20.07.2017, 12:30
Der Leutnant blieb zurück, genauso wie der bärtige Zellengenosse und der schmächtige Marinesoldat. Vom Feigling war weit und breit keine Spur. Der war irgendwo unten im Frachtraum. Ein kurzer Blick zu seinem älteren Zellengenossen, dann zu dem Leutnant hin, auf dem seine Augen ein wenig länger ruhten. Nein, er hatte ihren kleinen Handel nicht vergessen. Der Mann hatte ihm eine Möglichkeit zur Flucht einräumen wollen und das hatte er getan. Auch wenn Yaris bezweifelte, dass das hier zu seinem Plan gehört hatte und das Hergeben des Zellenschlüssels ein paar Gefangenen mehr zur Flucht verhalf. Doch der Attentäter würde im Gegenzug seinen Teil der Abmachung einhalten. Der intensive Blick sollte dem Mann wortlos genau das versichern, selbst für den Fall, dass der Marine diesen Kahn hier nicht lebend verlassen würde. Denn hier und in dieser Nacht hatte er Hochverrat an der Marine begangen und wenn er es nicht ins Wasser schaffte, würde er am Ziel dieser Reise hängen, wenn man ihn nicht an Ort und Stelle richtete. Doch wie auch immer es ausgehen mochte, mit einem Nicken bedankte er sich und wünschte dem Mann alles Gute, versicherte ihm wortlos, seinen Part zu erfüllen. Dann setzte sich ihr kleiner Trupp bereits in Bewegung. Vorbei an Marinesoldaten, die ihnen zwar irritierte Blicke zuwarfen, sie ansonsten aber unbehelligt passieren ließen.
Yaris war kein Mann der See, war er nie gewesen, doch seine Aufträge hatten ihn hin und wieder auf Schiffe gebracht. Die Kajüte des Leutnant sah aus, wie jede Kajüte eines Ranghöheren Offiziers. Einfach und zweckdienlich eingerichtet, doch mehr als eine Hängematte im Schlafdeck für die einfachen Fußsoldaten. Vollgestopft mit Karten und anderem Papierkram, doch relativ ordentlich aufgeräumt.
Die Stimmte der kleinen Blonden hallte durch den kleinen Raum, während Yaris sich an das Holz neben der Tür lehnte und sein Blick nun suchend durch den Raum schweifte. Er folgte dem nachdenklichen Blick der Brünetten. Ein Tisch, wäre praktisch, aber das Teil war zu massiv und die Zeit kaum ausreichend, genau wie seine Kraftreserven, um ihn in kürzester Zeit zu zerlegen. Allerdings stand in der Ecke ein Schrank, dessen Regale voll mit Papierrollen war. Sah auch massiv aus, allerdings nicht so sehr wie der Tisch. Seine Wahl war getroffen. Er stieß sich von der Wand ab und ging zum Schrank, begutachtete ihn kurz und fegte kurzerhand ein Brett mit einer Armbewegung leer. Damit war es um die Ordnung im Raum geschehen. Denn die Rollen verteilten sich über den Boden um ihn und kullerten wild durcheinander, was Yaris total ignorierte. Stattdessen lehnte er sich gegen den Schrank und schlug mit letzter Kraft von unten gegen den Rand eines Regalbodens, der in der Seitenwand verankert war. Massiv und Sturmerprobt mochte es sein, aber mit einem gezielten Schlag gegen diese Schwachstelle, gab es nach nur einem Schlag gegen jede Seite nach. Und noch mehr Rollen wurden auf dem Boden verteilt bei der ganzen Aktion. Allerdings war selbst diese kleine Anstrengung fast zu viel. Und während Yaris das Brett umständlich aus dem Schrank schälte, blieb er gegen ihn gelehnt.
Und dann? Das Brett in Händen halten wandte sich sein verschwommener Blick der kleinen Blonden zu. In Erwartung, was ihr genialer Plan als nächstes vorsah.