08.07.2018, 09:47
Wie immer war er nervös. Vor jedem Kampf war es doch das Gleiche. Unruhig trat er von einem Bein auf das andere und ballte die Fäuste um sie gleich darauf wieder locker zu lassen.
Wer würde wohl heute zu ihm in den Ring steigen? Irgendjemand hatte es geschafft seinen Namen in der ganzen Stadt bekannt zu machen. Das war nicht gut. Also eigentlich schon, aber als unbesiegbar zu gelten, dass ließ die Leute zögern. Und entweder bekam er einen Gegner, der Sturz besoffen war. – das Machte keinen Spaß für die Leute, das war erbärmlich. Oder jemanden, der nur allzu gerne gemeine Tricks anwendete – auch das machte den Leuten keinen richtigen Spaß. Auch wenn sie zulange auf einen Kampf warten mussten wurde das Publikum zumeist ungehalten und je klarer er als Favorit gehandelt wurde, desto geringer waren die Wetteinsätze. Vermutlich war genau das der Plan dieses Jemand gewesen. Er zwang ihn dazu zu verlieren, damit Fergon wetten gegen ihn abschließen konnte und die Familie so doch Einnahmen hatte. Hoffentlich war es kein Besoffener.
Oder doch… nein. Wenn er dem Publikum was vorspielte, dann glauben sie ihm das nicht. Nicht, wenn sein Gegner offensichtlich zu viel getrunken hatte. Aber die andere Option des Verlierens bedeutete mit hoher Wahrscheinlichkeit, gebrochene Rippen, blutige Nase, zugeschwollene Augen.
Scheiß drauf! Von irgendwas musste seine Familie leben. Seine viel größere Sorge galt doch eigentlich den vielen Soldaten in der Stadt. Wenn er gleich im Ring stand, dann war es nicht mehr nur sein Name, der Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern er selbst. Und wenn er den Kampf wieder abbrechen musste, dann hätten sie heute schon wieder keine Einnahmen. Scheiß drauf! Er musste das durchziehen.
Doch der Entschluss half nicht gegen die Nervosität, gegen seinen beschleunigten Herzschlag, gegen den Schweiß, der ihm auf die Stirn trat.
Er kannte das doch. Das war doch nicht das erste Mal, dass er einen solchen Kampf austrug. Trotzdem fühlte es sich jedes Mal so an. Jedes verfluchte Mal stieg die Angst mit in den Ring.
Eigentlich doch gut! War es nicht genau dieses Gefühl, was ihn unter Spannung versetzte und den Gegner schon beim Betreten das rings genauestens beobachten ließ?
„Die Quote gegen dich steht nicht gut.“ Meinte Fergon, als er von hinten an Kell herangetreten war und dem rothaarigen Mann eine Hand auf die Schulter legte. Kell wusste, was er ihm damit sagen wollte. Besser er verlor, dann gewannen sie mehr.
Nunja, das kam aber auch immer noch auf seinen Gegner an. Nickend und tief Luftholend drehte er sich zu dem schwarzhaarigen Mann um. Fergon war fast einen Kopf kleiner als Kell, dafür aber fast doppelt so breit. Der Mann hatte immer etwas Schmieriges an sich und bis heute hatte der Faustkämpfer es nicht verstanden, wie dieser Mensch es schaffte die Leute um den Finger zu wickeln und zum Wetten zu verleiten.
Sein Blick schweifte über die Menschenmenge, die sich unmittelbar um den aus Seilen gespannten Ring versammelt hatten. Ein wildes Geschnatter und Gerufe aller Gesellschaftsklassen durcheinander. In einer Ecke konnte er ein paar Halbstarke ausmachen, die auf einen der Ihren einredeten und ihn offenbar zum Kämpfen animieren wollten. Der junge Mann wäre nicht der schlechteste Gegner, nur war er vermutlich viel zu unerfahren.
Dann war ihm für einen Moment so, als ob in der Menge das Gesicht des jungen Mannes aufblitze, mit dem er letztens durch die Hinterhöfe geflohen war. Angestrengt versuchte er Montrose weiter zwischen den Leuten auszumachen, beschloss aber dann, dass er sich offenbar getäuscht haben musste.
Oder? Doch, da war er, nur wie hatte er es geschafft sich in so kurzer Zeit die Haare länger wachsen zu lassen?
„Was ist los?“ wollte Fergon wissen.
„Nichts!“ schüttelte Kell selbst diese komische Überlegung von sich ab. Manchmal sahen sich Leute auch einfach nur ähnlich und außerdem war der Mann nun wieder zwischen den Menschen verschwunden. Er sollte sich vor einem Kampf nicht mit sowas ablenken lassen.
[In der Nähe des Kampfplatzes | Aspen, Elian und Farley irgendwo in der Nähe]