23.03.2017, 10:46
Das unterdrückte Lachen des Richters überraschte und verstimmte den Dunkelhäutigen ein wenig. Machte er sich über ihn lustig? War er auf eine hervorragende Scharade hereingefallen?
Doch dann wurde ihm klar, dass Zaedyn einfach nur eine seltsame Art von Humor im Gefängnis entwickelt oder schon immer gehabt hatte.
Vielleicht würde er es sogar selbst als witzig empfinden, würde er nicht bis zum Hals in dieser Scheiße stecken.
Dennoch mochte dieser seltsame Laut für Aufsehen sorgen. Sicherheitshalber sah Enrique noch einmal zu Jones hinüber.
Bei den Mächten, wie er gerade diesen Mann verabscheute. Grobschlächtig, dummdreist, lernresistent, ein Tyrann und Verräter was alle betraf, die sich von ihm einschüchtern ließen und ein Blender und Speichellecker, nicht nur nach oben, sondern auch wenn er kannte, dass jemand mächtiger war als er selber. Er hatte ein paar Leute mit noch weniger Einsicht um sich geschart, und ließ sie seine Angelegenheiten erledigen. Der Leutnant hatte ihn bereits mehrfach durch ein und den selben Fehler überführt und bestraft. Dazugelernt hatte dieser hirnrissige Belegnagel nicht. Und auch jetzt hatte er diese vermeintliche Gelegenheit versucht zu einer Verbrüderung zu nutzen. Normalerweise hätte der Offizier ihm das in keinster Weise durchgehen lassen, aber der Narr stuzte nicht einmal.
Würde er nur über etwas mehr Verstand verfügen, der Leutnant hätte ihn als gefährlich bezeichnet, so war er manipulier- und kontrollierbar. Ein Werkzeug, das nicht weiter dachte als bis zum nächsten Becher Rum. Wie geschaffen dafür hier unten Wache zu gehen und den vermeintlichen Verführungen und ernstgemeinten Drohungen der mittellosen Gefangenen zu wiederstehen, viel zu sehr darauf erpicht einen Vorwand zu finden seine Grausamkeit gegen eben jene zu richten.
Gefreiter Willard, einer von ihnen, und Bootsmannsmaat Eilerson waren auf ihre scheinheilige Art fast genauso schimm. Vordergründig waren sie freundlich, hilfsbereit und dienstbeflissen, hinten herum schwärzten sie jeden an und waren nur auf ihren Vorteil bedacht. Und genau wie Lowell verkrochen sie sich, drohte es ihnen an den Kragen zu gehen.
Was die restlichen Seesoldaten und Matrosen betraf waren die meisten recht anständig. Mitunter schwer von Begriff aber bemüht ihren Dienst zu versehen, abgesehen von ein paar Trinkern, die zu nichts zu gebrauchen waren.
Selbst mit den Adeligen Fähnrich Gaskel und Leutnant Ravenport ließ es sich arbeiten.
Ganz im Gegensatz zu Harper und seiner Nummer Eins. Der Kapitän hätte sie führen und inspirieren, aus dem Schiff eine Einheit machen sollen. Stattdessen teilte er es in zwei Lager: Die die ihm in den Arsch krochen und jene, die bei ihm unten durch waren.
Und sein erster Offizier steckte ihm bis zu den Knien im selbigen. Keiner der beiden hatte genug Rückrad um unangenehme Entscheidungen zu fällen.
Und weil er nicht hinterher kroch war er bei beiden unten durch. Das ging soweit, dass Harper sogar seine Anweisungen widerrief und er sich jedes bisschen Autorität doppelt und dreifach erkämpfen musste. Zum Glück war das bis jetzt nicht all zu häufig vorgekommen, ginge es jedoch so weiter würde er über kurz oder lang nichts mehr zu sagen haben. Und was das hieße, daran wollte er lieber gar nicht denken.
Es störte ihn nicht mal, dass die meisten hier an Bord versuchten sich ein paar Annehmlichkeiten zu ergaunern oder um unangenehme Arbeiten herumzukommen und unterstützte einiges davon sogar. Er wusste, dass er damit auf einem schmalen Grad wanderte. Auf der einen Seite Dankbarkeit, Loyalität und Gewinn, auf der anderen Zersetzung der Disziplin und die Gefahr erwischt zu werden. Er warnte seine Kunden, sie sollten sich nicht erwischen lassen. Passierte es trotzdem griff er besonders hart durch. Auch deswegen galt er als harter Knochen und Schinder.
Aber es reichten ein paar wenige wie Jones, Willard und Harper, das es ihm schien, auf diesem Schiff nichts weiter als eine Laufbursche und Sündenbock zu sein, der demnächst geopfert werden sollte.
Keiner seiner Vorgesetzten würde dieses Duell gutheißen, es würde schwierig werden Ravenport zu überzeugen seinen Sekundante zu machen, Gaskel hatte das Ganze zwar beobachtet, wollte er ihn aber nicht gänzlich ins feindliche Lager treiben konnte er ihn nur um Sekundanz ersuchen. Einen dritten Sekundanten würde er an Bord nicht finden obwohl er ihm zustand.
Und an Land? Lowell hatte ganze Arbeit geleistet.
Blieben höchstens die anderen Schiffe...
Lag hier jemand vor Anker, den er bitten konnte?
Enrique schüttelte diese Gedanken ab. Dazu war später noch Zeit. Halb hatte er mitbekommen, was Samuel gesagt hatte.
"Zwingen? Nein, zwingen werde ich ihn nicht können. Ich gehe eher davon aus, dass er wieder einen Weg finden wird vom Haken zu kommen. Trotzdem werde ich ihn fordern und sollte er annehmen wird er leiden."
Leutnant de Guzmán fühlte Wut in sich aufwallen, doch nicht stark genug um die Resignation zu vertreiben.
"Aber vielleicht wäre es besser, auch noch andere Wege zu beschreiten."
Nach kurzer Überlegung gab er sich einen Ruck.
"Wenn sie wollen lasse ich ihrer Tochter eine Nachricht zukommen. Ich könnte ihnen Schreibzeug besorgen. Viel Zeit bleibt allerdings nicht, egal ob ich den Brief nur aufgebe oder persönlich für seine Zustellung sorge."