20.03.2018, 16:50
Wieso hatten sie sich nicht ausreichend auf diesen Konter vorbereitet? Er hatte Ellhan gewarnt, ihm gesagt, dass die anderen Piraten sich viel zu friedlich verhielten für Leute, die sich nicht rechtmäßig auf fremdem Gebiet befand. Doch der Captain hatte gemeint, er kenne Captain Silverstone und habe ihn bisher nur als brutalen, direkten Mann erlebt, der Hinterhalte verabscheute und wusste, wann jemand mächtiger war als er. Auch war Ellhan fest entschlossen das andere Schiff zu entern und wollte den Weg frei haben. Und wahrscheinlich hatte er auch nicht als feige dastehen wollen. Welche Crew würde schon einem Feigling folgen? Deswegen hatten sie die Enternetze auch nicht ausgebracht.
Theoretisch verstand Gregory das alles ja und überließ das dem Tarlenn, doch jetzt wäre er laut am Fluchen gewesen, wenn er seine Puste nicht für den Kampf gebraucht hätte. Denn er hatte mit seiner Schwarzseherei mal wieder recht gehabt. Wieso konnte es nicht einmal zu ihren Gunsten verlaufen? Und warum, by the judges, hatte der Andere seine Taktik geändert? War der Captain dafür verantwortlich oder gab es einen neuen Mann unter seinen Beratern?
Und jetzt verteidigten sie ihr eigenes Schiff. Wohl fühlte er sich nicht in seiner Haut. Er wusste auch nicht, wann er Ellhan aus den Augen verloren hatte. Irgendwo zwischen dem Achterdeck und dem Hauptmast musste es gewesen sein. Dabei hatte er ihm eigentlich mit Jones und Zachary den Rücken freihalten wollen. Dass die Beiden sich gut darum kümmern würden bezweifelte er nicht. Trotzdem war es ihm peinlich.
Doch es half alles nichts und so hatte er sich so gut es ging darum bemüht zu überleben und Trevor zu finden. Auch hier nur mit eingeschränktem Erfolg. Sein Bruder war ob seiner gewagten Manöver am wahrscheinlichsten dort, wo es am meisten Trubel gab und dort hatte er ihn auch erspäht, doch dann hatte ihn ein glatzköpfiger Brecher von Mann bedrängt und wieder in eine andere Richtung getrieben. Am Ende wäre er wohl unter den schweren Hieben zu Boden gegangen, hätte den Angreifer nicht jemand von der Seite gerammt und Gregory noch einen Schuss in der zweiten Donnerbüchse gehabt.
Schweiß perlte von seiner Stirn, den er mit einem heben des linken Armes in den Ärmel wischte. Ein fremer Mann stolperte an ihm vorbei und ließ den Scovell zurückweichen. Dabei stieß er leicht gegen Rayon. Gut dass er ihn erreicht hatte. Dass ausgerechnet der Smutje für ihn der rettende Fels in der Brandung wurde ließ ihn trotz allem kurz schmunzeln. Er und der friedliebende Koch, Rücken an Rücken, mitten auf dem umkämpften Schiff und Gregory fühlte sich einigermaßen sicher! Jeder Andere hier kämpfte lieber als sie! Und doch wusste er, dass er sich zu einhundert Prozent auf den Schwarzen verlassen konnte.
"Alles okay? Nichts ist okay!", fluchte er, "Wir sollten die Queen Joanna entern, nicht sie uns. Ellhan ist irgendwo da vorne um sich Silverstone zu stellen und Trevor ist irgendwo rechts von uns, da wo das Chaos am größten ist. Zumindest habe ich ihn da zuletzt gesehen. Ich habe keinen Schuss mehr in den Büchsen und du weißt wie wohl ich mich mit dem Entermesser in der Hand fühle. Ganz zu schweigen von dem, was danach kommt, sollten wir das hier überleben!"
Gregory schauderte. Erst hieb man auf einander ein, um sich möglichst große Wunden zu reißen und hinterher war das Gejammer beim zusammenflicken noch viel größer. Wenn er nur an all das Blut, dass er nachher zu sehen bekommen würde, dachte fühlte er schon Übelkeit in ihm hochsteigen. Und alles sollte in Ordnung sein?!
Schwach parierte er den Schlag eines neuen Angreifers, ein kleiner, drahtiger Mann mit schwarzen Haaren, Wieselgesicht und haufenweise Narben. Und auch Rayon schien einen neuen Gegner zu haben. Den Fremden von gerade eben.
"Godess! Bitte lass das hier schnell vorüber gehen", murmelte er.