25.03.2018, 15:23
Auch, wenn Talins Auftauchen ihn wunderte, machte er sich keine weiteren Gedanken darüber. Sie würde ihre Gründe haben, die stark genug waren, sie trotz des unglücklichen Eindurcks, den sie weckte, hier nach draußen zu treiben. Er selbst hingegen genoß die ironische Ruhe, die der Regen mit sich brachte und hielt sich gern hier oben auf, während sich der Rest der Crew unter Deck tummelte. Dass Talin diese Ruhe nun allerdings störte, kümmerte ihn ebenso wenig. Ein wenig Abwechslung tat immer gut, immerhin mied Liam die Gesellschaft nicht absichtlich, sondern suchte bloß die frische Luft und die Ruhe. Bei dem Geständnis der Blonden hob er skeptisch eine Augenbraue, während er sie musterte, als erwartete er, irgendetwas spezielles zu sehen. Doch es blieb aus.
"Fünf Kannen? Müsstest du dann nicht so drauf sein wie Shanaya an einem schlechten Tag?", witzelte er mit einem kurzen Schmunzeln, was sich recht schnell wieder im Grau des Wetters verlor. "Na, hoffen wir's nicht. Dann wär' dein Bruder das nächste Mal ziemlich aufgeschmissen, wenn er auf andere Verrückte warten muss, die ihn wiedermal irgendwo heraus holen."
Er lauschte ihr mit einem Schweigen, hatte den Blick auch wieder auf die See gerichtet. Für andere sah es vielleicht aus, als hielte er Ausschau nach Lichtern in der Ferne, die fremde Schiffe verraten würden, doch in Wahrheit starrte er tatsächlich nur in die Ferne. Schiffe wären ihm vielleicht aufgefallen, aber vermutlich mit einem beiläufigen Gedanken abgeharkt gewesen.
"Anfangs war ja auch nur ein Gast geplant. Dass wir jetzt ein paar mehr sind war... abzusehen, aber nicht zu erwarten."
"Früher oder später müssen wir ja auf Land stoßen. Bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht in ein Betriebsfest der Marine rauschen, die sich dazu ausgerechnet die Insel ausgesucht haben, an der wir vorbeischippern."
Als Talin fortfuhr, wurde Liams Blick ein wenig dunkler. Sie hatte Recht. Das Ganze hätte wirklich böse für sie ausgehen können. Dass sie keine Verluste erlitten hatten, glich mehr einem Wunder als einfachem Glück. Jetzt blieb abzuwarten, wie es weiter ging.
"Würde es dir anders gehen?", fragte er und blickte sie an, ohne wirklich eine Emotion auf den Zügen zu haben. "Die meisten von ihnen sind auch bloß einfache Männer, die versuchen, für ihre Familien vorzusorgen, bevor sie von den Oberen als Kanonenfutter missbraucht werden."
Ihr Problem lag nicht bei den Marinesoldaten sondern bei denen, die sie befehligten und für sie in die Schlacht schickten, während sie gemütlich in ihrem Büro hockten.