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Im letzten Licht des Tages
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#3
Aspen ließ den Blick nur schweigend über die Köpfe der Menge gleiten, die langsam damit begonnen sich Tücher oder Umhänge über den Kopf zu spannen, oder ihre Stände abzubauen. „In einer anderen Familie wärst du wahrscheinlich nicht mehr am Leben“, gab er zu bedenken und verkniff sich jeden Kommentar der hohen Kindersterblichkeitsrate. Nein, er war wirklich froh, dass er aufgewachsen war, wie er war. Er konnte lesen, sich über Wasser halten und besaß genug Talente um einen Job zu finden. Das Glück hatten ganz sicher nicht alle... Zumindest nicht in dieser Region ihrer Welt. „Abenteuerwütige?“, wiederholte er fast schon ein wenig skeptisch. „Ich hoffe eher auf erfahrene Seemänner.“ Mit einem Kopfnicken deutete er erst auf Shanaya, dann auf sich selbst, als wolle er sie darauf hinweisen, dass sie beide wohl kaum mit ihrem bisherigen Können punkten konnten. Ihre einzige Hoffnung basierte schließlich nur auf Talin. „Und auf einen Koch“, fügte er schmunzelnd hinzu. Das wäre wohl noch die leichteste Aufgabe.

Shanaya malte sich immer wieder aus, wie die neue Crew wohl sein würde. Dabei ging sie jede Möglichkeit durch – vom schlimmsten bis zum besten. Und dabei hoffte sie einfach auf eine gute Mischung, nur nicht auf ganz so viele Idioten. „Oder sie nicht mehr.“ Hey, wer wusste schon, wer nach ihrem Onkel gefolgt wäre, wäre sie auf Yvenes geblieben. Und davon konnte Aspen ja vielleicht auch ein Lied singen. Sie sprach diesen Gedanken aber nicht aus, schmunzelte nur darüber. „Ein Schiff voller toller Seemänner bringt einem Nichts, wenn man dann nur ohne Ziel und Verstand durch die Gegend segelt. Da fehlt die Spannung.“ Es hatte ja nun seine Gründe, wieso sie sich für ein Piratenschiff entschieden hatte, und nicht eines der Händler, von denen es genug in Yvenes Häfen gab. „Wenn wir keinen Koch finden, übernehme ich das eben auch noch.“ Es gab wohl wenig, was ihr schwerer fiel.

Aspen runzelte nur skeptisch die Stirn, als Shanayas Kommenatar folgte: Sie nicht mehr? Oh Kind, es war für den Moment so einfach gewesen zu vergessen, dass in diesem Mädchen noch der jugendliche Trotz tobte. Deswegen ignorierte er den Satz, jedoch nicht ohne die Mundwinkel abschätzend zu kräuseln. „Was ist denn ein 'spannendes' Ziel für dich? Der Schatz auf einer der verlassenen Inseln? Eine neue Welt? Die sagenumwobene Magie?“, zog er sie auf und wiederholte damit alle Piraten-Geschichten die er als Kind aufgeschnappt hatte. „Mein erstes Ziel – wie du es nennst – ist es vorerst die andere Seite unserer Welt mitzuerleben“, gab es zu und hob fast schon theatralisch die Augenbrauen. Ja, er kannte die dunkle Seite des Handels, die vielen Opfer der Handelskompanie – ob bewusst oder unbewusst geopfert. Die wirklichen Schattenseiten waren ihm nur von Erzählungen bekannt.

Shanaya sah, da sie den Blick nach vorn gewandt hatte, nicht Aspens Blick. Sie hätte sich so oder so nicht daran gestört. Auf seine Frage streckte sie die Arme zu beiden Seiten auf, verpasste ihm damit einen sachten Hieb mir der einen Hand – bewusst! - und grübelte dann kurz. „Alles davon? Und der Weg dahin. Wenn ich ein langweiliges Leben auf See hätte haben wollen, hätte ich das Geschäft meiner Eltern übernehmen können.“ Sie zog die Arme wieder zurück. Die anderen Welten waren schon verlockend... und die Geschichten dazu lockten sie noch viel mehr. Und sie war froh darüber, dass sie Talin als ebenso abenteuerwütig einschätzte. „Du denkst in kleinen Schritten. Meinst du, bis dahin hast du die Nase voll vom Piratenleben?“

Aspen fuhr sich verletzt über die Stelle, an der ihr Hieb ihn erwischt hatte, als hätte es wirklich weh getan. Unbewusst, vielleicht in die Gedanken über all die Märchen vertieft, fuhr er sogar einmal zu oft über die Stelle an seinem Arm. Er konnte dem kleinem Raben nicht ganz in ihrer Begeisterung zustimmen, dass er wirklich alle Legenden und Sagen miterleben und verfolgen würde. Er hatte sein Leben schließlich gemocht: den Wohlstand, die vielen Freiheiten auf der einen Seite, die große Verantwortung über so viele Arbeiter. Es hatte ihn ausgelastet, wenn eben diese eine Person nicht alles zerstört hätte. „Den Weg dorthin?“, wiederholte er ohne Bewertung. „Ich glaube, dass bereits viele ihr Leben auf diesem viel zu früh Weg gelassen haben.“, gab er ohne einen Funken von Scham sein Bedenken zu. „Hast du keine Angst davor, dein Leben durch puren Leichtsinn zu verlieren?“ Doch noch bevor er die Frage ganz gestellt hatte, biss er sich auf die Zunge: jugendlicher Leichtsinn, das waren genau Shanayas Schlagwörter. Natürlich würde sie keine Angst davor haben. Doch das sprach er nicht aus. Stattdessen fuhr er sich nur nachdenklich über das Kinn, strich den Bart glatt. „Bisher noch nicht. Ich mag es meine Berufung weiter ausführen zu können, ohne jeden Tag die gleiche Aussicht zu haben.“, gab er zu und offenbarte damit wohl den wichtigsten Punkt für seine Entscheidung sich den Piraten anzuschließen: bei einem Händler hätte er mehrere Schiffe am Hafen flicken müssen, jetzt durfte er jeden Tag etwas anderes sehen und konnte seine Leidenschaft dennoch ausführen. Ha! Als ob ihn überhaupt irgendein Händler angestellt hätte!

Shanaya richtete den hellen Blick zur Seite, als Aspen ihre Worte hinterfragte. Und seine ergänzenden Worte brachten sie nur zum grinsen. Das war eine Frage, die leicht zu beantworten war. Immerhin hatte sie selbst sie sich oft genug gestellt. „Piratenleben ist nicht einfach, man muss jeden Tag damit rechnen, dass man draufgeht. Wenn ich Angst davor hätte, wäre ich falsch hier. Ich spiele nicht mit meinem Leben – nicht Ich! - aber dann sterbe ich lieber in einer Schlacht als von irgendwelchen Dienern umgeben, die mich nichts alleine machen lassen.“ Sie zuckte mit den Schultern, er sollte davon halten, was er wollte. Sie hatte sich bewusst für dieses Leben entschieden, und sie war nicht der Typ, der sich ängstlich in einer Ecke verkroch. Und wenn sie aufpasste musste sie sich darum vielleicht nicht einmal so große Sorgen machen. „Wenn ich ein sicheres Leben hätte haben wollen... wir hatten es schon einmal, würde ich abends mit dir am Tisch sitzen und dir vielleicht das Essen ins Gesicht werfen.“ Sie drehte den Kopf zu dem Blonden und zwinkerte. „Das wir jetzt hier sind spricht wohl genug, oder?“ Sie blickte wieder nach vorn, überlegte kurz und sprach dann weiter „So kannst du anstatt Bäume fallen Masten reparieren. Hat doch auch was.“

Aspen nickte, dass er verstand. Ja, er nickte ein weiteres Mal. Er konnte sie wirklich verstehen Vielleicht auch nur, weil er eine Schwester ohne Freiheiten gehabt hatte, oder weil er genau wusste, dass ein eingeengtes Leben schrecklicher war als jeder Kampf. Deswegen antwortete er auch nicht, konnte sich in dem einen Moment nur ein Lachen schwer verkneifen, wenn er sich wirklich vorstellte, dass der Plan seines Vaters gewesen war, ihn zu einer allabendlichen Tortenschlacht einzuladen. „Ich mochte mein 'altes' Leben“, gab er zu und merkte selbst das es stimmte. „Mir gefiel die Verantwortung, mein Kreis von Vertrauten und der Handel.“ Es war ein beständiges Leben gewesen und wenn sein Vater das Unternehmen einmal aufgegeben hätte, wäre er auch wirklich frei gewesen, auch wenn es sich zum letzten Zeitpunkt nur um Jahrzehnte hätte handeln können. „Hast du nicht jede Nacht genossen, als du dich davon gestohlen hast? Wir hatten genug Abenteuer in unserer kleinen Welt. 'Ich' hatte genug Abenteuer.“ Und bei diesem Gedanken lächelte er beinahe schon glückseelig. Ja, er hatte alles gehabt und hätte alles haben können. Nur die Freiheit , die hatte er schneller haben wollen, als sie ihm zugeschrieben worden war. Zu seiner eigenen Überraschung schockierte es ihn noch nicht einmal, dass er so viel hatte geben können um wirklich 'frei' zu sein. Das war es wert gewesen. „'Masten reparieren'?“, wiederholte er lachend. „Wenn das meine einzige Aufsicht auf Unterhaltung sein wird, bist du mich schneller los als nötig.“ Die Hand, die eben noch den Bart gestrichen hatte, streckte er nach hinten, reckte sich und dehnte die Muskeln, als würde er das schwierige Thema so von sich abstreichen. „Was ist eigentlich deine Aufgabe? Die ganzen Papiere und das Zeug? Piraten werden immerhin keine Buchhalterin brauchen.“, neckte er und legte die Betonung absichtlich auf die weibliche Form des Jobs.

Shanaya strich sich eine der inzwischen feuchten Strähnen aus der Stirn. Talin hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Wenn diese komisch geschnittenen Haare nass wurde, waren sie gar nicht mehr zu bändigen. Sie wusste nicht, ob es sie wundern sollte, dass Aspen sein altes Leben gemocht hatte. Sie wusste nicht genau WIE er gelebt hatte, aber vermutlich nicht groß anders als sie selbst. Sie hatte seinen Vater erlebt, wusste um den Erfolg seines Geschäfts. „Dein Himmel, meine persönliche Hölle.“ Nein, dieses Leben wäre Nichts für sie gewesen. Sie wäre unglücklich gewesen, das wusste sie. Und so hatte sie bekommen, was sie sich gewünscht hatte. Mal sehen, wie lange das gut ging. „Ich war oft genug unerlaubt unterwegs. Und habe damit genug Leute zur Weißglut getrieben. Bewusst.“ Wie oft hatten die Lehrer des Internats versucht, sie irgendwie zu erziehen und waren gescheitert? Oft genug. „Zur Abwechslung darfst du sicher auch Mal irgendwas anderes zusammen hämmern.“ Sie blickte nicht zur Seite, als Aspen sich streckte, blieb dann aber bei seiner Frage stehen. Papier... sie wollte noch welches besorgen. Und anderes... Sie griff also in die Tasche, holte den alten Kompass heraus, der hoffentlich bald ersetzt wurde und hielt ihn in die Luft, während die kleine Nadel gegen das Glas tippte. „Was ist denn die Aufgabe des Navigators? Ich verrate euch den Kurs, wenn mir danach ist.“ Seine nächsten Worte ließen sie leicht die Nase rümpfen. „Wofür ist dann der Quartiermeister da?“ Sie grinste dem Blonden entgegen, kramte dann in ihrer Tasche, in die der Kompass zurück fiel.

Aspen verkniff die Erklärung, dass der Himmel anders aussähe, um nicht mit einer detaillierten Autobiographie zu beginnen. Stattdessen konzentrierte er sich darauf der Regen zu genießen, der endlich einmal nicht salzig schmeckte. Er konnte sich Shanaya als Schülerin gut vorstellen. „Ich glaube, dass du es nicht so schlimm empfunden hättest, wenn du der ganzen Sache nicht so abgeneigt gewesen wärst.“, pflichtete er ihr bei, wenn auch nicht belehrend. Wahrscheinlich wäre sie nicht 'nur' eine Ehefrau geworden, wenn sie dem Internat nicht die kalte Schulter gezeigt hätte. Vielleicht interpretierte Aspen aber auch zu viel von sich selbst hinein. Als er ihre Bewegungen im Augenwinkel sah, drehte er dne Kopf vom Himmel zu ihr, betrachtete das kleine Ding in ihrer Hand. Navigator. So war das. Er hatte wohl nicht gut genug auf ihre Arbeiten am Schiff geachtet. „Und wer hat dir das beigebracht?“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf ihre Taschen, indem der Kompass wieder verschwunden war. Er selbst hatte auch mal einen besessen, um den Weg aus dem dichten Wald problemlos zu finden. Das war lange her. „Dann bin ich mal gespannt, wie lange wir ein Abenteuer suchen müssen, wenn du uns den Weg weist.“, schmunzelte er und konnte sich den Gedanken daran, dass sie von einem Kind den Kurs benannt bekamen, nicht verkneifen. Er müsste mal mit Talin sprechen, ob sie dieses Talent ebenfalls besaß und es ihm 'bei bringen' könnte. Vor Shanaya wollte er dies nicht eingestehen. Bei ihrer Frage war er kurz irritiert, bevor er sich entsann: ach, es gab ja doch einen 'Buchhalter' auch wenn dieser wohl kaum gleichrangige Aufgaben wie die bisherigen Arbeiter die er kannte übernahm. „Er ist dafür da mir mitzuteilen, ob es sich finanziell für mich gelohnt hat, den Stand zu wechseln.“ Ja, da war er wieder. Der abgeklärte Händler in seiner Stimme, auch wenn es auch ein Scherz hätte sein können.

Shanaya hob bei den Worten des Blonden leicht eine Augenbraue. So? Glaubte er das wirklich? „Mich von irgendeinem Kerl unterdrücken lassen, von dem meine Eltern wollten, das ich ihn heirate, ihn umsorge und so tue, als wäre er das Zentrum meines Lebens? DAS glaube ich weniger. Das wäre absolut Nichts für mich. Ich brauche meine Freiheit, und die hätte ich in diesem Leben niemals so bekommen.“ Seine Frage ließ sie tief durchatmen. Ob er ihr das glauben würde? „Alles, was ich über die Seefahrt weiß habe ich mir selbst beigebracht. Vom Aufbau eines Schiffes, über die Navigation, das Wetter...“ Das war Nichts, was man ihr beigebracht hätte. Das brauchte sie nicht, um ihren Eltern Ehre zu bringen und ihren hoch angesehenen Ehemann zu versorgen. Die Schwarzhaarige verzog leicht das Gesicht, seufzte dann. „So lange, wie es braucht, bis Talin nach einem Abenteuer ist. Sie ist nicht umsonst Captain.“ Auch wenn es sicherlich nur eine Frage der Zeit war, bis sie diesen Posten nicht mehr allein inne hatte. Wenn es nach ihr ging. Was Shanaya davon halten sollte... das würde sie dann an besagtem neuen Captain ausmachen. Vielleicht konnte er sie ja überzeugen? Sie kramte also kurz weiter in der Tasche, holte ein paar Stücke Kohle hervor, die sie schnell wieder hinein fallen ließ, bevor der stärker werdende Regen sie aufweichte. „Reich wirst du eher nicht als Pirat. Es sei denn, unser Captain will jedes Schiff entern, das uns begegnet und kommt damit durch...“

Aspen tadelnd schnalzte er mit der Zunge, schüttelte verneinend den Kopf bei ihren Worten über die Ehe. Er war verheiratet, irgendwie. Nicht offiziell, weil die Stammesgesetze nicht universell waren, aber er wusste zumindest welches warme Gefühl allein der Gedanke in ihm auslösen konnte, dass er in seiner eigenen winzigen Welt gelernt hatte, dass die Ehe nicht nur aus Zwang und Pflicht bestand. Doch das sagte er nicht, wollte sich jeden Kommentar verkneifen. „Die wirkliche Ehe bedeutet Freiheit, kleiner Rabe.“, belehrte er sie ohne weitere Erklärung. Er biss sich sogar auf die Zunge, um sich jeden Kommentar zu verkneifen, auch wenn er ihr davon berichten wollte, wie manche Menschen Shanayas selbsternannte 'Hölle' sahen. Doch das durfte er nicht. Stattdessen fuhr er sich nur ein weiteres Mal durch die nassen Haare, besann sich und strich sie nach hinten, bevor er sich in seichtere Gesprächsgewässer begab. „Und wie hast du es dir selbst beigebracht, so ganz ohne Vorwissen?“ Aspen konnte nicht ganz verbergen, dass er ihr nicht glaubte, oder es sich zumindest nicht vorstellen konnte. Ihre Arbeit war etwas anderes als sein Schnitzen, das sich durch Übung ergab. Die Bemerkungen zu Talin kommentierte er nur mit einem Nicken. Er war überrascht gewesen, dass so ein junges Ding es wirklich auf diesen Posten geschafft hatte. Doch er selbst sah sich nicht in der Position – oder der Lebenserfahrung in dieser Welt – um sie beurteilen zu können. Ihre bisherigen Taten und Anordnungen hatten ihn aufjedenfall weder abgeschreckt, noch Zweifel aufkommen lassen: deswegen blieb er. „Ja, ich bin gespannt auf ihre Pläne.“, gab er nur sachlich zu.

Shanaya schielte nur leicht zur Seite als sie das schnalzende Geräusch wahrnahm. Was kam jetzt? Lernstunde mit einem Vatermörder? Sie lachte bei diesem Gedanken beinahe los, richtete den Blick dann aber wieder zu ganz zu ihm herum, als tatsächlich eine Aspen-Weisheit folgte. „Eine Freiheit, die man nicht in einer arrangierten Ehe findet, weswegen DAS Nichts für mich ist.“ Das war selbstverständlich für sie. Sie hatte Nichts gegen die Ehe – auch wenn sie selbst sich dafür noch deutlich zu jung fand... - aber nicht unter solchen Umständen. Dazu war sie vielleicht auch irgendwo in ihrem Inneren zu romantisch veranlagt. Irgendwo. Sehr weit versteckt. „Oder wärst du frei gewesen, wenn du 'irgendwen' geheiratet hättest, den dein Vater für dich ausgesucht hätte?“ Das konnte er ihr nicht erzählen, sie glaubte nicht daran. Das war Zwang, keinerlei Freiheit. Das nächste Thema sagte ihr dabei jedoch auch mehr zu, und sie schmunzelte über Aspens Worte. „Du glaubst mir nicht, hm?“ Gut, es war auch nur die halbe Wahrheit. „In Büchern findet man genug Informationen dazu. Und solltest du nicht darauf geachtet haben – meine Eltern hatten mehr als ein Schiff.“ Und ihr Bruder hatte auch eins. Wenn man es genau nahm, war sie die einzige, die kein eigenes Schiff hatte. Wow. Sie war doch das schwarze Schaf der Familie. „Ich hatte genug Zeit, um sämtliche Bücher auswendig zu lernen.“ Sie seufzte leise, drehte sich dann um und lief ein paar Meter rückwärts, sich suchend nach einem Turm mit einer Uhr umsehend. „Und wir sollten vielleicht Mal zu ihr, sonst wird das mit den Plänen Nichts.“

Aspen schmunzelte, als Shanaya ihm ihre Sicht erklärte. Dann gab es in der allgemeinen Bevölkerung also doch noch – zumindest verborgen – eine Sicht auf die wahre 'Liebe', auch wenn sie nicht anerkannt wurde. Beinahe vertraut setzte er seine beste Maske auf: belehrend, als wäre der kleine Rabe seine Schülerin. Und dann, ohja, damit wäre all das nette Gespräch und die Weisheiten vorbei, hob er den Arm, als wenn er sich strecken müsste, bevor er die Dunkelhaarige absichtlich damit auf den Schultern ein Stück zu feste versuchte hinunter zu drücken! „Du möchtest mir also sagen, dass wir zwei nicht glücklich bis ans Ende unserer Tage gelebt hätten?“, fragte er sie entsetzt und zog die Augenbrauen schmeichelnd nach oben, als wolle er sie umgarnen. Hach, sie hätten beide vermutlich Selbstmord begangen! Einen Moment verharrte er so, zumindest versuchte er es, bevor er den Arm wieder hob und abwehrend die Hände vor sich streckte. „Und ich bin dir nur gefolgt, weil ich unsere Zukunft vor Augen hatte!“, entrüstete er sich schockiert, als seien alle Hoffnungen nun von ihm gewichen. Nebenbei hatte er ihre Erklärungen zum Thema Navigation zwar wahrgenommen und gespeichert – insgeheim sowohl ihren Mut, als auch das Durchhaltevermögen bewundert – doch er war sich ein wenig zu schade, dem kleinen Raben dies auf die Nase zu binden, auch wenn er ansonsten mit Lob nicht knauserig war. Stattdessen verfiel er lieber in ein tiefes Lachen, aus dem ein wenig Schadenfreude heraus zu hören war.

Shanaya wurde misstrauisch, als der Mann sich streckte – zu Recht. Im nächsten Moment hatte sie seine Hand auf der Schulter, mit der er versuchte sie runter zu drücken. Aber sie hielt so gut es ging dagegen, brummte auf seine Worte hin. „Entweder hätte ich dich erschossen oder mich selbst. Da bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Gott, nein. Egal ob Aspen oder einer dieser anderen Kerle... mit keinem davon wäre sie glücklich geworden. Dann nahm er die Hand weg, woraufhin die Schwarzhaarige nicht lang zögerte. Mit einem Schritt stand sie genau vor ihm, ihre Hand schnellte zu ihrem Dolch, den sie dem Mann im nächsten Moment direkt an die Kehle hielt. Auf den Lippen ein vollkommen ruhiges, beinah charmates Lächeln. Die blauen Augen waren direkt auf seine gerichtet. Sie drohte ihm nicht wirklich, ihr war inzwischen egal, was er tat oder sagte. Solange er die Finger von ihr ließ. Dieses Mal waren es nicht nur ihre Zähne, die er zu spüren bekommen konnte. „Überleg dir alles weitere ganz genau. Und lass deine Finger bei dir.“ Einige Herzschläge vergingen, ehe sie die halbherzige Drohung fallen ließ und sich direkt umwandte. Gut gelaunt schlenderte sie voran. „Wie gesagt, werde ich jetzt zu Talin gehen. Komm mit oder lass es.“ Die Blicke mancher Passanten interessierte sie nicht. Gott, zu gern hätte sie jetzt Aspens Gesicht gesehen. Ihr Dolch wanderte mit einer lockeren Bewegung zurück in die Scheide an ihrem Gürtel.
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RE: Im letzten Licht des Tages - von Shanaya Árashi - 10.02.2016, 18:00

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