11.01.2017, 16:23
Vielleicht war es gerade abermals Glück, dass sie ausgerechnet Liam dabei hatten: Liam, der mitten im Getümmel die Ruhe fand, sich hinzuknien und einen Hund anzulocken, der offensichtlich etwas vor ihnen in Sicherheit bringen sollte. Nach dem Tod seiner Mutter hatte er viel Zeit damit verbracht, mit seinem Vater zu reisen. Ein Kind ohne Heimat, dass sich schließlich in der Natur stets wohlgefühlt hatte. Er hatte ein Händchen für Tiere – das zeigte wohl nicht zuletzt Sineca – und das würde ihnen hier und jetzt vielleicht zugute kommen. Ein Positives hatte es ja allein schon, dass der Hund noch hier war und nicht auf dem Absatz kehrt gemacht hatte und verschwunden war. Hätte er gewollt, wäre es ein leichtes für ihn gewesen, an ihm vorbeizuhuschen. Aber er tat es nicht, drückte sich lediglich an die Wand und ließ den Mann mit angelegten Ohren nicht aus den Augen, während er sich vorsichtig nach vorne tastete. Der Dunkelhaarige sah, wie die Hand, die er ausgestreckt hatte, leicht zitterte. Er war sich also durchaus bewusst, dass dieser Hund oder viel eher der Schlüssel in seinem Besitz nicht ohne Bedeutung waren. So oft er bei dem Versuch, das Tier anzulocken, auch nach oben zu den anderen sah – als ihn etwas an der Brust traf und auf seinen Schoß fiel, zuckte er unweigerlich zusammen. Verdutzt fischte er das Stück Fleisch mit der freien Hand von seiner Hose, tauschte kurz einen Blick mit Shanaya, die sich mit Aspens Hilfe bereits wieder der Tür zugewandt hatte und nutzte sein neues Werkzeug zugleich.
„Na komm schon, komm schon.“, murmelte er er viel mehr als dass er es sagte, während er dem dunklen Pelz nun das Stück Fleisch vor die Nase hielt.
Die Augen des Hundes wurden groß, der Hals lang, doch den Schlüssel hielt er noch immer fest im Fang.
„Das schmeckt sogar noch besser als es riecht.“
Letztendlich hatte die Nase des Tieres den Köder erreicht. Er witterte, zögerte allerdings bis er plötzlich – endlich! - seine eigentliche Beute in der Bewegung fallen ließ, in der er hastig nach dem Fleisch schnappte und sich schleunigst aus dem Staub machte. Die sollten ihre Wachhunde eindeutig besser ausbilden. Liam sah dem Hund einen Herzschlag lang nach, ehe er sich nach vorne beugte und unter einem weiteren Gerumpel der Tür den Schlüssel vom Boden auflas. Gut Ding wollte eben Weile haben und jeder Funke von Hast oder Anspannung wäre in einer Situation wie dieser pures Gift gewesen. War ja Beweis genug, dass Aspen nur Fangen mit dem Hund gespielt hatte ohne an sein Ziel zu kommen. Aber so hatten sie wenigstens alle etwas, wofür sie gut waren. Irgendwie.
„Nur die Ruhe. Ist ja alles erledigt.“, erwiderte er ruhig auf Prinz Eisenherz's Aufregung und trat zu ihnen hinüber.
Ein wenig bedauerte er ja doch, dass sie die Tür nun einfach aufschließen würden. So störrisch, wie sie war, hätte er es zu gern noch einmal selbst versucht. Aber das war in Anbetracht der Ungeduld des Blonden eindeutig keine gute Idee.
„Also – wir suchen nach einem offiziellen Schreiben, höchst wahrscheinlich mit Siegel und zeitlich gesehen eher weiter oben. Immerhin soll das Schiff bald auslaufen.“, erinnerte er die anderen beiden, als er endlich den richtigen Schlüssel am Bund gefunden hatte und ihn im Türschloss drehte.