12.01.2017, 21:40
Shanaya war viel zu sehr danach, dieser Tür einen eiskalten Blick zuzuwerfen, um sie zum weichen zu bringen. Jedoch hatte die junge Frau – tatsächlich! - Zweifel daran, dass dieser Plan funktionieren würde. Sie hoffte also auf Aspens Hilfe, zu zweit mussten das doch zu schaffen sein. Die Verletzung an seinem Arm nahm sie mit einer leicht gehobenen Augenbraue wahr. Er lag immerhin nicht in einer Ecke und jammerte, dass sein Arm jetzt abfallen würde. Immerhin das. Und der Blonde wollte ihr helfen, während Liam sich noch immer mit dem Hund beschäftigte. Etwas, was die Schwarzhaarige gern selbst getan hätte – aber gerade in diesem Moment konnte sie einmal ihre Prioritäten anders setzen. Noch zumindest. Vielleicht lief sie auch mit der neuen Information, die sie brauchten, dem Hund hinterher, um sich auf ihn zu stürzen. Eine von so vielen Möglichkeiten. Zuerst aber wollte sie in diesen Raum, wollte die Listen finden...
Aspen machte sich bereit, und auch Shanaya spannte noch einmal die Schultern. Wenn es dieses Mal nicht funktionierte... sie würde einen Weg in diesen Raum finden. Ob er wollte oder nicht. Zeitgleich mit Aspen nahm sie also Anlauf, warf sich gegen die Tür – und am liebsten wäre sie dem Blonden ins Gesicht gesprungen und hätte das alles an ihm ausgelassen. Statt dessen blinzelte sie nur kurz, unterdrückte ein endlos genervtes Seufzen und warf den blauen Blick zu Liam, der dem Hund endlich die Schlüssel entwendet hatte. Aspen klang ungeduldig, was die Dunkelhaarige ihm in diesem Moment voll und ganz nachempfinden konnte, auch wenn sie Liam nicht so anstocherte. Sie selbst hätte es vermutlich trotzdem wie der Ältere gemacht. Oder sie würde sich jetzt mit dem Hund über den Flur rollen. Leider war dieser schon wieder verschwunden und ihr war klar, dass sie jetzt irgendwie die Tür aufbekommen mussten. Und wenn sie sich mit Degen und Dolch ein Loch hinein schnitt. Ob es hier wohl irgendwo eine Axt gab? Ganz bestimmt. Aber Liam kam mit den Schlüsseln zu ihnen, Shanaya blieb direkt hinter ihm, um möglichst schnell den Raum betreten zu können, sollte einer der Schlüssel passen.
Der erste passte nicht. Okay, das wäre ja auch zu schön gewesen. Der zweite auch nicht. Die Schwarzhaarige holte tief Luft und war sprungbereit, um die besagte Axt zu besorgen. Dieser Plan wurde jedoch vereitelt, als die Schlüssel rasselten – und das Schloss beim dritten leise klackte. Und beinahe wäre die junge Frau in die Tür gesprungen, um sie nun aufzuwerfen, aber sie hielt sich tapfer hinter dem Mann. Die Tür öffnete sich und ein Schuss erklang.
Automatisch riss Shanaya die Hand an den Knauf ihres Degens, wich jedoch nicht zurück. Sie hatte damit gerechnet, dass noch etwas folgen würde. Vielleicht war einer der Soldaten durch eine andere Tür hinein gekommen und wartete nun auf sie? Jedenfalls hatte er kein Zielwasser getrunken, denn der Schuss sauste an ihr vorbei, jedoch noch in genug Abstand. Bei Liam sah das anders aus. Wow. Jetzt war sie die einzige, die noch keine Macke hatte. Zumindest körperlich. Wie es wohl bei Trevor aussah?
Die Dunkelhaarige zögerte jedoch nicht lang, trat mit dem nächsten Herzschlag an Liam vorbei, direkt in den Raum. Der Degen war halb gezückt, als die blauen Augen erkannten, wer da stand, panisch in ihre Richtung blickte. In der Dunkelheit hätte es ein Gespenst mit einem Lacken sein können, so fühlte sie sich aber doch ein wenig... veräppelt. Ein Kind. Das war doch nicht ihr ernst? Nun seufzte sie doch, warf den beiden Männern einen kurzen Blick zu, ehe sie durch den spärlichen Schein der Laterne in die Richtung des Jungen begab, der inzwischen am Boden saß. Die Waffe lag vor ihm, sodass Shanaya sich nach unten beugte, sie aufhob und im fahlen Licht betrachtete, ehe sich die hellen Augen wieder auf den Jungen richteten.
„Sowas ist nur für Hände, die damit umgehen können.“
Sie drehte die Waffe ein wenig hin und her, betrachtete dann wieder den Jungen. Sie traute den Wachen nicht zu, jemanden in seinem Alter als 'Schutz' zu schicken... was wollte er also hier? Aus den Augenwinkeln erkannte sie die andere Tür.
„Du bleibst am besten da unten sitzen, bis wir fertig sind. Dann tue ich dir Nichts.“
Sie lächelte, in ihrer Stimme kein Funke von Drohung. Shanaya amüsierte das Ganze eher, für sie stellte der Junge keine Gefahr dar. Und wenn doch... Wie sollte er mit drei Erwachsenen fertig werden, wenn er nicht einmal mit einer Pistole zielen konnte?
„Ich behalte dich im Auge. Ihr wisst den Namen, nach dem wir suchen? Oder verblutet ihr mir jetzt Beide?“
Mit den letzten zwei Fragen wandte sie sich an die Beiden verletzten - nur um sicher zu gehen. Nicht, dass sie letztendlich irgendeinen Hans retteten, nach dem sie nie gesucht hatten. Mit einem Kopf, wie langweilig. Damit begann ihr blauer Blick über den Schreibtisch zu schweifen. Ein Haufen Bücher.
[Hafenmeisterbüro | Liam & Aspen]