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Gesichter der Vergangenheit
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
#1
Gesichter der Vergangenheit
bespielt von    Enrique de Guzmán
16.09.1806
First Post

"Before the night shut down she was seen with sails idly flapping as she gently rolled on the undulating swell of the sea.
'As idle as a painted ship upon a painted ocean.'"

'The Dailygraph'; Bram Stokers Dracula


Ein schwarzer Haarschopf flog den Kai entlang, der Zopf hatte sich gelöst, das Haarband hatte der Sturm fortgerissen. Wenn sein Vater mitbekäme, dass der Junge bei diesem Wetter, so früh und ohne ein Wort zu sagen das Haus verlassen hatte würde er Ärger bekommen. Aber der Junge hatte sie gesehen, wie sie versucht hatte kreuzend noch vor dem Sturm und der Nacht in den Hafen zu kommen, vom Rot der untergehenden Sonne beschienen, als stünden ihre Segel genau wie die Wolken in Flammen.
Dann hatte die Flaute eingesetzt und die Segel sanft gegen die Masten schlagen lassen, im selben Rhythmus wie die See trügerisch ruhig unter ihrem Rumpf hindurchrollte.
Der Kapitän war klug genug gewesen seine Mannschaft im letzten Licht aufentern und jedes bisschen Stoff bis auf die Sturmsegel einholen zu lassen und sich für die relative Sicherheit der hohen See zu entscheiden als die ersten Windböen das baldige Losbrechen des Sturmes ankündigte und war mit ihr gen Horizont in die Dunkelheit verschwunden.
Enrique hatte die ganze Nacht wachgelegen und dem Wüten der Naturkräften gelauscht. Es war kein Hurakan gewesen aber heftige Gewitter und Hagel hatten den nichtsdestotrotz heftigen Sturm begleitet. Irgendwann hatte er es im Bett nicht mehr ausgehalten, das Fenster geöffnet und versucht im kurzen Aufreißen der Dunkelheit das Schiff zu finden. Ein paar Mal war er sich nicht sicher gewesen, denn es mochte ebenso wahrscheinlich Einbildung gewesen sein.
Dann, mit dem aufkommen des Tages, hatte der Sturm langsam angefangen nachzulassen und noch bevor er soweit abgeflaut war, dass das Schiff den Sturmhafen Esteros überhaupt anlaufen konnte, hatte Enrique sich etwas übergeworfen, war ohne sich Zeit für Schuhe zu nehmen und über mögliche Konsequenzen nachzudenken losgerannt, denn vom Anwesen auf den Klippen bis zum Hafen war es ein weiter Weg und er musste wissen, ob sie es geschafft hatte.
Dort wo die Straße zu den Klippen aufschloss und kurze Zeit später zum Strand und dem unteren Teil der Stadt abbog hatte er inne gehalten sich an der Mauer abgestützt und den Horizont abgesucht.

Da war sie!

Noch immer von starken Böen und hohen Wellen gebeutelt hatte sich das mitgenommene Schiff wieder zur Küste orientiert und lief, in der Hoffnung, dass das nur ein Vorläufer war und die Herbststürme noch auf sich warten ließen, auf den Hafen zu.
Und sie hatte Glück.

***

Auch an Bord des Schiffes hatte man diese Nacht kein Auge zugetan. Immer wieder waren die Wogen über dem Schiff zusammengebrochen und hatten alles mit sich gerissen, was nicht ordentlich festgemacht gewesen war. Die Lenzpumpe hatte nicht stillgestanden und sie hatten das Steuer voll besetzen müssen und es dennoch kaum unter Kontrolle halten können. Laufendes Gut war ihnen aus den Händen gerissen worden, zwei Wanten gebrochen und schließlich hatte sich das Sturmsegel am Hauptmast losgerissen und war flatternd von einigen Seilen gehalten herabgestürtzt und auf das Deck gekracht.
Doch in anbetracht dessen, was sie überstanden hatten waren diese Schäden gering: Ebensogut hätte es sie einen Mast kosten oder die Brecher hätten den Bug unter Wasser drücken und nicht wieder hochkommen lassen können.

Während sie sich auf dem Weg zu ihrem Liegeplatz befanden, stand Kapitän O'Mahony selbst am Steuer und ließ sich berichten. Soweit er bis jetzt wusste hatten sie auch noch in einem anderen Punkt großes Glück gehabt und Niemanden an die See verloren. Aber Verletzte hatte es gegeben und so sehr er sich auch bemüht hatte den Überblick zu behalten, so wenig war es ihm in den Details gelungen.

Nebenbei wanderte sein Blick über die bereits im Hafen vor Anker oder an der Kaimauer festgemacht liegenden Schiffe und die Anlagen.
Auch hier hatte es Schäden gegeben, doch die waren wenige und meistens leicht zu reparieren. Wiedereinmal verwünschte er die schlechten Winde, die diese Fahrt so verlangsamt hatten. Bereits vor zwei Wochen hätte die Seepferdchen hier festmachen und kurz darauf wieder in Richtung Heimathafen auslaufen sollen.
de Guzmán war sicher nicht über die Verspätung begeistert aber immerhin waren die Güter, die die Seepferdchen für diesen Händler übernommen hatte keine verderblichen Waren. Trotzdem würde sich das auf die Verhandlungen über eventuelle neue Fracht und einen potentiellen Beitritt in die Handelsgesellschaft auswirken.
Nun ja, falls es zu schlimm war musste er mit der Zurechtweisung seiner Oberen leben, konnte sich aber wegen neuer Fracht immer noch an die Kontore der Gesellschaft wenden.

***

Jetzt lief das Schiff, in Begleitung eines Lotsenbotes, für den Jungen quälend langsam in den Hafen ein. Wo würde sie festmachen? Wie hieß sie? Wie sah wohl der Kapitän aus? Ging es der Besatzung gut?
Als er dann den Namen Seepferdchen hörte und schließlich auch lesen konnte machte sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht breit. Da war sie also, das Schiff, auf dass seinen Vater wartete und das zu jener Handelsgesellschaft gehörte, von der Jorge in letzter Zeit so häufig gesprochen hatte. Wie sehr hatte er dieser Begegnung entgegengefiebert!
Immer wieder erklomm Enrique Laternen, sturmgesicherte Kisten oder Fässer um besser sehen zu können, erntete mitunter erboste Rufe oder Mahnungen von den Wenigen, die trotz Wetter und früher Stunde schon den Hafen bevölkerten. Denn auf den Landungsstegen und dem Kai sammelten sich bereits die ersten Schaulustigen und Helfer.
Unter letzteren befand sich auch Enrique, der, trotz seiner Jugend und entgegen den Anweisungen seines Vaters, wie sich ein Junge seines Standes verhalten sollte, unter jenen war, die die Leinen fingen, als die Besatzung der Seepferdchen sie herüber warfen. Sollte jemand darauf achten, erweckte er dabei eher den Eindruck, ein Junge der Eingeborenen habe sich Kleider eines reichen Händlers angeeignet und arbeitete nun unbemerkt Barfuß und mit wild wehendem Haar unter Seeleuten und Beamten, als den eines Sohnes eines angesehenen, ehrbaren Kaufmannes.
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Gesichter der Vergangenheit - von Enrique de Guzmán - 03.06.2017, 16:15
RE: Gesichter der Vergangenheit - von Cornelis Feuerbart - 11.07.2017, 16:03
RE: Gesichter der Vergangenheit - von Cornelis Feuerbart - 16.07.2017, 13:20
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RE: Gesichter der Vergangenheit - von Cornelis Feuerbart - 07.06.2018, 11:27
RE: Gesichter der Vergangenheit - von Cornelis Feuerbart - 22.06.2018, 12:35

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