28.03.2017, 19:45
Schritt eins, das Schiff ohne aufzufallen betreten – geschafft. Schritt zwei, das Ziel finden – auch geschafft. Fehlten noch zwei Schritte, die sie zu erfüllen hatten. Und die ersten hatten mehr oder weniger gut funktioniert, immerhin hatte sie Aspen irgendwie aus dieser Situation reißen können. Vorerst zumindest. Die Hand noch zu einem Salut erhoben ließ Shanaya es sich nicht nehmen, einen kurzen Moment zu der Zelle zu schielen. Talins Bruder und zwei andere Gestalten. Es hätte sie gewundert, wenn sie sie gekannt hätte, sie waren also vollkommen belanglos und wurden in Ruhe gelassen, wenn sie brav den Mund hielten. Und genau das taten sie, perfekt. Der einzige, der sich also genauer mit ihnen befasste war besagtes Ziel. Aber bevor die Schwarzhaarige sich diesem Herren für eine genauere Musterung wandte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit erst einmal wieder zu dem Dunkelhaarigen herum, für den sie noch salutierte. Ob er wusste, was das für eine 'Ehre' war? Vermutlich nicht, aber sollte ihr Recht sein. Der Größere erwiderte vorerst Nichts auf ihre Worte, erwiderte nur kurz diese hoch trabende Geste – und wandte sich dann wieder an Aspen. Shanaya unterdrückte mit aller Macht ein Seufzen. Sie konnte nicht schon wieder für den Blonden antworten. Es wäre zu auffällig... zudem hatte Aspen sie erst in diese Situation gebracht. Ganz langsam ließ sie also die Hand sinken, wandte die Aufmerksamkeit vorerst nicht von dem Höhergestellten ab, auch wenn sich ihr Kopf ein wenig senkte. Eine Möglichkeit, um Talins Bruder nun doch einen Moment länger zu mustern. Erst einmal Nichts Besonderes. Aber was erwartete man von jemandem, der so lange hinter Gittern gesessen hatte? Aber der eine Kopf... der ließ sie dann doch leicht lächeln. Innerlich zumindest. Äußerlich bewahrte sie die brave, unterwürfige Miene. Nicht, dass da noch jemand auf Gedanken kam... Aber von Aspens Seite kam – wie erwartet – keine Antwort. Als dann plötzlich die Rettung in unverhoffter Form auftauchte.
Shanaya merkte auf, als es polterte, die Stimmen lauter wurden und in ihre Richtung kamen. Mit mehr Lärm hätte man auch nicht aufmerksam machen können. Wirklich nicht. Aber hey, sie retteten ihnen – oder zumindest dem Blonden – gerade vielleicht den Kopf. Die blauen Augen der jungen Frau wanderten kurz zu dem Dunkelhäutigen, ehe sie sich zu der Gruppe herum wandte, die nun bei ihnen angekommen waren. Stockbesoffen. Beinahe wäre die Schwarzhaarige ihnen um den Hals gefallen, aber sie hielt sich zurück, setzte nur einen verwirrten Blick auf. Seine Worte ließen die Schwarzhaarige eine Augenbraue heben. Was hatte er jetzt vor? Ganz folgen konnte sie ihm nicht, unterdrückte das Verlangen, einen Schritt zurück zu weichen, als der Betrunkene sie bemerkte. Die neuen. DIE NEUEN! Oh Gott, vielleicht sollte sie ihn doch küssen. Jetzt wandte sich ihre Miene zu einem etwas unsicheren Grinsen. Die Neuen. Natürlich, sie waren die neuen. Ganz frisch angeheuert. Beinahe hätte sie in die Hände geklatscht, statt dessen wandte sie sich nur zu Talin und ihrem Bruder herum, wollte der Blonden gerade einen vielsagenden Blick zuwerfen, aus dem dann aber nur ein zischendes, beinahe ersticktes Geräusch wurde. Die kurz überrascht geweiteten Augen lagen noch einen Moment auf den Geschwistern, ehe sie ein Stück weg gezogen wurde und wirklich realisierte, dass jemand ihr einen Arm um die Schulter gelegt hatte. Und die Fahne, die ihr direkt in die Nase stieg, ließ nicht zweifeln, WER genau das gewesen war. Er wusste gar nicht, was für ein Glück er hatte. Wären sie hier in einer normalen Umgebung, ohne ein Ziel... zu gern hätte sie nach ihrem Dolch gegriffen, ihn genau auf dieser Höhe in das nächstbeste Ziel gerammt. Was in diesem Fall zwischen seine Beine gewesen wäre. Was für ein Spaß. Nur ein kurzer Versuch sich zu befreien, ehe sie Liam musterte, der auf der anderen Seite in der gleichen Situation festhing wie sie selbst. Nun wurden sie ein Stück näher zu den Gittern gezogen, sodass Shanaya der Blonden nun doch einen Blick zuwerfen konnte, der ALLES sagte. Nur das Brummen blieb aus, viel mehr war sie damit beschäftigt, diesen Drang zu unterbinden, diesen Kerl von sich weg zu stoßen. Übelkeit stieg in ihr auf, aber da musste sie jetzt durch... Was der Betrunkene dann sagte... Gott. Kerle. Vielleicht sollten alle männlichen Wesen auf dieser Etage (Was einige waren, quasi jeder außer ihr selbst und Talin) in einen Kreis stellen, sich die Hosen ausziehen und vergleichen, wer von ihnen am tollsten war. Dass die aber auch immer so... Shanaya schluckte, verbannte diesen Gedanken und stellte sich einfach mental mit in eben diesen Kreis. Warum nicht auf diese Idee eingehen?
„Ich wette, jeder von denen...“ Ihre Hand deutete auf die Gitter, Gefangenen darin. „... würde dich innerhalb kürzester Zeit nieder ringen.“
Da musste doch der männliche Kampfgeist geweckt sein, ein bisschen anstacheln konnte ja Wunder wirken. Ein herausforderndes Lächeln lag auf ihren Lippen, mit dem sie den Mann bedachte, der sie noch immer festhielt. Tief durchatmen. Ganz tief. Dabei glitt ihr Blick nur kurz zu dem Vorgesetzten dieses Haufens – dann wieder zu Talin. Irgendwie musste die Blonde diese Situation doch für sich nutzen können...
[Morgenwind | Auf dem Gang im Gewusel]