31.12.2016, 00:51
Samuel kam kaum dazu, sich über die allzu vorhersehbare Reaktion des Gefängnisvorstehers zu freuen, denn noch bevor dieser seine rasende Wut an ihm auslassen konnte, hielt der Offizier ihn entschieden von genau dieser Handlung ab. Selbstverständlich kam ihm auch dieser Umstand sehr entgegen, denn auf die Art und Weise ersparte er sich zumindest jetzt einiges an Schmerzen - und außerdem war es offensichtlich, dass Lowell die Zurechtweisung durch einen in seinen Augen niedriger Gestellteren so gar nicht schmeckte. Die Rage in seinen Augen schien geradezu überzutreten, doch bedauernswerterweise konnte Samuel die Situation nicht weiter beobachten, weil in diesem Moment endlich die Soldaten tätig wurden, seinen Kopf äußerst unsanft auf die harten Planken schickten und ihn danach bewegungsunfähig machten, indem ihm mindestens ein Knie ins Kreuz gedrückt wurde. Doch auch wenn er in dieser Position endgültig nicht mehr Herr der Lage war und sein Gesicht zu allem Überfluss auch noch von Lowell und dem Offizier weggedreht wurde, konnte er sich anhand des Ausdrucks in den nächsten Worten des Gefängnisvorstehers ausmalen, wie diesem gerade zu Mute war.
"Lassen Sie Ihre dreckigen Finger von mir, Sie Made, oder ich lasse Sie in dieselbe Zelle sperren wie diesen Mistkerl", schrie er und schien sich vom Griff des anderen zu befreien. Samuel konnte nicht anders - zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er so etwas wie ein Hochgefühl, denn er wusste genau, dass Lowell sich gerade Probleme schaffte, die ihn seinen Posten kosten und seinem Vater gehöriges Kopfzerbrechen bereiten würden. Mit Sicherheit würde es einen Bericht über dieses für einen Mann in Lowells Position absolut inakzeptables Verhalten geben, und wenn das alles war, was Samuel vor seiner Abreise und seinem Tod noch bewirken konnte, dann wollte er diesen Moment so gut es geht auskosten.
Zunächst jedoch hörte er klar und deutlich, wie Lowell wieder auf ihn zustapfte, einige Soldaten aus dem Weg stieß und schließlich auch denjenigen von ihm zerrte, der ihn mithilfe seines Knies auf dem Boden gehalten hatte. Dann drehte er ihn auf den Rücken, packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich hoch, offenbar vollkommen unbeeindruckt von der Gefahr, erneut Opfer einer hinterhältigen Spuckattacke zu werden. Sein Gesich hatte mittlerweile die Farbe einer reifen Kirsche angenommen und der Ausdruck in seinen Augen zeugte von einer Mischung aus immensem Zorn und Ohnmacht angesichts der Demütigung, die er vor wenigen Momenten durch Samuel erfahren hatte.
"Dieser Mann ist der größte Abschaum, den Netara je gesehen hat, und solange dieses Schiff sich vor unserer Küste befindet, tue und lasse ich, was ich will, habe ich mich klar ausgedrückt?", zischte er in Richtung des Offiziers, wobei er die Augen nicht von Samuel ließ. Dann ließ er ihn abrupt los, wodurch sein Hinterkopf auf das Schiffsdeck krachte und ihn für einige Augenblicke Sterne sehen und einen stechenden Schmerz spüren ließ. "Gebt mir eine Peitsche", verlangte er dann, während er sich aufrichtete und blickte den Offizier herausfordernd an - diese unwichtige Ratte sollte ruhig versuchen, ihn noch einmal an der Erfüllung seiner selbst auferlegten Pflicht zu hindern.