30.06.2018, 19:38
Es war viel zu warm und viel zu schwül für Ryans geschmack. Mittlerweile hatte der Dieb sowohl seinen Lederwams, als auch Arm- und Beinschienen abgelegt und begnügte sich nur noch mit einem schwarzen Hemd und seiner dunklen Stoffhose. Und selbst dadurch brannte die Hitze auf seiner Haut, wodurch er nur noch mehr schwitzte und der lockere Stoff seines Oberteils an seinem Rücken klebte. Verdammt - was hatte ihn eigentlich dazu getrieben um diese Uhrzeit die Sphinx zu verlassen und in die Stadt zu gehen? Am Meer und vor allem auf dem Schiff war die schwüle Luft wesentlich besser zu ertragen...
Und doch hatte ihn die Neugier des Frühlingsfestes gelockt... Nicht etwa wegen den ganzen Wettbewerben und Ständen - sondern weil Erfahrungsgemäß die Menschen bei solchen Festivitäten das Geld ziemlich locker sitzen hatten. Und damit meinte Ryan nicht nur, dass sie bereit waren mehr Gold auszugeben... Sondern auch dass sie einfach weniger auf ihr Hab- und Gut acht gaben. Für den Dieb war es nicht sonderlich schwierig auszumachen, wer wann wo achtlos seinen Beutel mit Münzen am Gürtel befestigte, oder neu erworbene Schmuckstücke, Waffen oder gar Gewürze, Tücher, Kräuter und Tinkturen. Die ausgelassene Stimmung auf dem Fest sorgte für eine Nachlässigkeit die Ryan ein schmunzeln abringen würde, wenn es nicht sein Jahren schon sein täglich Brot war damit sein Leben zu finanzieren.
Einen Hehler der bereit war ihm seinen Diebesgut abzukaufen hatte er in den letzten Tagen längst ausmachen können - diese Kerle trieben sich wirklich in jeder Stadt an der selben Stelle herum und so war es nicht sonderlich schwer zumindest mit Schmuck und Stoffen jeglicher Art nach und nach die Kasse der Sphinx aufzustocken.
Doch jetzt in dem Moment stand der schwarzhaarige einfach nur an einem Pfosten eines Standes welches Schüsseln, Töpfe, Tassen, Becher, Teller und allerlei Zeug aus Ton und Keramik verschacherte, hielt eine dampfende Süßkartoffel mit Speck und einer Kräuterquark Mischung in den Händen und ließ den Blick über die Betriebsamkeit des Brunnenplatzes schweifen. Unweit von ihm entfernt an einem Stand mit Obst und Gemüse plärrte ein kleines Mädchen sich die Seele aus dem Leib - doch Ryan interessierte sich nicht sonderlich dafür. Vermutlich ging es ja doch nur darum, dass das Kind irgend etwas an dem Stand mit den Holzfiguren gesehen hatte was es wollte - und seine Mutter es ihm nicht kaufte. Es beruhigte sich zwar relativ schnell, doch kaum hörte das eine Kind auf zu heulen konnte man schon das nächste einige Meter weiter entfernt kreischen hören. Also nichts ungewöhnliches auf einem Fest wie diesem.
Dennoch blieb sein Blick auf der Mutter mit dem Mädchen haften, denn eine weitere Gestalt erregte seine Aufmerksamkeit.. Moment... War das nicht...? Was bei allen Welten tat er da...?
Als Liam Ryan nun ebenfalls erblickte veränderten sich unmerklich dessen Gesichtszüge, was dem Dieb sofort auffiel. Ryan schob sich das letzte Stück Kartoffel in den Mund und rührte sich nicht weiter, während er Liam neugierig bei seinem tun beobachtete. Als der Zeichenkünstler den Dieb dann jedoch ansprach, hob der Schwarzhaarige überrascht eine Augenbraue und bohrte seinen Blick weiter einige endlos lange Sekunden in Liams, ehe er antwortete. Man konnte förmlich sehen wie Ryan darüber nachdachte ob sein Gegenüber irgendwas im Schilde führte. Schließlich nickte er zaghaft, stieß sich von dem Balken ab und antwortete langsam:"So erfolgreich, wie man bei so einem Fest eben sein kann."
Das war's. Mehr kam zunächst nicht. Und gerade als Ryan anstalten machen wollte sich herum zu drehen und zu gehen, erweckte ein Tumult um sie herum seine Aufmerksamkeit.
Eine schar Kinder von etwa 10 oder 11 Jahren eilten über den Platz, sie redeten hektisch und eindringlich miteinander. Sie rannten quer über den Platz, gerieten dabei an Liam und Ryan doch ehe zwei von ihnen einen Haken schlagen konnte, rannten der eine schon gegen den schlanken Künstler, ein anderer donnerte mit voller Geschwindigkeit gegen den Dieb! Noch bevor der kleinere der beiden Jungen - welcher Ryan erwischte, vom Aufprall umfallen konnte, packte der einäugige Dieb den Burschen am Kragen und hinderte ihn somit vor dem Sturz.
Erschrocken japsten die beiden Jungen auf, bekamen riesige runde Augen und wurden blass. Vermutlich rechneten der kürzere damit jeden Moment noch eine Ohrfeige ein zu kassieren. Ihre Freunde waren derweil weiter über den Platz gerannt und verschwanden hinter dem Töpfer-Stand in einer Gasse.
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- Brunnenplatz | Liam -
- Brunnenplatz | Liam -