09.04.2016, 15:18
Nothing to lose
01. März 1822 Aspen Montrose & Shanaya Árashi
Aspen hielt sich die Hand an den Magen, während er den Kopf einzog und sogleich eine aufgebrachte Crew vor Augen hatte, die einen Angriff erwartete. Verdammt, sein Magen knurrte so sehr. Dieser verdammte Möchte-gern-Koch von gestern sollte über die Planke gehen! Den Fraß hatte kein Mensch essen können! Noch während er die letzten Stufen hinunterstieg, versuchte Aspen zu erschnüffeln was heute wohl auf den Tisch kommen würde... Zu seiner Überraschung war es kein Fisch. Schade eigentlich. Er mochte Fisch! „Wird es wieder so einen Fraß wie gestern geben?“, erkundigte er sich relativ mürrisch beim Eintreten in die Kombüse und trat einen Schritt zur Seite, als ein weiterer Mann eben jene gerade verließ. War das der Koch...? Nein, am Feuer stand noch eine Person.
Shanaya hatte genug von diesen... Kochkünsten von irgendwelchen daher gelaufenen 'Ich bin ein ach so toller Köchen'. Sie hatte deren Fraß irgendwie herunter bekommen, aber sie hatten weder satt gemacht, noch gut geschmeckt. Traurige Welt. Also hatte die Schwarzhaarige sich recht schnell mit dem Gedanken angefreundet, bald selbst wieder etwas zu zaubern. Das war eine Herausforderung, auf einem Schiff hatte sie noch nie gekocht. Aber hey, wer wäre sie, wenn sie diese Herausforderung nicht annahm? Die junge Frau hatte sich also in die Kombüse begeben, hatte sich Zutaten zusammen gesucht, die nun alle vor ihr in dem Topf vor sich hin köchelten. Mit einem letzten Abschmecken warf die Schwarzhaarige einen überlegenden Blick zur Decke, ehe sie vollkommen zufrieden grinste. Perfekt! Wie erwartet. Die hellen Augen beobachteten ruhig den Mann, der die Kombüse verließ – und einem neuen dafür Platz machte. Einen Moment blinzelte Shanaya, ehe sie ihn erkannte. „Angelockt vom leckeren Geruch?“ Ein munteres Grinsen galt dem Blonden.
Aspen klopfte sich demonstrativ auf den Bauch, als der nächste Möchte-gern-Koch, pardón, Köchin, sich zum ihm drehte. Leckerer Geruch? Hallo? Es roch nicht nach seinem Lieblingsessen! Verstimmt zogen sich die Augenbrauen nach unten, während er unschlüssig stehen blieb. Er hatte eindeutig zu viele Menschen hier unten stehen sehen, die ihn so ziemlich das Gleiche gefragt hatten. „Was gibts denn?“ Es war nicht zu überhören, dass pures Misstrauen mitschwang.
Shanaya ließ den Blonden einen Moment lang nicht aus den Augen, ehe sie sich den Löffel, mit dem sie die Suppe abgeschmeckt hatte, in den Mund steckte und sich umdrehte, um sich einen Teller zu nehmen. Und einen anderen bereit zu stellen. Die Stimme des Mannes ließ sie dann grinsen, weiterhin den Löffel zwischen den Lippen, was auch dazu führte, dass sie bei ihrer Antwort leicht nuschelte. „Suppe. Das einzige, was ich aus den Sachen machen konnte, die noch übrig sind. Den Rest haben irgendwelche unfähigen 'Köche' zu Matsch verarbeitet oder weg geworfen.“ Eine Verschwendung, eindeutig. Sie hoffte, dass irgendjemand diesen Job übernahm, der mehr Ahnung hatte. „Probier es oder verhunger.“ Die Schwarzhaarige drehte sich wieder um, füllte sich nun einen Teller mit Suppe und bewegte sich dann Richtung Tisch. „Ich verspreche dir, das schmeckt besser als dieses... Zeug, das die anderen gekocht haben.“
Aspen knurrte unverständlich und verfolgte Shanaya bei ihrem Tun ununterbrochen. Wie? Sie hatte alle Reste in diesen Topf geschmissen?! Beinahe schon entsetzt versuchte er einen Blick auf ihren Teller zu erhaschen – allerdings konnte ihm ein Bild der Suppe wahrscheinlich kaum von ihrem Geschmack überzeugen. Während der kleine Rabe sich also hinsetzte und über ihre Vorgänger witzelte, ging Aspen also doch notgedrungen zu dem Hexenfeuer und warf einen Blick hinein. „Es gibt ansonsten keine Lebensmittel mehr...?“ Das war... traurig. Enttäuschend! Zerschmetternd! Und er klang wie ein kleines Kind, das ins Bett geschickt wurde. Zögernd nahm er sich einen Telle und einen Löffel. Er musste das wohl essen. „Hast du das in der Schule gelernt...?“ Unwillig schwang recht viel Hoffnung in seiner Stimme mit.
Shanaya ignorierte das Knurren des Mannes, nahm es kaum wahr. Sie war gespannt, ob er ihr traute. Oder eher, was er ihr zutraute. Sie ließ sich jedenfalls auf einen Stuhl sinken – in für einen Piraten ungewöhnlich geraden Haltung – und rührte noch einmal kurz mit dem Löffel durch die Suppe, ehe sie sich einen Löffel voll nahm und sachte pustete. Dabei huschte der blaue Blick noch einmal zu Aspen, der sich nun anscheinend doch traute. „Ein bisschen was ist noch da, bis nach Asanu reicht es noch.“ So gerade. Shanaya wandte sich wieder der Suppe zu, genoss den ersten Löffel, ehe Aspen eine weitere Frage stellte, die sie kurz leise schnaufen ließ. „Teils. Das meiste habe ich mir selbst beigebracht. Aber keine Sorge, du wirst nicht gleich tot umfallen. Das Gift braucht ein wenig, bis es wirkt.“ Und damit nahm sie den zweiten Löffel von ihrem Teller.
Aspen war gerade dabei sich eine Kelle auf den Teller zu füllen. Besonders lecker sah das ja nicht aus... Aber Suppe sah nie lecker aus! Nunja. Einen Löffel brauchte er noch, fand ihn irgendwo auf der Kombüsenzeile, bevor er an dem Sud roch. Gift? Nein. Das glaubte er natürlich nicht. Außerdem wäre es mehr als nur gemein, einer ausgehungerten Crew vergiftetes Essen vorzusetzen!Das stand fest. „Selbst beigebracht klingt nicht sehr viel versprechend...“ Und dieses Mal wollte er Shanaya weniger aufziehen, als mehr seiner Sorge Ausdruck verleihen, bevor er sich einen Löffel in den Mund schob und nickte. Ja, das ging sogar! Relativ flink schöpfte er sich noch etwas auf den Teller. „Wie lange brauchen wir noch bis Asanu?“ Dort würde er sich einen Geheimvorrat an Essen anlegen.
Shanaya blickte aus den Augenwinkeln zu Aspen hinüber, der sich offensichtlich etwas schwer damit tat, von ihrer Suppe zu probieren. Undankbar war er auch noch! Sie lächelte munter über diesen Gedanken, behielt den Löffel einen Moment im Mund, ehe sie den Kopf zur Seite wog, dem Blonden einen Blick zuwarf. „Ich habe mir alles mit der Seefahrt selbst beigebracht. Und siehe da, wir sind seit Wochen auf dem Meer und leben noch und sind auf dem richtigen Kurs.“ Aber immerhin schien ihre Suppe doch nicht all zu schlecht zu schmecken, Aspen füllte sich ein wenig nach. „Wenn uns nichts dazwischen kommt, dürften es noch gut drei Tage sein. Höchstens vier.“
„Hmh.“, versuchte er zumindest so zu tun, als würde er aufmerksam zuhören, während er löffelte und sich mehrmals die Zunge verbrannte. Na, zumindest konnte er jetzt erleichtert seufzen, wo sein erstes Hungergefühl langsam gestillt wurde. „Das glaube ich erst, wenn wir wirklich dort ankommen.“ Ohne sie anzusehen setzte er sich ebenfalls an den Tisch, dem kleinen Raben gegenüber und aß weiter. Brot gab es anscheinend nicht. Das wäre auch zu schön gewesen. Nunja, zumindest konnte er sich langsam beim Essen wieder zurück an die Wand lehnen. „Vier Tage sind eindeutig zu lange mit diesen Leuten.“ Und auch wenn es gut gepasst hätte: dieses Mal bezog er sich nicht nur auf die Kochkünste.
Shanaya warf dem Blonden nur einen finsteren Blick bei seiner kaum vorhanden Reaktion zu, das Lächeln blieb jedoch auf ihren Lippen. Aber immerhin murrte er jetzt nicht mehr über das Essen. Seine Worte ließen Shanaya kurz mit den Schultern zucken. „Da ich keine Zweifel daran habe – willst du darum wetten?“ Eine herausfordernde Miene schlich sich auf ihre Züge, ehe sie nach erneutem Pusten einen weiteren Löffel voll Suppe in den Mund schob. Nun saß er ihr gegenüber und die junge Frau konnte bei seinen Worten ein Auflachen nicht unterdrücken. „Du hast keinen von ihnen getötet, was meinst du, wie sie mit Talin und mir umgehen?“ In ihrer Stimme klang keinerlei Beschwerdeton mit, sie machte sich aus diese ganzen Sache einen Spaß. „Wenn wir zu spät kommen, sind wir ein paar Köpfe kürzer. Dann wird das Nichts mit einer neuen Crew.“