01.08.2017, 17:30
Cornelis´ Hand stieß auf einen dünnen Arm, der in Stoff gehüllt war. Jedoch verriet ihm sein Tastsinn sofort, daß dies nicht der raue Stoff eines einfachen Leinenhemdes war. Er vernahm die Vorstellung des Jungen und runzelte zweifelnd die Stirn, was unter dem Verband kaum zu sehen war, als er dessen Spitznamen hörte. Vielleicht lag es einfach nur daran, daß er aus einem anderen Teil dieser Welt stammte, daß sich dieser in seinen Ohren merkwürdig anhörte.
"Zu den Hafenarbeitern gehörst du auch nicht, wie es scheint. Gut, Enrique, dann lass uns aufbrechen. Wenn es das Einfachste ist, zu dir nach Hause zu gehen und dort einen Arzt rufen zu lassen, so sollten wir dies tun."
Er fühlte das Holz einer Kiste unter seiner Hand, als der Junge diese darauf legte, und stemmte sich langsam und mühevoll hoch. Selbst diese kleine Bewegung bereitete ihm wieder Kopfschmerzen und er atmete schwer wie nach einer großen Anstrengung, als er stand. Und doch war er zufrieden, dies allein geschafft zu haben.
Seine Vermutung, daß Enrique nicht aus einer einfachen Familie stammte, wurde noch bestätigt als er hörte, wie dieser seinen Schiffskameraden wegen des Zeitpunktes zum Essen anranzte. Als Enrique dann zu ihm zurückgekehrt war, fragte er nach:
"Also, wer bist du? Wer ist dein Vater, daß er Kapitän O´Mahony zum Essen bitten läßt?"
Cornelis streckte die Hand in Richtung von Enriques Stimme aus, konnte aber natürlich nicht sehen, wo er auskam. Als der Junge ihm die Hand zu seiner Schulter geführt hatte, spürte dieser keinerlei Druck auf sich liegen. Cornelis benutzte ihn offensichtlich nur als Ersatz seines momentan fehlenden Sehsinnes. Und in diesem Moment blitzte das erste Mal der große Stolz von Cornelis vor Enriques Wahrnehmung auf, denn so schwer dem Mann das Gehen in seiner Verfassung auch fiel, er weigerte sich schlichtweg, den Jungen als Stütze zu nutzen. Er war ein Mann, er war stark - er wollte es einfach alleine schaffen.
"Mein Name ist Cornelis, Cornelis van der Meer. Was ist der Grund, daß du so gereizt bist?"
Nachdem sie die ersten Schritte gegangen waren, wurde Enrique schnell klar, daß es mit dem vorsichtig-tastend gehendem Cornelis eine Ewigkeit dauern würde, bis sie zu Fuß ankommen würden.