06.08.2017, 23:18
Ein Hafenarbeiter?! Aufgebracht schnappte Enrique nach Luft. Dann fiel ihm wieder ein, dass sein Gegenüber nichts sehen konnte. Mühsam konzentrierte er sich darauf sich zu entspannen.
Immerhin gab ihm der Fremde recht und erklärte sich bereit ihm zu folgen.
Aber da Cornelis damit beschäftigt war, sich hochzustemmen und der Junge kurz darauf von den Matrosen bei Seite genommen wurde, bekam dieser die Reaktion höchstens am Rande mit.
Auf die Kameraden des Rothaarigen achtete Enrique, nachdem er sich von ihnen abgewandt hatte, gar nicht mehr. Sollten sie doch zu ihm kommen wenn sie nicht wussten, wer er war oder von wem er sprach. Viel wahrscheinlicher schien ihm sowieso, dass es ihnen völlig egal war und sie dem Capitán nichts sagen würden.
¡Idiotas!
Außerdem würden sie dann ein Problem bekommen. Denn Enrique würde den Besuch zu Hause Ankündigen und Jorge würde ihm bestimmt recht geben, niemanden schicken und sauer sein, wenn die Worte seines Sohnes nicht beachtet wurden! Ganz bestimmt!
Zu ihm zurückgekehrt sah der Junge den Rotbart irritiert an.
Ich habe mich doch gerade vorgestellt?
Noch immer hatte er an den Gefühlen zu knabbern, die in ihm aufwallten und das Verlangen weckten es diesen aufgeblasenen estupidos heimzuzahlen. Am liebsten hätte er sich mit ihnen geprügelt. Und hätte er gerade nichts mit Cornelis zu tun gehabt, dann wäre er wenigstens gerannt, hätte geschrien oder auf irgendeine andere Art sich abreagiert. Aber genau das wollte er derzeit nicht, sondern den Erwachsenen beweisen, dass er sich erwachsener Benehmen konnte als sie, indem er sich einem verletzten Gast gegenüber anständig verhielt. Zu aufgewühlt antwortet er deswegen zunächst nicht auf Cornelis Fragen sondern legte die Hand des Hühnen wortlos auf seine Schulter.
Nach einer kleinen Weile viel ihm ein, dass er antworten musste, wenn er nicht unhöflich sein wollte und fing an. Zunächst waren seine Worte noch recht ruhig, Freude flackerte kurz auf, denn bis jetzt mochte er Cornelis, dann aber sprudelte es nur so aus ihm heraus und je mehr er davon sprach um so schneller folgte ein Wort dem anderen, um so mehr brach sich erst seine Wut dann seine Enttäuschung wieder Bahn und um so aufgeregter wurde Enriques Körpersprache, bis er sich ohne es zu merken losriss, auf und ab stapfte und wild gestikulierend über das Geschehene ausließ:
"Ich bin Don Jorges Sohn und Vater hält hier alles am laufen. Außerdem erwartet er ihn schon länger. Wie sollten sie denn auch sonst über Geschäfte reden?
"Erfreut sie kennen zu lernen Sir!
"Ich— Ich finde es einfach ungerecht! Vater sagt immer, wenn du dich wie ein Erwachsener verhältst, dann werden dich die anderen auch wie einen behandeln. Aber das stimmt nicht! Es ist völlig egal, was ich mache, wenn Vater nicht dabei ist behandelt mich jeder wie ein kleines Kind. Da sind alle gleich! Und dabei habe ich mich so beeilt, um den Capitán zu beglückwünschen. Um so mehr, als ich erfahren habe, dass es die Seepferdchen ist.
"Statt dessen darf ich mir anhören: Das ist kein Ort zum Spielen, zieh Leine! Es Interessiert sie nicht mal, was ich dazu zu sagen habe. Sie hören mir ja nicht mal zu!
"Dabei habe ich mir solche Sorgen gemacht als ihr es Gestern nicht in den Hafen geschafft habt. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich war so froh als ich die Seepferdchen heute Morgen wieder sah. Und dann hört mir dieser Schiffstrottel nicht mal zu!"
Enriques Stimme klang halb erstickt und wahrscheinlich wunderte sich der Rothaarige, ob dem Jungen gerade tatsächlich Tränen in den Augen standen.
"Und nett zu euch waren sie auch nicht. Sie haben euch einfach liegen gelassen und irgendwas behauptet, dass ich euch nicht kenne würde. Aber was hat das damit zu tun?! Ihr seid schwer verletzt und gestürzt und sie haben sich nicht mal bemüht! Wenn das meine Freunde wären und sie sich so verhalten würden, wären sie das die längste Zeit gewesen! Oder wenn ihr sie unbedingt als Freunde behalten wollt, dann sagt ihnen, dass sie sich wenigstens entschuldigen sollen! Das ist das mindeste, findet ihr nicht?"
Bei dieser Frage trat er vor Cornelis, sah zu ihm auf und senkte dann den Blick.
"Wenn ich ihnen das sage, werden sie es bestimmt nicht tun...", endete er kleinlaut.
Von seinen Gefühlen überwältigt bebte der Junge am ganzen Körper. Wie sollte er van der Meer helfen, wenn er die Matrosen nicht einmal dazu bekäme sich zu entschuldigen? Und was würde sein Vater dazu sagen? Oder seine Mutter? Nahia wäre sicher nicht begeistert, wenn er Cornelis die ganze Zeit laufen ließe. Ganz davon ab, dass sie wahrscheinlich nicht vor übermorgen zu Hause ankämen. Und wirklich erwachsen war diese Szene auch nicht, geschweige denn, dass er es geschafft hätte die Kontrolle zu behalten. Dabei hatte er sich so viel Mühe geben. Von seinem Vater hätte er sich jetzt, zumindest verbal, eine gefangen. Würde van der Meer auch so reagieren?
Er musste sich was einfallen lassen! Nur schämte er sich derzeit viel zu sehr, als dass er sich darauf hätte konzentrieren können.
Auch deswegen wusste Cornelis zwar, dass der Junge vor ihm stand aber nicht genau wo oder wie weit entfernt.