27.01.2017, 00:00
Ja, tatsächlich gab es Wichtigeres zu tun, als sich um Trevor zu sorgen. Wobei er Liam schon zustimmte, dass sie das nächste Mal ein geheimes Rückzugszeichen ausmachen mussten. Wahrscheinlich könnten sie heute auch mitten auf der Straße nach Trevor rufen, aufgefallen waren sie sowieso. Gerade wollte Aspen das Buch auf den Tisch werfen, als wäre es Schuld daran, dass sein Inhalt nicht ihr Ziel war, da besann er sich und stellte es ordentlich wie zuvor zurück in das Regal. Nur die Staubschicht, die wischte er mit einer flüchtigen Handbewegung an allen Buchrücken weg.
„Nein. Es standen nur die Fakten mit bei, nicht ob wirklich alles… mit dabei war.“, antwortete er wage und versuchte ebenso wie Liam, nicht zu überdeutlich zu werden. Der Junge saß schließlich immer noch genau zwischen ihnen, erstarrt vor Angst.
Seufzend strich der Montrose sich über das Kinn und versuchte die sinkende Hoffnung zu ignorieren, die die Worte des Katzenflüsterers mit sich zogen. Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass sie hier fündig werden würden. Allerdings hatte er auch gesehen, dass mehrere Gefangenentransporte über verschiedene Schiffe abgewickelt wurden, ohne dass Namen zu lesen waren. Allerdings verschwieg er seinen beiden Mitsuchern dies geflissentlich. Der Angeschossene erhielt nicht mehr als einen ausweichenden Blick auf seine düsteren Vermutungen.
Gerade wandte Aspen sich den weiteren Regalen wieder zu, verriet ein lautes Brechen, dass Shanaya endlich mit ihrer Hampelei Erfolg hatte! Zuerst warf er nur einen flüchtigen Blick auf ihr Tun, fing dann jedoch den vielsagenden und erfolgsversprechenden Blick auf. Was? Im Bruchteil einer Sekunde war er bei ihr, spähte über die Schulter auf Brief und Liste – nachdem der Brief allerdings mit viel zu vielen Ausschweifungen geschmückt war, konzentrierte er sich nur noch auf die Warenangaben und die Finger des kleinen Raben, die schnell das gewünschte Ziel fanden. L. Dravean? L? Aspen kannte den Vornamen von Talyns Bruder nicht, wie ihm dabei auffiel. Allerdings bleib kein Zweifel daran, dass er es sein musste und so wie es aussah, hatten sie nur noch wenige Tage Zeit um sich einen Plan zu überlegen.
„Na also.“, grollte er zufrieden. Es hätte nur noch gefehlt, dass er die Faust hob – doch dass unterließ er und begnügte sich mit einem siegessicherem Lächeln.
Während der kleine Rabe dabei war sich die Daten zu notieren, bückte Aspen sich, zog die restlichen Schubladen auf und verteilte deren Inhalt ziemlich willkürlich auf Boden und Schreibtisch, damit nicht sonderlich auffiel, dass nur die eine abgeschlossene durchsucht und aufgebrochen worden war. Danach schritt er zum Fenster, sah hinab. Ja, da war tatsächlich ein kleiner Vorsprung… Allerdings verrieten die flackernden Fackeln in einiger Entfernung, dass die befürchtete Verstärkung bald eintreffen würde. Sie müssten sich wirklich beeilen. Zögernd umfasste er den Griff seines Degens.
„Am Besten ihr beiden bringt die Daten direkt zurück, mit dir ist sowieso nicht mehr als Flüchten anzufangen.“ Letzteres richtete sich an Liam und seine Verletzung. „Ich hole die Kampfmaschine von unten und wir treffen uns… Bei den anderen. So geht es wahrscheinlich am Schnellsten und ihr kennt euch unten nicht aus. “ Wieder war es schwierig Formulierungen zu finden, die nicht allzu verräterisch klangen. Dem Jungen am Boden warf er noch einen Blick zu. „Er hat nichts Wichtiges mitbekommen. Lasst ihn am Leben.“
Und auch wenn Aspen eher zögerlich sein Vorhaben verkündete, dass er alleine nach Trevor suchen wollte, war doch herauszuhören, dass er keinen leblosen Knaben hier zurücklassen wollte. Mit großen und zügigen Schritten ging er zur Tür, die Hand weiterhin am Degen. Er hatte Trevor schließlich dort unten alleine gelassen, also war es auch seine Aufgabe ihn wieder hier herauszubringen. Abgesehen davon zweifelte Aspen nicht daran, dass der Kauz nicht munter wie eh und je war.
Mit einem abschließendem Nicken verließ er das Büro des Hafenmeisters und nahm den Weg, den er hochgekommen war.
(Shanny/Liam, danach auf Trevorsuche)