31.10.2017, 10:27
Zwar nahm er die durch den Regen gedämpften Schritte auf dem Deck wahr, aber er dachte nicht daran, dass sie ihren Besitzer letztendlich zu ihm führen würden. Die übrigen hatten sich so weit wie möglich alle unter Deck versammelt, wo ihnen der Regen nichts ausmachte. Liam hingegen liebte die Natur mit all ihren Gesichtern. Deshalb auch zuckte er kurz zusammen, als direkt hinter ihm eine Stimme erklang und ihn aus seiner eigenen, kleinen Welt riss. Als er sich umwandte, erkannte er Talin, die im Anbetracht der Geschehnisse weitaus sorgloser wirkte als ein paar Tage zuvor noch. Wahrscheinlich ging es ihnen allen so, aber auf ihrer Schulter hatte wohl das schwerste Gewicht gelegen. Liams Blick glitt kurz zu der Tasse Kaffee in ihrer Hand, ehe er das junge Mädchen wieder mit einem leichten Schmunzeln musterte.
„Du siehst aus, als hättest du ihn nötiger.“, stellte er fest.
Trotzdem ließ er ihr Angebot nicht einfach verstreichen, sondern nahm die Tasse entgegen, um zumindest einen kleinen Schluck zu sich zu nehmen. Die Wärme brannte kurz auf seinen doch etwas kalten Fingern und er merkte, dass ein wenig Aufwärmung tatsächlich nicht geschadet hatte. Daraufhin gab er sie wieder zurück und blickte Talin mit einer Mischung aus Unverständnis und Mitleid entgegen.
„Was machst du hier draußen? Du siehst nicht so aus, als würdest du das Wetter genießen. Fangen die Kerle an zu nerven, jetzt, wo sie allmählich wieder auf die Beine kommen?“
Es war nicht einfach, mit so vielen Menschen auf engstem Raum zu leben. Umso schwieriger wurde es, wenn es sich dabei um vielerlei Fremde handelte. Liam misstraute ihnen nicht, obwohl sie wohl alle Verbrecher waren. Ebenso wenig aber misstraute er den beiden Soldaten, die sich ihnen angeschlossen hatten. Er kannte dieses Spiel. Enrique und Kaladar waren sich mit Sicherheit bewusst, dass einige der Neuankömmlinge nicht unbedingt gut auf sie zu sprechen waren. Ein falscher Schritt würde wohl oder übel über ihr Leben entscheiden. Sie hatten keine Wahl als sich gut zu benehmen.