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You're in the navy now
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Feb 2018
#3
Elian gab sich große Mühe, während der Begrüßung seine Zunge zu hüten. Es erforderte Anstrengung. Immer wieder lagen ihm freche bis sarkastische Widerworte auf der Zunge, die er nur zu gerne ausgesprochen hätte. Aber es war vermutlich nicht klug, gleich am ersten Tag Prügel einzustecken, und auch wenn es ihm herzlich gleichgültig war, was die hier von seinem Vater hielten und ob er dem Mistkerl Ehre machte oder nicht (Unehre wäre ihm sogar tatsächlich lieber gewesen), war es ihm nicht vollständig egal, was mit seinem Rücken und seinem Hinterteil passierte. Noch hatte er nicht ausgetestet, wie weit die Marine mit ihren Bestrafungen für Impertinenz ging. Selbst ein so rebellisches Kerlchen wie der zweitgeborene Montrose-Sprössling konnte darauf verzichten, den Preis für eine eigene Meinung gleich beim ersten Appell zu erfragen.

Etwas sagt mir, dass er uns nicht deswegen darauf hinweisen muss, uns wie Gentlemen zu benehmen, weil es unsere Vorgänger von selbst getan haben. Woran nichts auszusetzen war. Echte Gentleman-Manieren waren mit das Langweiligste, was Elian kannte. Er hatte sie, wenn er wollte, keine Frage. Aber er verabscheute es, sich irgendwelchen Regeln unterzuordnen. Insbesondere wenn sie ihm verboten, auf Bäume zu klettern und sich dreckig zu machen, wenn ihm der Sinn danach stand.

Trotzdem war Elian unter jenen, die ihre Haltung spürbar korrigierten, nachdem einer ihrer Kameraden deswegen angeblafft worden war. Er schluckte, korrigierte aber seine Mimik nicht, sondern starrte den Offizier unverhohlen düster an. Härte und Disziplin, hm? Nichts, was ich nicht von daheim gewohnt wäre. Was die Gerechtigkeit angeht, naja. Glaub ich erst, wenn ich es sehe.

Die Gedanken waren Elian wohl nur zu deutlich aufs Gesicht geschrieben gewesen und machten ihn, in Kombination mit seiner übergroßen Kleidung, direkt zur nächsten Zielscheibe für Kritik. Er biss die Zähne zusammen, damit seine Zunge ihm nicht davon laufen konnte, und erwiderte den Blick des Erwachsenen so direkt und furchtlos, wie es ihm möglich war, während gleichzeitig seine Ohren und sein Nacken vor Scham glühten. Soviel zur Gerechtigkeit. Weil ich mir ja freiwillig ausgerechnet die Uniform ausgesucht hab, in die ich "noch reinwachsen kann". Oder irgendeine Form von Uniform.

"Yes, Sir." Der subtile Unterton ließ den Ausbilder kurz stutzen, ehe er entschied, dass der kleine Bengel vermutlich aus Angst oder echter Begeisterung für die Marine so übermäßig enthusiastisch klang, und weiter die Reihe entlang ging.

Elian atmete tief durch, die Hände an seiner Seite zu Fäusten geballt. Noch immer meinte er, die Blicke aller anderen auf sich ruhen zu spüren. Seine Ohren und sein Nacken brannten und er musste sie nicht sehen können um zu erahnen, dass sie sich kirschrot gefärbt hatten. Zur Erniedrigung gesellte sich zunehmende Wut, während er nur halb mit anhörte, dass ein anderer Kadett - noch ungerechter als bei ihm selbst - aufgrund seines Alters niedergemacht wurde. Ich glaube keiner hier wird Mühe dabei haben, sich graue Haare wachsen zu lassen, wenn alle Ausbilder so viel Logik und Fairness mitbringen wie Sie, Sir, hätte er am liebsten von sich gegeben. Wie alle Bemerkungen zuvor ersparte er seinem Rücken diese Offenheit - für den Moment. Aber der Gedanke blieb in ihm und machte es nicht leichter, noch eine weitere gute Viertelstunde still zu stehen und den Ergüssen des Offiziers zu lauschen.


***

Von dem Tutoren-Modell hielt Elian nur bedingt etwas, auch wenn er in diesem Fall sogar ganz dankbar für die Chance war, jemanden zu haben, an den er sich mit seinen dutzenden Fragen wenden konnte. Und selbst wenn der Kerl ekelhaft sein sollte, würde er ihm wenigstens sagen können, wo Elian einen Schneider finden konnte, damit der ihm die Uniform mit ein paar Heftstichen kleiner machte. Er konnte doch wohl nicht der einzige Kadett sein, der jemals dieses Problem gehabt hatte, oder?

Auf die Geländeerkundigung freute er sich direkt, vor allem, weil er darauf hoffte, seinen Tutor nach der Schneider-Sache vielleicht schnell abgehängt zu haben (oder ihn mitzunehmen, sollte der Ältere keinen zu großen Besen im Hinterteil haben). (Etwas sagte Elian, dass sie den dir hier in den ersten zwei, drei Wochen gewaltsam reinschoben und ihn für den Rest des Marinelebens drin ließen. Würde erklären, warum bisher fast alle, die er getroffen hatte, so steif und permanent schlecht gelaunt waren. Tat sicher weh, vor allem auf Dauer.) Was wohl Aspen und Charleen gerade taten? Vermutlich schliefen sie noch, war ja fast noch dunkel. Oder sie frühstückten und überlegten sich, wie sie ihrem eigenen Tutor heute entkommen konnten. Elian seufzte wehmütig, und ein klein wenig neidisch. Erwachsenwerden ist ekelhaft.

Diese und ähnliche Gedanken tanzten ihm durchs Gehirn, während er sich mit den anderen Belanten weiter die Beine in den Bauch stand und darauf wartete, dass er an die Reihe kommen würde. Den Namen lauschte er dabei nur mit halbem Ohr und machte sich gar nicht erst die Mühe, sich die Gesichter alle zu merken. Seine Tagträumerei hatte ihn voll in Anspruch genommen.

Er merkte auf, als ein besonders großer Junge nach vorne trat. Der Ältere stach in dieser Gruppe heraus wie ein bunter Hund. Er war der Größte, aber das war nicht alles. Seine Haut war dunkler als beim Rest, die Haare kinnlang und schwarz, die Augen fast schon glühend. Auf Raízun sind bestenfalls die Ureinwohner so dunkel. Ob er von ihnen abstammt? Vielleicht seine Mutter? Es gab eine Geschichte hier, Elian konnte es förmlich riechen. Aber Ureinwohner schicken ihre Kinder nicht auf die Marineakademie. Oder auf irgendeine Schule. Das größte Maß an Bildung, das er bei einem Dunkelhäutigen bisher gesehen hatte, waren einfach, auswendig gelernte Lieder und Gebete gewesen, wie sie manche der domestizierten Wilden (auf Raízun nahmen sie bisweilen Dienerpositionen ein) bei der Arbeit vor sich hin summten. Und doch... Seine Uniform sitzt perfekt. Vielleicht weil er so groß ist, und sie mehr davon vorrätig haben? Aber es sah für Elian nicht zwingend so aus, als wäre die Uniform schon früher von Rekruten getragen worden. Sie wirkte niegelnagelneu. Und die Haut von dem Jungen war heller, als bei den meisten Wilden, die er bisher gesehen hatte. Halb und halb? Faszinierend...

Der Ältere machte den Mund auf, um seine Anwesenheit knapp zu bestätigen. Die Stimme war... hey, das war doch der, der wegen seiner bald grauen Haare verspottet worden war! Elian riss die Augen auf. Er ist größer als Aspen. Gut, und ein bisschen älter. Aber trotzdem... Ob Aspen mal genauso groß wird? Vater ist sehr groß. Vielleicht wachse ich auch mal so hoch?

Der Dunkelhäutige bekam einen Tutor, der so aussah, als ob sich mit ihm streiten viel zu einfach werden könnte. Und dann ging es weiter im Text und Elian schweifte gedanklich wieder ab, bis...

"Montrose, Elian?" Eine peinliche Pause entstand.

Elian schreckte auf, machte zwei hastige Schritte nach vorn und stolperte in seiner Eile unwillkürlich. Er fing sich direkt wieder, aber er hörte erste leise Lacher, und dann einen höhnischen Zwischenruf von jemand, der ihn noch gar nicht gut genug kennen konnte, um sich eine Meinung zu erlauben. Elian wirbelte herum, aber er war nicht sicher, wer da gesprochen hatte. Der blonde Schnösel, der Tutor von dem Dunkelhäutigen, stand in dem Klüngel von möglichen Sprechern. Aber sicher konnte er nicht sein, nicht, solange er die Stimmen noch nicht kannte.

Auf eine Zwischenfrage des Ausbilders passierte natürlich nichts. Feigling. Das störte Elian mehr als die eigentliche Beleidigung, oder die Tatsache, dass fast alle über ihn lachten. Er war selber jemand, der gerne eine dicke Lippe markierte. Viel zu gerne. Aber wenigstens hatte er das Rückgrat, Leuten ins Gesicht zu sehen und für seine Worte grade zu stehen. Von jemand verspottet zu werden, der zweifelsohne größer war und es trotzdem nicht zu Wege brachte, Eier in der Hose zu haben... na warte.

"MONTROSE, ELIAN?!" Die Ungeduld war spürbar.

Elian wandte sich um, stand ordnungsgemäß stramm und salutierte, wieder eine Spur zu keck, um ganz den Regeln zu entsprechen. "Sir." Er wollte sich beherrschen. Er wollte wirklich. Aber er hörte immer noch leises Lachen im Hintergrund, und plötzlich riss ihm sein ohnehin kurzer Geduldsfaden.

"Verzeihung, Sir... eines muss an dieser Stelle gesagt werden."

Er drehte sich um und beantwortete den Spottruf in typischer Elian-Manier so charmant und zugleich kühl, wie er nur konnte: "Die Diskrepanz zwischen der Größe meiner Kleidung und der meines Körpers wird sich in den nächsten Jahren von ganz alleine erledigen. Gegen Feigheit und Unsolidarität ist hingegen kein Kraut gewachsen. Ihr mögt euch für die Helden einer Komödie halten, aber wenn ihr mit dieser Einstellung die Zukunft der Marine darstellen sollt, hat die ganze Farce mehr Ähnlichkeit mit einem Trauerspiel."

Elian drehte sich zurück zum Gesicht des Offiziers, das vor lauter Wut knallrot angelaufen war.

"Schnauze, Montrose! Sie sprechen hier nur, wenn Ihnen eine direkte Frage gestellt wird, ist das klar?!"

"Kristallklar, Sir." Er gab sich Mühe, zerknirscht drein zu blicken, aber er wusste selbst dass es nicht vollkommen überzeugend wirkte.

"Ich dulde keine Insubordination. Dies ist Ihre erste und letzte Warnung. Haben Sie mich verstanden?"

"Yes Sir. Verzeihung, Sir."

Ein weiterer langer, wütender Blick. Elian schluckte im Bewusstsein, dass er sich gerade keinen Freund gemacht hatte. Nicht, dass es ihn zu sehr belasten würde... er war wütende Erwachsene gewohnt. Aber er wollte den Offizier auch nicht über die Maßen reizen. Nicht heute, auf jeden Fall. Der Offizier selbst zögerte wieder sichtlich, die Augen misstrauisch verengt, dann nickte er abrupt und machte mit seiner Tätigkeit weiter, indem er Elians Tutor aufrief.

"Mister Thompson."

Elian musste nicht lange suchen. Er war mit den Augenwinkeln immer noch bei der Gruppe um den blasierten blonden Schnösel, und ausgerechnet der Kerl neben ihm schaute wütend drein, lehnte sich zu dem Blonden hinüber und murmelte so laut, dass Elians junge Ohren es mühelos aufschnappen konnten: "Ist ja wieder typisch dass wir mit den zwei Hausschweinen abgespeist werden." - "Hör dir den Akzent an. Was ein Hinterwäldler. Kein Wunder, dass er keine anständigen Klamotten hat." - "Wer die hier rein gelassen hat, möchte ich auch mal wissen. Die Schule geht vor die Hunde, sag ich dir... wortwörtlich."

Die Hände immer noch zu Fäusten geballt, trat Elian zurück ins Glied und wartete ab, bis die Verteilung endlich abgeschlossen war und sie den Befehl zum Wegtreten erhielten. Alle Neulinge stoben auseinander, um sich zu ihren Tutoren zu begeben. Elian zeigte weitaus weniger Enthusiasmus, ähnlich wie der Dunkelhäutige, und so kamen sie nahezu zeitgleich bei ihren beiden Tutoren (die sich keinen Deut in die Richtung ihrer neuen Schützlinge bewegt hatten) an.

"Du hast ganz schön Nerven, Kleiner," zischte ihm Thompson direkt entgegen, und sein blonder Kumpel - Langley - mischte sich direkt mit ein. "Feigling, ja? Trauste dich auch, mir das ins Gesicht zu sagen?!"

"So oft und so laut du möchtest." Elian richtete sich auf, so groß es ihm möglich war. Die anderen beiden überragten ihn dennoch um einen Kopf, und erneut fluchte er innerlich darüber, dass Aspen nicht hier war. Aspen hätte gewusst, was zu tun war. Oder wie er Elian da raus holen konnte. Nicht, dass Elian Schiss gehabt hätte. Vielleicht war er ein KLEIN wenig besorgt, aber er hatte keinen Schiss. Nicht vor diesen beiden Lackaffen. Die sahen nicht so aus, als hätten sie sich in ihrem Leben schonmal dreckig gemacht, geschweige denn mit den anderen Jungen an den Docks gerauft oder Nachmittage lang Pirat-und-Marineoffizier im Dschungeldickicht gespielt.

Verdammt. Er hatte Charleen versprochen, dass er hier Freunde finden würde und sich anpassen und dass er keinen Ärger mehr suchen würde. Wenn es nur die Vogelscheuche-Sache wäre, na gut. Aber sie haben schlecht von meiner Familie geredet. Und das heißt auch Aspen und Charleen. Ich kann das nicht sitzen lassen. Nein, ich WILL das nicht auf uns sitzen lassen.

"Die eigentliche Frage ist doch, ob ihr beide euch traut, mir eure Meinung zu meinem Kleidungsstil auf den Kopf zu zu sagen. Sollte leichter sein, jetzt da Mister Miesmuschel uns nicht mehr zuhört. Also? Ich warte."

Sein Herz klopfte wie wild. Wenn sie es nochmal sagen, muss ich ihnen jetzt quasi ins Gesicht schlagen. Sie hätten's vermutlich verdient. Aber ich will mich nicht prügeln. Nicht gleich heute. Wäre reichlich dämlich... okay, es würde mir sowas von ähnlich sehen. Aber nein, ernsthaft, Aspen wäre SO enttäuscht mit mir wenn er das hier sehen könnte. Ich bin nicht mal ne Stunde im Dienst und schon habe ich Streit...
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You're in the navy now - von Elian Montrose - 19.04.2018, 01:27
RE: You're in the navy now - von Elian Montrose - 17.06.2018, 22:34
RE: You're in the navy now - von Elian Montrose - 15.01.2019, 02:21
RE: You're in the navy now - von Elian Montrose - 04.05.2019, 22:50

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