08.02.2017, 21:58
Noch mit leichtem Nebel der Bewusstlosigkeit im pochenden Kopf und jetzt in seinen Bewegungen erheblich eingeschränkt, ließ sich der Attentäter mehr oder weniger freiwillig auf die Beine hieven. Aus dem Augenwinkel hörte er die schrille Stimme seines Hassobjektes und wie sie in fast quiekendem Ton nach einer Peitsche verlangte. Die Reaktion eines verwundeten Tieres. Yaris hatte ihn nicht nur zu Tode erschreckt mit dieser Aktion, er hatte ihm auch klar gemacht, dass – sollte er aus welchen Gründen auch immer – dem Henker entgehen, nur für ihn zurückkehren und sein Leben holen würde. Man nannte ihn den Schrecken und den Abschaum der Gesellschaft. Dann fragte er sich, wie man diesen Mann wohl am besten betiteln sollte. Yaris war ohne jeden Zweifel ein Mörder, bei dem Gefängnisvorsteher war er sich ziemlich sicher, dass auch er über Leichen ging. Doch im Gegensatz zu ihm, war Yaris nicht sadistisch. Das Töten war sein Job, er erfreute sich nicht zu tiefst daran Leben zu nehmen – auch wenn dies kaum ein anderer verstehen konnte oder wollte. Aber der Attentäter schätzte trotz allem das Leben. Weshalb er es stets schnell und schmerzlos beendet hatte.
Es würde ihn also gar nicht wundern, wenn der Herr Gefängnisvorsteher einer war, der die Dienste eines Attentäters in Anspruch genommen hatte. Vielleicht hegte er daher eine solche Fehde gegen ihn. Damit man gar nicht erst auf die Idee käme, er würde mit seiner Zunft sympathisieren.
Also, sie waren beide keine Herzchen und doch befand sich Yaris auf dem Weg zum Henker und dieser Bastard saß sich seinen ohnehin schon fetten Arsch in einem bequemen Sessel noch breiter.
Und wer oder was gab ihm die Gewissheit, dass Yaris Scottsdale tatsächlich sein Name war. Denn immerhin hatte man keine Beweise, sondern nur Indizien, dass er der Vatermörder von Kelekuna war. Man hatte dem Attentäter den Mord einfach zugeschrieben. Dass er es tatsächlich war und diese Stümper einmal richtig lagen, wusste niemand.
Aber wirklich süß, dass dieser Marineschnösel ihn vor einer weiteren Begegnung mit der Peitsche bewahrte. War echt nett. Nicht dass Yaris sich dafür bedanken würde. Wozu. Es war keine Geste der Nächstenliebe und er selbst nicht der Typ für Herzlichkeit. Und selbst wenn der Kerl es nicht getan hätte, Yaris hätte auch das überstanden. Er hatte Jahre mit seinem Vater überstanden. Er würde auch diesen fetten Scheißkerl überleben.
In festem Klammergriff der Soldaten und mit einem knappen Dutzend Gewehrmündungen auf seine Person gerichtet, wurde der Attentäter zur Kutsche eskortiert. Ein wahrer Auflauf, als wäre ein Staatsbesuch in vollem Gange. Tausende Menschen schienen den Weg zu säumen und richteten ihren ganzen Hass gegen ihn. Dennoch, obwohl leicht gebeugt, war die aufrechte, stolze und unerschütterliche Haltung mehr als greifbar. Wäre Yaris körperlich dazu in der Lage gewesen, wäre sein Gang ein Spiegel seiner Haltung. Aufrecht und mit erhobenem Haupt.
Trotz aller Widrigkeiten hatte er überlebt. Und er wusste, welche Schatten in dieser Gesellschaft das Sagen hatten. Für ihn gab es keinen Grund, nicht unbeugsam und stolz zu sein. Viel eher belächelte er diese blinden Menschen, die nicht sahen was direkt vor ihrer Nase geschah. Es nicht sehen konnten und/oder nicht sehen wollten.
Für Yaris gab es keinen Anlass mehr, zu rebellieren. Dieser Marineschnösel brauchte sich gar nicht einzubilden, es sei aufgrund seines drohenden Blickes oder seiner Männer, die ihn in scharfem Visier hatten. Selbst ihn belächelte der Attentäter nur. Es war nicht direkt an ihn gerichtet, doch eindeutig für ihn bestimmt. Yaris hielt stattdessen den Blick die ganze Zeit über gerade nach vorn. Sein Weg lag vor ihm. Es gab nichts zu bereuen für ihn. Das konnte ruhig jeder spüren – und ihn für diese arrogante Haltung verachten.