22.04.2017, 11:18
Er hatte kaum den Blick gesenkt, als er auch schon wieder hoch sah. Harper. Jetzt schon? Sein Magen wandelte sich prompt in einen schmerzhaften Knoten. Schnell spähte er zur Taschenuhr hinüber, die in Augenhöhe an einem Balken befestigt war. Götter, er hatte nicht einmal mehr das Glasen mitbekommen. Zwischenbericht, Zwischenbericht, Zwischenbericht...
Kurz schaute er auf die Papiere hinab. Bei der derzeitigen Rationierung noch für sechs Tage Wasser, Schwund durch die Hitze mit eingerechnet, wenn sie nicht noch mehr verloren, weil die Matrosen wieder welches durch Rangeleien bei der Ausgabe verschütteten oder welches gestohlen wurde. Und eine erneute Kürzung würden sie schlecht aufnehmen. Also blieb eigentlich nur eines: Alle anderen Offiziere würden sich dem anschließen müssen, was er und einige wenige bereits freiwillig und offensichtlich taten und sich mit den gleichen Rationen zufrieden geben müssen wie Mannschaft und Unteroffiziere. Der Knoten wurde heftiger und sandte einen Klumpen in seine Kehle hoch. Selbst er würde in solch einer Situation nicht anfangen mit Trinkwasser zu handeln. Das war viel zu gefährlich. Ihm grauste davor, dass die Leute herausfinden könnten, dass in Harpers Kajüte drei volle Fässer standen und die Offizier sich wann immer sie zu ihm gebeten wurden bedienen durften... Nicht auszudenken was dann geschähe! Und er konnte nicht einmal mit Kaladar darüber sprechen, da der keine Ahnung hatte.
Als der Leutnant sich wieder dem Sergeanten zuwand hatte er das schlechte Gefühl wieder in die Magengegend verbannt und schaffte es bei der kleinen Geste sogar zu grinsen. Das war in der Tat eine willkommene Ablenkung.
Und Harper die unangenehme Wahrheit vorlegen zu müssen konnte demnach warten. Er brauchte sowieso noch Zeit um zu berechnen, wieviel ihnen das bringen würde. Vielleicht einen Tag, maximal zwei.
Stattdessen schob er die Puppe vorsichtig wieder in die Innentasche seines Uniformrockes und ordnete die Papiere auf seiner Back um, sodass eines mit kryptischen Zeichen oben auf zu liegen kam.
"Aber, aber, Sergeant, immer noch hoch geschlossen? Und das bei dem Wetter? Geben sie acht, dass sie sich keinen Hitzschlag holen. Unser Schiffsarzt hat schon genug solcher Fälle", erwiderte er mahnend darauf hinweisend, dass der Kapitän längst einsehen musste, dass er den Dresscode teilweise hatte fahren lassen müssen. Erst nachdem Kaladar leicht gequält das Gesicht verzog gestattete er sich zu Grinsen und das schalkhafte Blitzen in seinen schwarzen Augen verriet seinem Gegenüber, dass er ihn ein wenig hatte aufziehen wollen, wusste er doch, dass dieser nicht sonderlich viel von Freizügigkeit hielt.
Außerdem bräuchten sie ein Thema für vorübergehende Crewmitglieder. Warum nicht das?
Dann deutete er auf das Geschütz.
"Setz dich und verrate mir, was wir haben!", forderte er nur für ihre Ohren bestimmt die Feder zur Hand nehmend.