeihen lassen. Es gab nicht mal Anzeichen dafür, dass sein Handeln wirklich Folgen haben sollte. Abgesehen von der rauhen Behandlung und einigen leeren Drohungen war ihm nichts passiert. Die Sache, dass er später die Peitsche zu spüren bekommen sollte war noch am glaubhaftesten, aber warum ließen sie sich so viel Zeit?
Schritte knarzten die schmale Stiege zum Gefangenendeck herunter. Der wachhabende Marinesoldat schnellte auf die Füße, wechselte einige Worte mit dem Anderen und salutierte überrascht. Dann verschwand er nach oben und ließ Enrique allein zurück, der kurz darauf in das Licht der Bordlampe trat und die Zellen abzusuchen schien. Langsam schritt er den Gang hinunter bis er vor Samuel stehen blieb und ihn lange überlegend betrachtete.
"Eigentlich müsste ich mich bei ihnen bedanken", sprach er so leise, dass sogar Samuel sich anstrengen musste ihn zu verstehen.
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Eine gewisse Enttäuschung stellte sich angesichts der Antwort - oder vielmehr der Abwesenheit einer solchen - des Offiziers durchaus ein, auch wenn Samuel im Grunde nichts anderes erwartet hatte. Sein Dank zumindest schien einfach an dem Befehlshaber abzuperlen, der ihn keines Blickes mehr würdigte und stattdessen den schlichten Befehl gab, ihn nun endlich in seine Zelle zu bringen. Während er auf die Beine gezerrt und in Richtung Frachtraum geschleppt wurde, warf er dem Dunkelhäutigen einen letzten Blick zu und versuchte, dessen Reaktion einzuordnen. Dessen Verhalten während seiner Auseinandersetzung mit Lowell schien darauf hinzudeuten, dass er ihm nicht grundsätzlich feindlich gesonnen war, denn ansonsten hätte er sowohl seine verbalen als auch körperlichen Entgleisungen viel früher unterbunden. Dies mochte allerdings genauso gut damit zusammenhängen, dass Lowell ihm anscheinend mehr als unsympathisch gewesen war und nun, da der Beamte von Bord gegangen war, schien auch das Interesse an dem Gefangenen erloschen. Sicherlich hätte der Offizier es sich niemals erlauben können, vor versammelter Mannschaft seinen Dank anzunehmen und ihn dadurch gewissermaßen als gleichwertige Person anzunehmen, doch er hatte es augenscheinlich nicht einmal für nötig gehalten, ihm irgendeine Reaktion zukommen zu lassen. Das konnte für Samuel sowohl Gutes als auch Schlechtes bedeuten - Gutes, weil das Interesse an einer besonders harten Bestrafung dadurch vielleicht geringer ausfiel oder Schlechtes, weil die völlige Emotionslosigkeit des Offiziers dafür sorgen konnte, dass das vom Kapitän angeordnete, zweifelsohne hohe Strafmaß ohne viel Federlesens durchgeführt werden würde.
Als Samuel in die Brig geworfen wurde, fielen ihm zwei Dinge auf: Zum einen, und das verbesserte seine Situation zumindest ein wenig, war er für den Moment in einer Einzelzelle gelandet und würde sich darum hoffentlich nicht mit den anderen Gefangenen auseinandersetzen müssen. Zum anderen schienen die weiteren unfreiwilligen Reisenden bereits von ihm gehört zu haben, wie das gedämpfte aufgeregte Murmeln vermuten ließ, das bei seiner Ankunft aufkam und schnell verstummte, als er den Kriminellen einen düsteren Blick zuwarf. In einer benachbarten Zelle erkannte er die angsterfüllten Gesichter zweier Netarer, mit denen er sich in den letzten Tagen das Gefängnis geteilt und denen er seine Geschichte besonders ausgeschmückt erzählt hatte. Zumindest auf deren Bedürfnis, das Gehörte so schnell und oft wie möglich weiterzuplappern, hatte er sich also verlassen können.
In den folgenden Stunden schnappte der Bärtige eine Gesprächsfetzen auf, die dem soeben Erlebten ein wenig Form verpassten. Besonderes interessierten ihn daran Informationen zu dem Offizier, der anscheinend auf den Namen De Guzmán hörte und zweiter Leutnant auf der Morgenwind war. Ein Vorname fiel zwar nicht, aber eine bisweilen mürrische Laune des Dunkelhäutigen war wohl einigen der Anwesenden aufgefallen. Die meisten von ihnen waren sich einig, dass es sich dabei um einen typischen Drecksack in Diensten der Marine handelte und drei von ihnen verbrachten eine gute halbe Stunde damit, sich auszumalen, was sie alles mit seiner Mutter anstellen würden, nachdem sie die Haftstrafe in Esmacil abgebüßt hätten. Anscheinend handelte es sich bei den meisten der Gefangenen um Kleinkriminelle, die wegen einer zu großen Anzahl an Bagatelldelikten festgenommen worden waren und lediglich einige Wochen oder Monate, vielleicht ein oder zwei Jahre im Gefängnis verbringen würden, für die auf ihren jeweiligen Heimatinseln jedoch nicht genug Platz war. Das erklärte auch, warum sie eine derartige Angst vor ihm hatten - eine Tat wie die seine war ihnen trotz ihrer Existenz auf der falschen Seite des Gesetzes vollkommen fremd.
Nach einiger Zeit verstummten die Gespräche und Samuel, der es sich so gut, wie es mit gefesselten Handgelenken eben ging, an der leicht schwankenden Wand des Schiffes bequem gemacht hatte, ging in eine Art Halbschlaf über. Düstere Gedanken vernebelte ihm die Sinne und sorgten dafür, dass die Teilnahmslosigkeit und Depression, die in den letzten Jahren seine ständigen Begleiter geworden waren, mit gewohnter Macht zurückkehrten. Aus diesem Grund bemerkte er De Guzmán erst, als dieser bereits einige Zeit vor seiner Zelle gestanden hatte. Das Interesse des zweiten Leutnants an ihm war anscheinend doch nicht verloschen - doch bevor Samuel sich fragen konnte, was ihm diese unerwarteten Besuch bescherte, flüsterte dieser ihm bereits einige Worte zu, die derart leise waren, dass er einige Sekunden brauchte, um sie zu erfassen. Der Inhalt jedoch war eindeutig - er hatte sich soeben bei ihm bedankt. Stirnrunzelnd richtete Samuel sich auf und machte zwei Schritte auf die Zellentür zu, vor der De Guzmán stand. Er war sich nicht sicher, ob die Worte seines Gegenübers aufrichtig gesprochen waren oder dieser sich nur über ihn lustig machte - doch solch ein Verhalten entsprach nicht dem, was er an Deck gesehen und von den anderen Gefangenen gehört hatte.
"Bei mir?" Ungläubig blickte er den Leutnant durch die Zellentür hindurch an. "Ich kann mir vorstellen, dass ich Ihnen einige Probleme bereitet habe. Aus welchem Grund sollten Sie sich dafür bedanken wollen?"
Die Worte waren ebenso flüsternd gesprochen wie die De Guzmáns. Zwar schienen die Gefangenen in den angrenzenden Zellen tief und fest zu schlafen, doch Samuel hatte das eindeutige Gefühl, dass der Inhalt dieses Gesprächs für niemandes Ohren bestimmt sein würde als die ihren.
el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Um ihn herum atmete das Schiff, schnarchten und stöhnten die Gefangenen. Auch Samuel hing in einer Ecke und sah aus, als ob er schliefe. Kurz darauf bewegte er sich unruhig und der Eindruck erhärtete sich, dass er nicht schlief, sondern nur döste. Seine Nachtruhe war also auch nicht die eines Kindes. Zum Glück wurde der Bärtige von einem lauterem Krachen im Gebälk richtig wach, so dass Enrique ihn nicht wecken musste. Darauf hatte er gehofft und als es passierte seine Aussage getätigt.
Als der Gefangene realisierte, was sein Gegenüber gesagt hatte, wurde er noch munterer, trat schließlich dicht an die Gitter. Erneut musterte der Leutnant ihn eingehend: Sorgenfalten, dunkle Augenringe, gequälter Gesichtsausdruck, blasse Haut unter dem Schmutz, nein, dieser Mann schlief nicht gut. Und dann kein 'Bitte, gern geschehen!', 'Ich könnte noch viel mehr für sie tun' oder gar der Versuch eines Angriffs. Nicht mal Arroganz, nur schlichte Verwunderung.
Wahlloses Töten lag ihm nicht im Blut, wenn dann eher jäher Zorn. Falls überhaupt. Welche Ähnlichkeit.
"Weniger als sie vielleicht glauben." Der Dunkelhäutige lächelte leicht aber kalt. "Schlimmer wird das sein, was dieser arrogante Bastard daraus konstruieren wird. Und etwas daraus konstruiert hätte er so oder so. Das kenne ich schon, es ist nicht das erste Mal, dass ich mit Lowell zu tun hatte oder seine Art ertragen musste. Sie glauben gar nicht, wie gerne ich selber Hand an diesen vermaledeiten Tyrannen gelegt hätte." Wie weit sollte er gehen? Bei der Wahrheit bleiben? Würde das reichen? Erneut spielte er die Möglichkeiten im Hinterkopf durch. Er entschied sich für die unterschwellig aggressive Variante. Mehr durchsickern lassen könnte er dann immer noch, zurücknehmen nicht.
"So musste ich nicht einmal einen Finger rühren. Trotzdem wird er sich auf mich einschießen, so als hätte ich sie auf ihn gehetzt. Das aber wird nichts sein im vergleich zu dem, was er daraus gemacht hätte, hätten sie mich nicht davon abgehalten ihn eigenhändig vom Schiff zu werfen. Sie sehen also, ich bin ihnen zu Dank verpflichtet."
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Samuel wusste nicht, wie lange der Leutnant sich bereits vor seiner Zelle aufhielt, doch dessen Interesse an ihm war nun eindeutig erkennbar. Nachdem er aufgestanden und auf ihn zugegangen war, entwickelte sich zunächst einmal eine Pause, in der De Guzmán nichts tat als ihn prüfend anzublicken. Noch war sich der Bärtige nicht sicher, welche Intention dahinter steckte, ob nicht vielleicht doch einfach nur die Bestrafung für sein Fehlverhalten näher rückte und der Dunkelhäutige herausfinden wollte, womit er ihm am besten schaden, wie er ihm am effektivsten wehtun könnte. Irgendetwas an der Körpersprache seines Gegenüber sagte ihm jedoch, dass dies nicht der Fall, sondern das Interesse von ehrlicher Natur war. Für ihn selbst hatte das wahrscheinlich keine weiteren Auswirkungen abgesehen von einer Plauderei mit einem Menschen, der mit ihm eigentlich nichts zu tun haben sollte, aber das Verhalten des Leutnants während des Konfliktes mit Lowell war mehr als ausreichend gewesen, um auch Samuels Interesse geweckt zu haben.
Der Gefangene schnaubte spöttisch, als De Guzmán den Gefängnisaufseher direkt ins Gespräch brachte. Das klang ganz nach diesem schmierigen Opportunisten. Es machte den Leutnant noch ein Stück sympathischer, dass dieser bereits in der Vergangenheit Probleme mit Lowell gehabt hatte und seine Andeutung, dass er diesen ohne Samuels Attacke über Bord geworfen hätte, zeigte ihm umso deutlicher, dass er hier ganz eindeutig keinen typischen Offizier der Marine vor sich hatte, der zugunsten seiner Karriere bereitwillig sowohl Moral als auch Persönlichkeit opferte.
"Lowell ist ein Nichts und seine Ausschreitungen sind wohlbekannt. Sie haben allerdings das Glück, dass er dem obersten Richter Netaras unterstellt ist, und da ich in diesen Fall involviert bin, wird er ihn wahrscheinlich nicht einfach auf sich beruhen lassen." Er schüttelte resignierend den Kopf. "Und auch das wird wenig mit Ihnen zu tun haben und mehr damit, dass mir selbst der Tod noch so unangenehm wie möglich gestaltet werden soll."
Er betrachtete den Offizier skeptisch und zuckte dann mit den Schultern. "Danken sollten Sie mir also erst dann, wenn ich am Galgen hänge, denn dann wird dieses Kapitel sicherlich abgeschlossen sein. Leider werde ich Sie dann nicht mehr hören." Ein süffisantes Grinsen entstand kurz auf seinen Lippen, verschwand jedoch schnell wieder angesichts dieser wenig erheiternden Aussicht.
el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
"Ein Nichts? Dann reicht sein Einfluss nur so weit, dass er nicht seines Amtes enthoben wird und den Rest erledigt der oberste Richter für ihn? Nein, er hat durchaus auch eigene Anhänger und Verbündete. Das der oberste Richter da mit drin hängt, das dürfte die Sache dieses Mal allerdings verschärfen. Aber das zu wissen hätte nichts geändert, auch damit muss ich leben." Enriques Blick drückte ein leichtes Bedauern aus, so als würde das einfach nur noch etwas mehr Gewicht an die Ketten hängen, die man ihm bald anlegen würde.
"Und ich gehe nicht davon aus, dass dieser Hund von mir ablassen wird, wenn sie tot sind. Der Richter mag das so sehen aber nicht Lowell. Ich habe ihm wiederholt klar gemacht, dass er mir gegenüber mit seinen Spielchen nicht durchkommt. Nie durchkommen wird. Und das vor Zeugen. Er kann das nicht ignorieren oder vergessen und wird erst ruhen, wenn er alles in seiner Macht stehende getan hat um mich zu brechen. Am liebsten wäre es ihm, wenn er mich in sein Gefängnis bekäme. Glauben sie er hätte mich sonst so behandelt? Er versucht es immer wieder." Wut schwang in dieser Ausführung mit, die jetzt durch Verbitterung abgelöst wurde:
"Und sie sagen es selbst: Am Ende werden sie mich nicht mehr hören können. Ich werde nicht noch einmal den Fehler machen, etwas, was mir wichtig ist, solange vor mir her zu schieben bis es zu spät ist. Es war mir schon zuwider, sie da oben an Deck ohne eine Antwort hängen zu lassen. Genau so wie es mir zuwider ist, dass Lowell nur mit einer gebrochenen Nase davonkommt." Einen Moment suchte er nach Worten und fragte sich zugleich, warum er dem Bärtigen das alles erzählte. Vertraute er ihm? Lag es daran, dass er hier tatsächlich einen Zuhörer hatte? Oder daran, dass der Verurteilte es eh bald mit ins Grab nehmen, es also niemand außer ihm erfahren würde? Oder musste es einfach nur raus?
"Davon ab: Warum ist Lowell so daran interessiert ihnen das bisschen was sie noch zu leben haben zur Hölle zu machen? Und wieso hat er Rückendeckung durch ihren Vater?"
Bei der letzten Frage sah er dem Gefangenen direkt in die Augen.
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Der Redeschwall des Leutnants - anders konnte man dessen Ausführungen wohl kaum betiteln - traf Samuel mehr als unvorbereitet. Seine Augenbrauen hoben sich verwundert, als De Guzmán damit begann, einen Teil seiner gemeinsamen Geschichte mit Lowell vor ihm offenzulegen. Doch nicht nur das, was er über das Ende des Vorfalls an Deck des Schiffes zu sagen hatte, kam einer Sympathiebekundung gleich, mit der der Gefangene trotz der offensichtlichen Dankbarkeit seines Gegenübers niemals gerechnet hätte. All diese neuen Informationen rückten das Geschehene in ein völlig neues Licht. Der Leutnant hatte mehr als bewusst mit seiner Zukunft gespielt, als er Lowell derart respektlos behandelt hatte. Dieser war so etwas zwar zweifelsohne gewohnt, doch in Anbetracht ihrer Bekanntschaft hatte ein solches Verhalten wesentlich mehr Gewicht. De Guzmán hatte seinen Posten, vielleicht sogar mehr, aufs Spiel gesetzt, als er ihn hatte gewähren lassen. Die Frage war nur, wieso? Nur, um Lowell eins auszuwischen? Das kam ihm reichlich unwahrscheinlich vor - außer natürlich, der Leutnant war ohnehin kein großer Anhänger seines eigenen Postens.
Als De Guzmán schließlich auf seinen Vater zu sprechen kam, verzogen Samuels Augen sich unweigerlich zu schmalen Schlitzen. Zögernd blickte er seinem Gegenüber in die Augen und fragte sich, ob er seine Maskerade ihm gegenüber aufgeben sollte. Grundsätzlich hatte er es vor langer Zeit aufgegeben, die wahre Geschichte über seine Festnahme erzählen zu wollen, weil ihm ohnehin niemand geglaubt hatte. Hier hatte er nun jedoch einen Mann vor sich, der nur allzu gut über die Niedertracht Lowells Bescheid wusste und vielleicht in der Lage wäre, diese Charaktereigenschaft auch auf seinen Vater zu projizieren. Im schlimmsten Fall würde auch er ihn für einen Lügner halten, die Brig wieder verlassen und nie wieder ein Wort mit ihm sprechen - doch das Risiko war es allemal wert. Zunächst jedoch wollte er erfahren, was genau der Dunkelhäutige bisher über ihn erfahren hatte.
"Leutnant, was genau wurde Ihnen über meine Tat berichtet?" Er hielt einen Moment inne und fügte dann noch eine Erklärung für diese im Grunde genommen überflüssige Frage hinzu. "Ich frage deshalb, weil es verschiedene Versionen darüber gibt und ich gespannt bin, welche davon Ihnen zu Ohren gekommen sind."
el tránsfuga
Enrique de Guzmán ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 48 Streifzügen in 21 Tavernen.
Habseligkeiten
Säbel, mehrere Messer, kleiner Kompass, Taschenuhr, Geld, kleine Puppe aus Holzperlen und Muscheln, (Steinschlosspistole, Sextant, Abenteuerroman, Brief, Dokumente, Pin, Samtbeutel mit Perlenkette)
Körperliche Verfassung
Die linke Schulter ist nach wie vor steif und sein Griff mit der Linken schwächer als gewohnt. Das wird nicht nur die nächsten paar Tage so sein, dazu war die Wunde zu tief.
Wegen der Ereignisse auf Mîlui und danach ist er in ruhigen Momenten etwas ablenkbarer, nicht ganz so aufmerksam und schnell wie sonst. Und allgemein schneller erschöpft.
Die Schatten bewegten sich im trägen Gleichmaß des Schwanken des Schiffes und ließen die der Gitterstäbe über Samuels Gesicht hin und her wandern. Auf diesem war Überraschung und Verwirrung zu lesen. Es hätte ein Spiegel Enriques sein können, wenn dieser seine eigenen Emotionen gezeigt hätte. So aber nahm seine Mimik wieder die kühle Distanziertheit an, die er in den letzten Jahren perfektioniert hatte.
Er hatte mit einer Reaktion gerechnet und der Anflug von Wut war auch gekommen, dann aber hatte der Bärtige gezögert ihm in die Augen zu sehen. Der Leutnant hatte mit vielem gerechnet aber nicht damit. Warum? Aus Angst, etwas darin zu finden, was er nicht sehen wollte? Hatte er etwas verbergen wollen? Oder war ihm etwas aufgegangen und er hatte bloß einen Moment gebraucht, um sich darüber klar zu werden, was er davon halten solle?
Auf jeden Fall war der oberste Richter ein heikles Thema. Samuels Vater war also nicht nur an der Verurteilung, sondern an der ganzen Misere beteiligt. Und wenn Lowell da noch mit drin hing, dann roch das nach einer regelrechten Verschwörung. Aber was hätte der oberste Richter davon seinen Sohn zu vernichten? Oder gab es jemand anderen, der sich was davon versprach, Vater und Sohn zu entzweien?
Der Gefangene maß ihn mit unsicherem Blick, rang sich dann eine Entscheidung ab und fixierte ihn erneut ehe er seine Frage stellte.
Einen Moment überlegte der Leutnant, entschied sich dann, ihm den Gefallen zu tun und antwortete. Sein Ton war sachlich, zunächst mit einer Spur Verachtung:
"Die Frage: 'Welche nicht?' ließe sich wahrscheinlich einfacher beantworten. Die Erzählungen reichen von einem Mord bis zur Ausrottung eines ganzen Dorfes, von Köpfen über Leichenschändung bis hin zu Haut bei lebendigen Leibe abziehen, von kalt und präzise zuschlagen bis hin zu wild randalierend. Ein völlig wahnsinniger Killer ohne jeglichen Mitgefühl. Mehr oder weniger ausgeschmückt, je nach dem, von wem und wo man sie sich erzählen lässt. Typisches Kneipengewäsch."
Während der gesamten Ausführung beobachtete er Samuel, suchte nach einem Hinweis, der diese Sache ins rechte Licht rücken würde.
"Im Bericht steht eine Tote, geköpft und verstümmelt, und ein Angriff auf einen Würdenträger, der das gleiche Schicksal erlitten hätte, hätte die Stadtwache sie nicht daran gehindert. Die Tat wird als grausam, kaltblütig und berechnend beschrieben, der Täter bei Aufgreifung als renitent, uneinsichtig und noch wie im Rausche, später Arrogant, pralerisch mit der Grausamkeit seiner Tat beschrieben, und dass er damit drohe, die gleiche Behandlung jedem angedeihen zu lassen, den er in die Finger bekomme."
Am liebsten wäre er jetzt auf und ab gelaufen, aber er hätte lauter sprechen müssen und dass, oder die Schritte hätte wahrscheinlich den einen oder anderen geweckt, so schloss er kurz die Augen und Atmete tief durch. Danach klang seine Stimme neutral, so als hätte er etwas Unangenehmes hinter sich gebracht.
Die letzten Worte hatte er lediglich betonen wollen wurden aber zu einer Herausforderung.
"Ich denke das umfasst so ziemlich das wichtigste. Viel interessanter wären aber wohl die Fragen, was ich davon halte und warum ich hier bei ihnen in der Brig stehe.
Zum einen halte ich rein gar nichts von solchen Geschichten, sie mögen unterhaltsam sein, wenn man auf makaber steht aber der Wahrheitsgehalt ist eher gering und ich glaube keinem zahnlosen Seufer, dessen Geschichte immer toller wird, je mehr billigen Fusel er bekommt, zum anderen will ich mich vielleicht nur kurz mit jemandem unterhalten und sie haben meine Interesse geweckt. Die Geschichten haben nämlich einen Schwachpunkt: Meine Beobachtungen decken sich nicht mit ihnen. Sie mögen ihre Frau aus dem Affekt heraus erschlagen haben aber sie sind eindeutig kein Henker Herr Richter."
Samuel Zaedyn ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Habseligkeiten
Körperliche Verfassung
Der Anflug eines müden Lächelns stahl sich auf Samuels Gesicht, als er den ersten Ausführungen des Leutnants lauschte. Dieser gab detailgetreu wieder, wie er sich seinen Mitgefangenen gegenüber präsentiert und welche Geschichten er ihnen aufgetischt hatte, um Respekt und Furcht in ihnen hervorzurufen. Wahrscheinlich war, dass die Besatzung des Schiffes entweder im Hafen Gerüchte aufgeschnappt und an ihren Vorgesetzten weitergeleitet hatte oder dass die anderen Gefangenen von Netara, die es in die Brig der Morgenwind geschafft hatten, bereits eifrig geplaudert hatten. Genau so schnell, wie das Lächeln gekommen war, verschwand es allerdings auch wieder, als De Guzmán beschrieb, was tatsächlich geschehen war - oder eher die offizielle Version dessen wiedergab. Für einen Moment blitzte die Trauer über seinen Verlust in seinen Augen auf, ehe er angesichts der Worte des Leutnants die Stirn runzelte. Anscheinend hatte sein Vater nicht gezögert, den Bericht zusätzlich manipulieren zu lassen, denn der Angriff auf einen Würdenträger und die Beschreibung seines Verhaltens bei der Festnahme waren frei erfunden. Sein Vater hatte wohl ein realistischeres Bild des gesamten Tathergangs zeichnen wollen, auch wenn der Mord allein natürlich problemlos für ein Todesurteil ausgereicht hätte, und dafür sicher einige Ordnungshüter bestechen müssen.
Samuel bemerkte den Wechsel des Tonfalls De Guzmáns, nachdem dieser die Beschreibung der Tat abgeschlossen hatte. Seine Stimme klang nun wesentlich weniger wertend, weniger abschätzig, als er offen ansprach, dass er weder die überzeichnete, noch die offizielle Version seines Verbrechens glaubte. Auch diese Stellungnahme überraschte den Gefangenen, der sich diese Gefühlsregung diesmal jedoch nicht anmerken ließ. Stattdessen verbannte er jegliche Regungen von seinem Gesicht und wartete einen Moment, blickte den Leutnant ruhig an und begann dann, seine Version der Geschehnisse zum Besten zu geben.
"Interessant, wie einfach es ist, in den Köpfen so vieler Menschen ein falsches Bild der Realität entstehen zu lassen, nicht wahr?", sagte er, zunächst noch mit leicht spöttischem Unterton, bevor er mit monotoner Stimme weitersprach. Er war gespannt, ob De Guzmán ihm glauben würde, wenn er ihm die reine Lage der Fakten darlegen würde, ohne ihn dabei durch Emotionalität zu beeinflussen. "Die Version der Geschichte, die zu erzählen ich schon lange aufgegeben habe, ist etwas weniger spektakulär, aber anscheinend umso unglaubwürdiger. Ich kam nach Hause, fand die Leiche meiner Frau vor, wurde festgenommen und ohne Prozess zum Tode verurteilt."
Pause. Erneut blickte Samuel dem Leutnant lediglich in die Augen, um dessen Reaktion abzuwarten, beschloss dann jedoch, dem Gesagten noch etwas hinzuzufügen.
"Und um auf Ihre vorherige Frage zurückzukommen... Ich gehe davon aus, dass mein Vater für den Mord an meiner Frau verantwortlich ist, weil er mich aus dem Weg haben wollte. Beweisen kann ich das selbstverständlich nicht, und es ist grundsätzlich schwer, eine solche Anschuldigung vorzubringen, wenn Richter und wahrer Henker ein und dieselbe Person sind, nicht wahr?"
Wahrscheinlich würde De Guzmán sich spätestens jetzt von ihm abwenden. Bisher hatte ihm niemand geglaubt, wenn er jegliche Schuld von sich gewiesen hatte, und auch wenn der Leutnant vielleicht sogar der Erste war, der zumindest die hanebüchenen Märchen über seine Grausamkeit anzweifelte - Samuel galt nach wie vor als überführter Verbrecher. Warum sollte er ihm mehr Glauben schenken als den respektierten Amtsträgern Netaras?
|