19.02.2017, 20:58
Liam war eindeutig nicht der richtige Ansprechpartner dafür, Ruhe zu bewahren oder still zu sein. Dazu war er viel zu sehr der Meinung, dass es manchmal auffälliger war, vorsichtig zu sein. Wenn sie wie Marinesoldaten wirken wollten, mussten sie sich ebenso selbstverständlich verhalten wie sie. Sie mussten so aussehen, als gehörten sie hier her und wüssten was sie tun, auch, wenn beides ganz bestimmt nicht der Wahrheit entsprach. Selbst, wenn der Dunkelhaarige auch jetzt nichts gegen ein bisschen Rum einzuwenden hatte, war ihm selbstverständlich klar gewesen, wie die Antwort Talins ausfallen würde. Später hatten sie nicht nur Zeit dazu, sondern auch einen Grund. Vorausgesetzt natürlich, es würde nichts schief gehen. Er erwiderte das Grinsen ihres Captain zuversichtlich und schaute sich ebenso nach dem letzten, verlorenen Schaf ihrer Gruppe um. Allerdings fiel ihm auch auf, dass Sineca zwischen den Kisten verschwunden war – allzu lange konnte es also nicht mehr dauern, bis beide hier auftauchten. Und tatsächlich, kurz darauf hörte man schon die nächste Kiste unter dem Druck ihres Inneren nachgeben. Sineca hatte sich indes tatsächlich zum anderen Ende der Kiste locken lassen, sprang aber – kaum, dass Aspen die Kiste geöffnet hatte, mit einem gezielten Sprung auf die Kante und schenkte ihm ein lautloses Miauen, als wolle sie ihn bedeuten, ihr zu folgen. Erst war es der gefleckte Pelz der Genette, der erschien, knapp dahinter fand aber auch Prinz Eisenherz zu ihnen, weswegen Liam nun aufmerksam den Blick zu Talin hob. Mit den Händen festigte er kurz das Band, mit dem er seine Locken locker im Nacken zusammengebunden hatte. Dennoch erntete Aspen noch ein kurzes, stummes Auflachen. Wahrscheinlich war es. Immerhin waren ja nicht alle am arbeiten. Doch Liam blinzelte daraufhin, richtete sich die Kleidung ein wenig und wartete auf eine grobe Instruktion, damit sie nicht einfach blind drauflos liefen. Diese folgte auch sogleich, woraufhin er dem Blonden kurz zunickte und schließlich in die Richtung sah, in die sie gehen würden.
„Alles klar.“ Shanayas Einwand war nicht unbegründet, doch Liam schüttelte angedeutet den Kopf. „Ich bezweifle, dass er sich das anmerken lassen wird, wenn er wirklich hier raus will. Ihm ist sicher genauso bewusst wie uns, dass es nur diese eine Chance gibt.“
Das war ja selbst ihm klar! Ohne weiter Zeit zu verlieren, wollte er los in Richtung Treppe, als sich etwas um seine Beine schlang und ihm augenblicklich etwas bewusst wurde. Selbst, wenn sie nicht auffällig waren – Sineca würde es unweigerlich sein. Ohne ein Wort zu verlieren, sah er sich im Frachtraum um. Neben den großen Kisten gab es auch kleine. Vielleicht war das ihre Möglichkeit, die Ginsterkatze unauffällig mit sich zu führen. Kurzerhand überbrückte er die Distanz zu einer davon, brach sie schließlich mit Hilfe seines Dolches auf und leerte den Inhalt in eine der Kisten, in denen sie sich versteckt hatten.
„Na komm, rein mit dir.“
Er hatte sich hingehockt und hielt Sineca die geöffnete Holzkiste hin. Ihre feine Nase zuckte, während sie das Ding beschnupperte und nach einem wehleidigen Blick gen Liam schließlich doch ihren Platz bezog. Vorsichtig legte er den Deckel wieder darauf und erhob sich.
„Oder hat wer eine bessere Idee?“ Kurz wanderte sein Blick zwischen den übrigen hin und her. „Ich denke, kaum, dass es die Wachen etwas angeht, was wir mit zum Verhör bringen.“
Mit wenigen Schritten war er zurück bei Shanaya und Talin. Er musterte beide einen kurzen Moment von oben bis unten, ehe er Talin die Kiste in die Hände drückte. Shanaya wirkte von der Statur her einfach burschikoser, mit der Kiste konnte Talin vielleicht ein wenig von ihrer doch feminineren Gestalt ablenken.
„Gut, dann nichts wie los.“
Er bezog Position knapp hinter Aspen.