22.04.2018, 18:45
Mit welchen Hintergedanken sie auch immer auf den Neuen zugekommen war, er ließ sie innerlich zurückweichen, bei seiner einsilbigen Antwort und seiner unwirschen Frage. Verwirrt blinzelte sie, denn ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie ihn mit ihren Worten irgendwie hätte kränken können. Verdutzt hob sie eine Augenbraue, als er seinen Ärmel hochkrempelte und kurz darauf auch gleich seinen zweiten. Sie hätte denken können, dass ihm warm war, denn irgendwie schien er ja auch zu schwitzen, wenn sie so sein leicht feuchtes Gesicht ansah. Und sie hatte kurz gedachte, er wolle ihr die Sanduhr zeigen, die jedem Familienmitglied tätowiert wurde. Sie wusste, dass er ein Tarlenn war, durch und durch, denn nur die wirklich treuen Mitglieder bekamen dieses Zeichen. Sein Verhalten...irritierte sie. Sie hatte nicht mit dieser unwirschen Art gerechnet, auch wenn sie sich anfangs nicht sehr willkommen gefühlt hatte. Und auch mit seinen ruppigen Handgriffen, als er sein Hemd hochgekrempelt hatte, war sehr verwirrend. Aber seine Worte, oh seine Worte...sie konnte nicht anders und lachte auf. Entschuldigend hielt sie die Hand hoch, weil sie immer noch lachen musste. Es war eine ernste und wichtige Sache, die er ihr da erzählte, aber dennoch konnte sie nicht an sich halten.
Erst nach ein paar Augenblicken hatte sie sich wieder beruhigt, holte schnappend nach Luft und lehnte sich dann an die Reling, um sich fest zu halten.
„Ah...ich hab Seitenstechen.“ Nochmals musste sie lachen, bevor sie sich räusperte und wieder ernster wurde, wenn auch mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Entschuldige bitte, dass ich einfach so gelacht habe. Das war nicht sehr nett. Aber deine Frage, ob für mich nur 'wie der Vater, so der Sohn' zählt, da konnte ich nicht mehr an mich halten. Es ist so ziemlich der dümmste Gedanke, der mir jemals kommen könnte. Wenn es nach meinem Vater ginge, wäre mein Bruder ein einfacher Schmuggler, völlig verbohrt und zufrieden auf einer kleinen Insel im nirgendwo. Und wenn ich nach meiner Mutter käme, wäre ich auch noch dort, brav an der Seite meines Ehemannes.“
Sie schnitt kurz eine zynische, hasserfüllte Grimasse, bevor sie Gregory wieder ansah und leicht den Kopf schüttelte. Die Vergangenheit sollte besser da bleiben, wo sie war und ihr jetzt nicht dazwischen funken.
„Ich wollte dich nicht kränken. Und du hast recht, Tarlenn ist Tarlenn, dafür kenn ich genug von eurer Sorte. Ich war nur...verärgert, über einen Brief von deinem ehemaligen Captain. Den Frust hab ich wohl an dir ausgelassen, 'tschuldige.“ Nochmals neigte sie den Kopf entschuldigend, bevor sie den blaugrünen Blick wieder neugierig auf den Braunhaarigen richtete. „Ihr seit also schon länger bei den Tarlenn...wieso habt ihr sie dann verlassen? Ich denke mal unter Ellhan lebt es sich nicht schlecht.“