02.04.2018, 20:02
Der Attentäter beobachtete die Reaktionen – ob klein und unscheinbar oder groß und offensichtlich – sehr genau. Es war sein Beruf sein Gegenüber einschätzen zu lernen und wenige Wochen im Gefängnis und unzählige Stunden unter dem Joch der Peitsche würden daran nichts ändern. Yaris entging die feine Reaktion nicht, die seine Worte in dem jungen Mädchen auslösten. Sie mochte sie gut zu verschleiern wissen, doch er erkannte es dennoch, als wäre sie unter dem Schmerz eines Peitschenhiebs zusammengezuckt. Was schloss er daraus? Sie kannte diese förmliche Anrede, hatte jedoch keine guten Erinnerungen daran. War sie ein Dienstmädchen in Adelshäusern gewesen oder entstammte sie gar selbst diesen Kreisen? Yaris wusste es nicht und konnte sich nur auf Vermutungen stützen.
“Du hast Züge und Haltungen, die auf bessere Kreise schließen lassen …“
Nun, immerhin hatte er schnell gelernt und die förmliche Anrede ausgelassen. Der 31 Jährige musste sich nicht noch unbeliebter machen, als er vielleicht schon war. Es war im Grunde auch nicht sein Wesen, Kommunikation zu betreiben. Doch war es das einzige Mittel, um an Informationen zu gelangen. Und noch stand zur Debatte, ob er sich der Mannschaft anschließen, die Schiffscarta unterschreiben würde. Ob oder ob nicht, hing davon ab, wie er die Menschen hier einschätzte und ob der Attentäter sich in diese Gruppe würde integrieren können oder nicht.
Ihre Antwort aber entlockte ihm ein erneutes Schmunzeln. Taffes Mädchen. Selbstbewusst. Unerschrocken. Sie bot die Stirn, auch wenn ihr Gegenüber so offensichtlich eine gefährliche Ausstrahlung verströmte wie Yaris es unweigerlich tat.
“Wie war dein Name, Mädchen?“
Egal, ob er nur bis zum nächsten belebten Hafen an Bord verbleiben würde oder doch länger, er würde sie nicht nur Mädchen nennen. Denn er hatte so das Gefühl, dass ihr diese Anrede noch weniger zusagte als die förmliche Wahl für Adelskreise.