13.05.2017, 13:12
Etwas angespannt hielt Greo mit dem Ruder gegen die sanften Bewegungen der Sphinx und zwinkerte ein paar Mal angestrengt, um seine Sicht zu klären. In seinem Kopf lief er immer und immer wieder die Schritte des Planes ab, spielte verschiedene Szenarien durch und überlegte, wie sie auf die unterschiedlichsten Ereignisse reagieren konnten, die da auf sie warten mochten.
Aber so sehr er sich auch bemühte, war ihm doch klar, dass es wahrscheinlich anders ablaufen würde, als sie sich das ausgemalt hatten. Das Leben kannte viele Möglichkeiten und es machte sich in der Regel einen Heidenspaß daraus den Menschen zu zeigen, dass sie vom Schicksal keine Ahnung hatten. Irgendwie faszinierte es ihn, dass viele trotzdem aus irgendeiner Tiefe ihrer Instinkte den Willen hervorkramten, sich allen Widrigkeiten zu stellen. Es dauerte ein bisschen, bis ihm gewahr wurde, dass diese Tatsache auf ihn selbst wie gemünzt war.
In der Dunkelheit der Nacht reckte er trotzig das Kinn zur Morgenwind und lächelte grimmig.
Es war ruhig. Das war grundlegend nichts Schlechtes. Aber ihm war klar, dass diese Stille durchaus trügerischer Natur sein konnte. Konzentriert heftete er seinen Blick auf die fernen Lichter. Er konnte trotz der Schwärze gut sehen, was einerseits Segen, andererseits Fluch war. Wenn ich euch sehe, seht ihr mich auch., dachte er und die steile Falte zwischen seinen zusammengezogenen Brauen verriet, dass ihn dieser Umstand besorgte. Was hatte die Sphinx schon einer gut gezielten Vierundzwanzigpfündigen entgegenzusetzen?
Seine Züge glätteten sich ein wenig, als er Gesellschaft erhielt. Kurz glaubte er den blinden Passagier die Treppe hinaufkommen zu sehen, was ihm nicht so recht gefallen hätte. Sein Misstrauen löste sich allerdings, sobald er die hellen Zähne des Koches aufblitzen sah, kaum dass dieser sprach.
„Es ist zumindest nicht der Seegang, der mir zu schaffen macht.“
entgegnete er und erwiderte das Lächeln mit einem scheuen Zucken um die Mundwinkel (zumal ihn der Wink zu Trevor etwas beschämte: es war seine Schuld, dass ihr anderer Neuzugang jetzt ein Nickerchen pflegte). Greo kannte Rayon nicht wirklich und das Leben auf See hatte ihn geschärft Fremden gegenüber wachsam zu sein. Doch die offene Art des Dunklen lud ihn geradezu ein, sich aus der Sicherheitszone zu wagen. So nahm er das Pökelfleisch mit einem dankbaren Nicken gerne entgegen und gönnte sich einen Bissen.
„Stimmt schon“, setzte er an und lenkte seinen Blick erneut dahin, wo er den Horizont vermutete, „Zumal –“
Greo stockte. Irgendetwas veränderte sich. Er nahm das dumpfe, vertraute Geräusch von Alarm wahr, bevor er die frisch entzündeten Lichter erkennen konnte. Unverwandt auf das Schiff in der Ferne blickend neigte der das Gesicht ein wenig zu Rayon.
„Hörst du das?“
Hinter seinen Ohren kribbelte es. Ob ihre Mannschaft es nun geschafft hatte oder etwas anderes die Schiffe in Aufruhr versetzte: jetzt war es an der Zeit sich bereit zu halten.
[Achterdeck Sphinx | am Ruder | Rayon]