18.06.2018, 08:52
Auch, wenn Shanaya jeder Regung ihres Gegenübers beobachtete, blieb ihr Mimik, sowie ihre Haltung sichtlich entspannt. Sie befürchtete Nichts vor ihm, allein schon, weil sie am längeren Hebel saß. Seine Worte ließe sie dann leise auflachen, ihr Blick wurde dennoch ein wenig fragender.
„Also einfach unkonzentriert? Das ist... sehr unvorsichtig. Auf einem Piratenschiff.“
Man wusste nie, was einem da passieren konnte, wenn man nicht aufpasste. Wobei sie bei dieser Crew vermutlich nicht all zu viel zu erwarten hatte. Höchstens, dass ihm jemand einen Tee kochte. Und die Füße massierte. Sie selbst sah noch keinen Grund, dem Mann irgendetwas anzutun. Aber sie war auch keine eiskalte Bestie, die sich mit rasselnden Säbeln auf jedes neue Opfer warf. Sie beobachtete lieber erst – und vielleicht hatte sich das mit den Beiden im nächsten Hafen erledigt. Bei dem ersten wäre die Schwarzhaarige absolut nicht böse drum... bei ihrem Gegenüber wartete sie einfach noch ein paar Reaktionen ab. Zumindest schienen beide schon einmal – wenigstens etwas – vorsichtig zu sein. Wobei das bei ersterem vollkommene Paranoia war. Nun musste also Nummer zwei zeigen, was in ihm schlummerte.
Seine nächsten Worte entlockten ihr dann ein ehrliches, anerkennendes Nicken. Das waren wahre Worte. Zuerst beobachteten die blauen Augen nur ruhig die Bewegungen des Mannes, ehe sie selbst locker mit den Schultern zuckte.
„Das klingt, als seist du dir sicher, dass du diese Waffe einzusetzen weißt.“
Eine simple Feststellung. Wobei er der erste Marineangehörige wäre, der seinen Verstand einsetzte. Die meisten, die Shanaya in ihrem Leben kennengelernt hatte, waren mehr der 'Mit hohlem Kopf durch die Wand' – Typ gewesen. Und so war es bei der Crew der Morgenwind schließlich auch gewesen. Und einen davon hatten sie nun auf ihrem Schiff. Eine Abweichung von dieser Norm wäre amüsant gewesen, also hoffte die junge Frau einfach darauf. Mit ihrer nächsten Antwort wartete Shanaya, bis ihr Gegenüber zu Ende gesprochen hatte, entlockte ihr damit ein munteres Auflachen.
„Ich habe nicht auf dich oder deinen paranoiden Kumpanen angespielt. Ich spreche euch beiden so viel Verstand zu, dass ihr wisst, was euch blüht, solltet ihr ein Crewmitglied bestehlen.“
So viel – mehr aber auch nicht. Wobei sie sich wirklich Mühe gab, kein frühzeitiges Urteil über den Mann ihr gegenüber zu fällen. Enrique hatte seine Chance mit Glanzleistung vertan, vielleicht konnte sein Kollege sich ja noch retten. Die Chance dazu hatte er jedenfalls.
Auch seine nächste, fragende Musterung ließ sie über sich ergehen, wartete ruhig, bis der Mann geendet hatte und ließ den blauen Blick für einen Herzschlag zu ihrem Notizbuch wandern.
„Exakt. Um diese Uhrzeit hält einen, meistens zumindest, niemand auf – und man hat den Rest des Tages Zeit, alles zu erledigen, was man sich vorgenommen hat.“