18.02.2017, 18:21
Was für ein Affenzirkus man hier veranstaltete. Zum einen waren da diese Schaulustigen, die seinen letzten Weg unbedingt miterleben wollten. Nicht, weil sie Mitleid für ihn hegten. Oh nein, dieser Illusion würde sich der Attentäter niemals hingeben. Die meisten waren hier, um wenigstens einmal etwas Aufregendes in ihrem erbärmlichen Leben vorzuweisen haben. Einige waren ganz sicher hier, um sich davon zu überzeugen, dass er auch wirklich dahin kam, wo er ihnen mit seinem Wissen nicht mehr schaden konnte. Die Abscheu über derartiges Verhalten stand dem Leutnant ins Gesicht geschrieben. Der Attentäter hob sein Haupt noch ein wenig und lächelte leise. Denn er konnte in diesem Mann lesen wie in einem offenen Buch. Gab sich dieser Marine gerade dem Verlangen hin, ihn auf diese Meute loszulassen, indem er seine Fesseln löste? Dass er auf sie losging und sie alle meuchelte für zur Schau gestellte Dummheit?
In der Masse direkt am Tor erblickte er eine junge Frau. Anders als die anderen verfiel sie nicht in Jubelrufe und Verwünschungen. Es war bereits ein paar Jahre her. Inzwischen war sie erwachsen geworden. Eine Schönheit von einer Frau. Doch Yaris erkannte das Mädchen in ihr, dass sie einst gewesen war. Er hatte den größten Horror aus ihrem Leben entfernt. Sie war wie er gewesen. Ein Kind, dessen Mutter bei der Geburt gestorben war und vom Vater dafür gehasst wurde. Es gab mehr von ihnen in dieser Welt, als manch einer vermuten würde. Vielen hatte er diese Last genommen und wieder Lebensmut in ihren Blick gezaubert.
Wie könnte er sie vergessen. Sie jubelte nicht. Sie war die einzige unter den Anwesenden, die ihn im Geiste auf seiner letzten Reise begleitete und tatsächlich um ihn trauerte. Er sah es in ihrem Blick, der noch immer so voller Dankbarkeit war, fest auf ihn gerichtet, das Vorwärtsdrängen der Massen ignorierend. Sie kannte die Wahrheit um seine Person und auch um sein Tun als Attentäter. Eine einzige unter Tausenden, die ihm das Herz leicht machte.
Seine Mimik blieb unbewegt, doch sein Blick blieb auf ihrem Antlitz länger als auf jedem anderen. Kein Lächeln, doch ein Funke im tiefen Grün seiner Seelenspiegel, das dieses fehlende Lächeln ersetzte. So konnte er mit gutem Gewissen abtreten.
Der Trupp blieb stehen und als Yaris den Blick von dem Mädchen abwandte, blickte er direkt in den Lauf einer Pistole. Ungerührt, ja gelassen, wanderte eine Braue in die Höhe und neigte sich sein dunkler Schopf leicht zur Seite, als wolle er den Leutnant verhöhnen. Sein gelangweilter Blickt von der Mündung zum Träger der Waffe unterstrich das nur noch mehr.
"Ganz ruhig Freundchen!" Ernsthaft? Das Bajonett schmerzhaft im Rücken zuckte der Attentäter nicht einmal, als er seinen Blick fest auf den Uniformierte vor ihm legte. „Ich weiß genau, mit was für Gedanken du in deinem kleinen Hirn jonglierst. Es steht dir ins Gesicht geschrieben, dass es jeder lesen kann, der nur genau hinschaut. Diese elende, ignorante Meute. Löse seine Fesseln und genieße die Show wie er ihnen alle diese Dummheit aufzeigt, bevor er ihnen das Leben nimmt. Doch die Wahrheit ist, dass nur einziger sterben würde.“ Nämlich dieser kleine Leutnant hier, der sich hinter seiner Pistole und seinen Männern so sicher wähnte. Yaris war ein Meister darin das Lächeln, das in seiner Stimme mitschwang nach außen hin nicht zu zeigen. Doch er war amüsiert. Ganz offensichtlich. Über die Unwissenheit und Ignoranz aller hier, die sein Wesen nicht im Geringsten verstanden. Die nicht verstanden, was er wirklich tat.