06.05.2018, 18:24
Völlig entspannt hing er die kaputte Angel – leicht repariert – in das Hafenbecken, die Füße lässig über der Wasseroberfläche baumelnd. Auch seine lockere, nicht unbedingt aufwändige Kleidung ließ keinen Zweifel an diesem Bild. Die Promenade spiegelte sich leicht auf dem Wasser, doch es war ihm nicht möglich, genau zu erkennen, von wem die Stimmen in seinem Rücken kamen. Keine Gestalt, kein Gesicht. Zum Glück konnte es ihm ohnehin egal sein, denn ihn betraf die Suche nur recht wenig. Die Sucher jedenfalls machten sich vom Acker, um an anderer Stelle weiterzusuchen. Liam lauschte, wie sich die Stimmen im Getummel verloren, wartete allerdings noch einige Augenblicke, um wirklich sicher zu gehen. Auch, wenn er dem Fremden nichts schuldig war – wenn er ihm schon Hilfe anbat, dann doch auch, ohne ihn daraufhin doch in die Hände seiner Verfolger rennen zu lassen.
„Hast ganz schön Dreck am Stecken, mh?“, fragte er schließlich an den Tauhaufen hinter sich gewandt mit einem hörbaren Schmunzeln auf den Lippen.
Was genau der Mann verbrochen hatte, interessierte ihn herzlich wenig. Liam lebte in den Tag und wer ihm freundlich gesinnt war, dem war er auch freundlich gegenüber. Ganz gleich, welche Geschichte hinter ihm lag. Er war ein Mensch des Augenblicks, der nichts und niemandem besonders lange nachhing.
„Du solltest die nächsten Tage vielleicht etwas vorsichtiger sein, wenn du dich hier aufhältst. Wer weiß, wie wichtig ihnen dein Kopf ist.“
Kopfgeld vielleicht? Liam spähte über die Schulter, um dem Mann dabei zuzusehen, wie er sich aus seinem Versteck puhlte. Bekannt kam er ihm nicht wirklich vor, allerdings beschäftigte sich der Lockenkopf auch eher selten mit den Fahndungsfotos, die man überall an die Wände pinnte. Das war ein Handwerk, das ihn nicht sonderlich interessierte.