17.06.2018, 20:34
Ein Zucken durchfuhr ihre Augenbraue. Verlieh Shanaya einen kecken, wissenden Ausdruck. Stahl sich in einer weiteren Regung ihres Gesichts in ihre Mundwinkel und gaben Skadi das Gefühl, ertappt worden zu sein. Sicherlich konnte diese junge Frau nichts erahnen, was sie ihr nicht bereitwillig Preis gab. Doch schien ihre eigene Reaktion und der Ausdruck auf ihren Zügen schockierter zu sein, als sie zugeben wollte. Tief sog die Nordskov daher die kühle Morgenluft in ihre Lungen. Ermahnte ihr Herz sich zu beruhigen und weniger martialisch zwischen ihren Rippenbögen zu drängen.
Allmählich flaute das Kribbeln in ihren Fingern sogar ab und ließ die gewohnte Kälte zurück, die sie so viel mehr liebte, als dieses brennende Chaos. Beinahe schien es ihr, als ob die innere Ruhe, die Shanaya ausstrahlte, auf sie abfärbte. Für einen Moment musterten die fast schwarzen Augenpaare das Schmunzeln auf Shanayas Lippen schweigend, ehe sie das Buch in ihren Händen fixierten. Das schien wohl der Grund, weshalb sie ihr nicht bereits zuvor aufgefallen war. Als unruhiger Schatten, der sich über das Deck hinweg schlich und die Stille des Schiffes ebenso genoss, wie sie selbst. Was wohl dort drin stand?
"Aber nur fast, nehme ich an.", entgegnete Skadi trocken auf die Ironie, die ihr wie sanfte Wellen entgegen schlug und hob den Blick mit einem ebenso süffisanten Ausdruck auf den Lippen. Ihr Stand wirkte wesentlich fester als noch vor wenigen Herzschlägen und selbst ein Blinder erkannte, wie sich ihre Muskeln zu entspannten schienen. Nur ihr Herz gehorchte ihr immernoch nicht und brummte skeptisch hinter ihrer Brust.
Keine Faser ihres Körpers traute diesem Geschöpf, das so leichtfüßig daher kam und im ersten Augenblick keiner Fliege etwas zur Leide tat. Doch Skadi wusste aus eigener Erfahrung, dass der erste Eindruck nur das war, was andere einem glauben machen wollten. Nicht wahr?
"Was für eine Seltenheit hier jemanden mit einem Buch in der Hand zu sehen."
Ganz davon abgesehen, dass die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nichts selbstverständliches in dieser Welt war, sagte es doch einiges über diese Fremde aus. Und ganz gleich wie überheblich das vielleicht auch klingen mochte, gestand sie ihr damit eine gewisse Intelligenz zu, oder nicht?