30.07.2017, 14:21
Mit etwas verhärmter Mimik erwiderte Greo Rayons Blick, der vielleicht nicht sonderlich viel Zuversicht, aber eine Menge Tatendrang und Entschlossenheit enthielt. Es fiel Greo nicht schwer zu glauben, dass der Dunkelhäutige ein guter Anführer geworden wäre. Dementsprechend verwunderte es ihn, dass er sich für die Stellung eines Koches entschieden hatte, wo seine rednerischen Qualitäten und die Energie, die in den Worten mitschwang, andere Menschen leicht anstecken konnten. Solche Fähigkeiten ließen sich für weitaus interessantere Dinge, als gut gebratenes Fleisch nutzen – und das aus Sicht eines alteingesessenen Farmers bedeutete schon was. Er neigte zustimmend das Kinn und sah Rayon noch ein paar Sekunden lang nach, bevor er seine Konzentration erneut dem Geschehen in der Ferne widmete.
Er zuckte leicht zusammen, als er Ryans Stimme vernahm. Es war weniger der Tonfall, als die Tatsache, dass er das Hütchen nicht gesehen hatte, die ihn fast etwas erschreckte. Mit zusammengezogenen Brauen schaute er sich in der Dunkelheit nach dem Fremdling um und beschloss dann, ihn zu ignorieren. Arrogantes Gerede konnte er in dieser Situation nicht gebrauchen und er hatte nicht vor, sich auf ein verbales Kräftemessen einzulassen. Greo schob sich den Hut zurecht und wandte sich erneut dem Steuer und seiner Aufgabe als Beobachter zu.
Auf der Innenseite seiner Wange rumkauend hob er dann und wann das Fernrohr an, wenn er eine ruckartige Bewegung oder ein flackerndes Licht an Deck der anderen Schiffe registrierte. Aufmerksam spähte er, ob die Konturen ihm Hinweise darauf geben konnten, was da drüben vor sich ging.
Er kniff die Augen zusammen.
«Komm schon…»,
murmelte er, in Erwartung, irgendein Signal erkennen zu können. Aber das einzige Signal, was daherkam, kündigte sich mit Pauken und Trompeten an, um ihm dann fast ins Gesicht zu springen. Ruckartig drehte er sich um und ließ fix das Fernrohr sinken, weil es Trevors Gestalt in seinem Sichtfeld grotesk aufblähte und heranholte.
«Der Terrier.» ,
flutschte ihm knurrend aus dem Mund, halb verwundert, dass Trevor überhaupt noch Laufen konnte und ein wenig verärgert, weil er einen solchen Radau veranstaltete. Greo war nicht sicher, ob er erleichtert sein sollte, dass der übermütige Jungspund sein hinterhältiges Ich-mach-dich-mit-Alkohol-unschädlich-Manöver überlebt hatte oder ob er ihn nicht doch lieber ausgeknockt in der Hängematte liegen hätte. War er als Kind einmal zu viel von der Wickelkommode gefallen, oder was war bei ihm verkehrt gelaufen?
Ryans Kommentar aus dem Off irritierte ihn kurz, reizte ihn aber wieder nicht zum Antworten. Er hatte kein Interesse an einer provokanten Diskussion, die sowieso nichts zur Problemlösung beitrug, denn das Kind war ja bereits in den Brunnen gefallen. Zudem hatten sie hier noch ein anderes Kind zu versorgen. Rayons verständliche, aber heftige Reaktion Trevor gegenüber, rief bei Greo dabei noch mehr Unbehagen hervor, als zuvor schon.
«Ich muss gestehen, das ist meine Schuld, ich wollte ihn aus dem Weg haben.» ,
gab er unumwunden zu, wissentlich, dass ihm das Minuspunkte einbringen konnte. Er legte das Fernrohr ab und fischte etwas an seinem Gürtel.
«War nicht sonderlich schlau von mir, ich hätte dich warnen müssen.» Er reichte Trevor ein kantiges Stück Brot und blinzelte kurz Richtung Ryan. «Rayon, lass gut sein, wir –…»,
Auch Greo unterbrach sich, als die Explosion durch die Luft krachte. Ein kurzer Blick zu Rayon genügte.
«Segel dicht!» , bellte er mit Blick auf den Wind und ihre Möglichkeiten, schneller zur Morgenwind zu gelangen.
[Achterdeck Sphinx am Ruder | Rayon, Trevor und Ryan]