04.03.2017, 10:54
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Missachte deine Vergangenheit nicht, sonst bist du unvorbereitet wenn sie dich einholt
Missachte deine Vergangenheit nicht, sonst bist du unvorbereitet wenn sie dich einholt
Die Flaute lag seit etwas mehr als eine Woche bleiern über der Morgenwind, erbarmungslos brannte die Sonne auf die spiegelglatte See und schwer lastete die Hitze auf den Gemütern der Besatzung. Eigentlich war die Zeit der Flauten in dieser Region längst vorüber und es blieb die Frage, wie lange diese wohl noch anhalten würde.
Kapitän Harper hatte den Drill unterbrochen, lediglich der Ausguck war doppelt besetzt, suchte mit dem Fernrohr nach Kräuseln auf der Wasseroberfläche, die eine Böe andeutete, welche das Schiff treffen mochte und die Boote waren draußen, damit sie im Zweifelsfall per Menschenkraft versuchen könnten das sich sträubende Schiff in den Wind zu bekommen. Dennoch mussten sie die Leute ablenken, was sie allerdings schon reichlich getan hatten und selbst Enrique gingen langsam die Ideen aus, wie sie die Matrosen weiterhin beschäftigt und damit von Dummheiten abhalten konnten.
Und wie er sich beschäftigt halten könnte. Hatte er nichts zu tun geriet er schnell ins Grübeln und das Wetter steigerte diese Tendenz noch.
Wäre da bloß nicht diese dämliche Anweisung seines Vorgesetzten, dass er jegliches Schwimmen im Meer zu unterlassen habe, damit jedes noch so kleine bisschen Wind auch genutzt werden könnte, und weil der abergläubige, schwimmunfähige Seemann sich vor Angst in die Hose schiss, die See damit gegen sich aufzubringen!
Sonst wäre er bald im kühlen Nass unterwegs.
Und in die Netze unter dem Bugsprit konnte er auch nicht. Die wurden gerade repariert. Sämtliches Takelgut war zu überprüfen, zu flicken oder zu ersetzen und zu teeren. Eine der Aufgaben um die Mannschaft beschäftigt zu halten.
Auch ohne das hätte das ganze Schiff nach heißem Teer gestunken, kochte die Sonne doch den zwischen den Planken wieder auf.
Blieben also die Wanten. Das stehende Gut war als erstes überprüft und mit Teer getränkt worden. Hinaufklettern, Abstand von den anderen gewinnen und so tun als suche er ebenfalls. Das hatte er sich fest vorgenommen, sowie er mit den Berechnungen fertig wäre. Bis dahin war er an seinen Schreibtisch unter Deck gefesselt.
Allerdings konnte er sich inzwischen nicht mehr darauf konzentrieren. Also saß er, die Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt, in der stickig, teerigen Luft in seinem Quartier und starrte vor sich hin. Seine Finger glitten geistesabwesend über das glatte Holz der kleinen Figur in seiner Hand. Bald würde er den Faden ersetzen müssen, der die Perlen und Muscheln zusammen hielt.
Er seufzte.
Worüber hatte er eben noch nachgedacht? Es half nichts, er wusste es nicht mehr. Irgendwas mit Schiff, Besatzung und was sie jetzt tun sollten...
Statt dessen viel ihm wieder ein, dass er sich eigentlich überlegt haben wollte, was er an Stelle einer Karriere bei der Marine machen wollte. Doch die bisher gefunden Alternativen befriedigten ihn nicht, über einige konnte er sich regelrecht aufregen, weil man versucht hatte, ihn in diese Richtung zu zwingen.
Und damit kam ihm sein Vater in den Sinn. Er stöhnte.
Darüber war er so in Gedanken versunken gewesen, dass er die sich nähernden Schritte erst mitbekam, als der frischgebackene Sergeant gegen den Rahmen der offenen Tür klopfte. Kurz blickte der Dunkelhäutige auf und überlegte eine Moment, ob er sich aufrichten sollte. Ach was soll's. Statt so zu tun als arbeite er machte er mit einer Hand eine einladende Geste und starrte wieder blicklos auf das Geschütz, mit dem er sich die Kajüte teilte. Kaladar würde schon reden, wenn er was zu sagen hatte.