31.12.2016, 05:30
Enriques Blut sang, er fühlte sich wach, seine Gedanken rasten, schätzte was Lowell als nächstes tun würde und legte Strategien dagegen fest. Alles andere war unwichtig: Rang, Name, Geld, Pläne, Sicherheit, Zukunft, etc. Das einzige was zählte war das Jetzt, Gregory und dessen nächste Reaktion. Von dem würde er sich nichts bieten lassen! Dieses Schiff war derzeit in seiner Obhut, weil der Kapitän es so gewollt hatte und solange er nicht beschloss, dass etwas geschah würde es auch nicht geschehen. Da konnte dieser arrogante, aufgeblasene Geldsack machen, was er wollte!
Der Leutnant lies den Arm und damit Gregory fahren und trat zurück. Jeder der ihn sehen konnte bekam die Anspannung mit und die bei dieser Beleidigung ins Offene tretende Wut. Mühsam hielt er sie zurück. Noch war nicht der richtige Zeitpunkt um die Zügel schießen zu lassen.
Neben sich hörte er das scharfe Luftholen Kaladars, ein Geräusch des Unmuts, dass sich so und anders über das Deck ausbreitete. Mochte der einfache Matrose auch noch so viel gegen seine Offiziere haben, wenn ein Außenstehender es wagte sich gegen den Offizier zu wenden rückte die Crew zusammen. Einige mochten noch amüsiert sein und wollten sehen, wie ihr Vorgesetzter mit jemandem zurecht kam, dem er nicht einfach mit Auspeitschung drohen konnte. Dennoch schlug die Atmosphäre um. Von entspannter Freiwache zu Anspannung und Groll.
„Sir Lowell!“, meinte er leise aber vernehmlich.
Doch der Angesprochene ignorierte ihn und wurde handgreiflich.
Die Soldaten murrten und protestierten. Kaladar steckte jetzt endgültig in der Klemme. Die Leute des Sergeanten wollten, dass er oder der 2. Leutnant etwas gegen diese Unverfrorenheit unternahmen, er selbst musste aber fürchten, dass ihm die Unterstützung des Kommandierenden abhanden kam und er sich entscheiden musste zu wessen Gunsten er eingriff, denn von zumindest einer Seite würde es ohne eines der Meisterstücke de Guzmáns oder dem plötzlichen Auftauchen des Kapitäns kein Einlenken geben. Noch konnte er hoffen, dass der Offizier das Ganze friedlich regeln würde, je mehr sich der Beamte jedoch heraus nahm um so wahrscheinlicher würde einer der seltenen Wutausbrüche. Derzeit erhielt er vom 2. Handzeichen für abwarten, zurückhalten und stoppte dementsprechend den sich aufrappelnden Marinesoldat.
Dann kam der nächste Satz und der Fähnrich wollte anfangen zu protestieren, da legte sich die schwere Pranke des Bootsmanns auf seine Schulter. Die Woge der Entrüstung konnte er aber nicht aufhalten. Von überall her kamen Beschimpfungen, unartikulierte Wut und andere Äußerungen der Empörung, die nach und nach nachließen, je länger Enrique schwieg.
Dieser musterte den Gefängnisvorsteher mit Augen in deren Blick kalter Zorn und eine Herausforderung loderte. 'So, meinst du? Das wollen wir doch mal sehen', dachte er und ignorierte die fordernde Hand.
„Sir Lowell, wollen sie das wirklich? Glauben sie ernsthaft, ihre Macht reicht bis hierher? Ich gebe ihnen noch eine Chance einzulenken, sich in aller Form zu entschuldigen und nachdem sie dieses Stück Papier unterzeichnet haben unbescholten dieses Schiff zu verlassen.“
„Die Peitsche“, verlangte er patzig.
Der Offizier richtete sich zur vollen Größe auf und wenn er ihn auch nur um eine knappe Handbreit überragte wirkte es für die meisten als wäre es mindestens ein ganzer Kopf. Schiere Verachtung strahlte Enriques Haltung aus. Er sprach leise aber bestimmt:
„Sergeant, geleiten sie Sir Lowell vom Schiff! Wir sind hier Fertig.“
Bis jetzt hatte sich niemand die Mühe gemacht Samuel wieder unter Kontrolle zu bringen. Zwar umringt aber relativ unbeachtete lag der Bärtige nach wie vor auf den Planken.