18.06.2018, 20:57
Gleich wie viel er seinem Vater beteuerte, dass sie Elians Wortgeschick und seine Windungskünste bräuchten, um noch weiter zu expandieren, blieb dieser fest bei seiner Entscheidung, dass sein jüngster Sohn für sein Unternehmen ungeeignet war. Nunja, Ariston hielt beide Söhne für gänzlich ungeeignet, nur leider musste er seinem Erstgeboren zumindest soweit vertrauen, dass dieser irgendwann die Firma übernehmen dürfte. Es war zum Haare raufen! Doch mittlerweile war der junge Montrose so weit, dass er nicht mehr in hinunter in die Küche rannte und alles Geschirr zertrümmerte, oder einen halben Tag ausbrach, um seiner Wut freien Lauf zu lassen: Er ließ seinen Frust zumindest soweit an seinem Vater aus, dass weder Angestellte noch Gegenstände darunter leiden müssten. Ganz alleine sein Rücken müsste dafür büßen und damit kam er besser zurecht, als mit allem anderen.
Und jetzt? Jetzt, einen Tag bevor Elian abreisen würde, resignierte er komplett. Es gab nichts mehr zu ändern, sein Bruder würde Raízun für mindestens ein Jahr verlassen, wenn nicht sogar mehr. Mit ratschenden Sohlen schlürfte er den Korridor zu ihrem Knabenzimmer entlang, das kleine Stück Holz zwischen den Fingern webend. Er musste Abschied nehmen. Ihm blieb nichts anderes mehr übrig. Tief seufzte er einmal, schluckte den Kummer herunter und spannte die Schultern an. Sein ehemaliger Kniggelehrer hatte ihm einmal anvertraut, dass es sich nicht schickte Schwäche zu zeigen, das würde alle anderen nur mithinunterziehen oder – noch schlimmer – dazu bringen sich aufzubäumen. Gleich welche Seite Elian wählen würde, Aspen wünschte ihm beide nicht. Er blieb also stark, als der das Zimmer betrat.
„Ja, ich habe dich zuerst auf dem Gelände gesucht.“, log er frei heraus, um nicht zugeben zu müssen, dass er alle Finanzpläne ein weiteres Mal durchgegangen war, um vielleicht einen finanziellen Grund dafür zu finden, dass sie Elian in dem Unternehmen bräuchte. Im Gegensatz zu seinem kleinem Bruder bekam er kein Lächeln zustande – vielleicht war er einfach doch nicht so stark? Einen Moment verweilte er im Türrahmen, strich sich gedankenverloren über das Kinn, nicht wissend, dass er mit dieser Geste in den nächsten Jahrzehnten dort seinen Bart am gleichmäßigem Wachstum hindern würde, bevor er sich auf sein eigenes Holzbett setzte und die gepackte Tasche begutachtete. „Unsere grünen Erinnerungen wirst du kaum in diese kleine Tasche quetschen können.“, pflichtete er mit einem Nicken bei und umfing mit dieser Umschreibung all ihre Abenteuer in Raízuns Wildnis.
Auch wenn Aspen sich alle Mühe gab normal zu sein, konnte er die drückende Stimmung nicht von sich ableiten. Es war unerträglich zu wissen, dass dieses Zimmer ohne Elian nicht mehr sein Zimmer sein würde.