07.12.2016, 01:12
Aspen hätte Reshef für alles gehalten, aber nicht für einen Denker, der ewig brauchte um zu antworten. Doch gerade als der Blonde seine eigene Frage beantworten und zu dem übermotivierten kleinen Raben aufschließen wollte, wurde ihr Katzenfreund ganz spontan und griff in das Geschehen ein: Viel zu schnell rammte er den Dunklen nach vorne und schrie los. Zuerst vor Entsetzen erstarrt hielt Aspen in seiner Bewegung inne, bevor er das eben Passierte begriff und sich im Reflex zurück an die Wand drängte, um den wach gewordenen Wachen nicht in den Blick zu fallen. Ihre neue – bemitleidenswerte – Ablenkung war bereits los gerannt, als er sich wieder umdrehte und dem eben noch gelobten Katzenfreund einen strafenden Blick zuwarf. Was ein Idiot. Als ob sie so jemals wieder Reshefs Vertrauen gewinnen würden, geschweige denn bei diesem Lärm unerkannt blieben! Seine Kritik behielt er jedoch für sich, auch wenn die missmutigen Gesichtszüge ganze Bücher hätten füllen können. Nein, mit dieser Vorgehensweise war er ganz und gar nicht einverstanden, doch für detailliertere Ausführungen wäre später genug Zeit.
„Darauf, dass dein Leichtsinn alles versaut.“, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen auf Liams Frage, jedoch verständlich genug damit er es verstand, hervor. „Intelligenzbestie.“ Triefender Sarkasmus, für alle die die es nicht verstanden.
Und weil es so lustig war, drängte er sich ohne Umwege ziemlich unsanft an dem Alleingänger vorbei, um auf den nun leeren Platz zu spähen. Viel Zeit hätten sie wohl nicht nach der ganzen Aktion. Das Gleiche dachte wohl auch Shanaya, die bereits ihren Schritt wieder aufnahm. Auf ihre Frage hin schüttelte Aspen den Kopf. Nein, alleine hätte es keinen Sinn hier draußen zu bleiben. Er traute sich zwar einige Männer zu, allerdings war der Montrose nicht so dumm, sich selbst zu überschätzen: Gegen eine ganze Garde vor der Tür konnte er wenig alleine ausrichten, da kümmerte er sich lieber um den untersten Teil des Gebäudes und sicherte den „Diebstahl“. In stummer Zustimmung nun los zu ziehen, nahm er die Verfolgung von Shanaya und Trevor auf und wäre dabei fast gegen jenes Schiffslamm gerannt, das urplötzlich direkt vor seiner Nase umdrehte und ihm etwas in die Hand drückte. Leicht verwirrt nahm er das Stück Papier und sah dem Kerlchen irritiert hinterher, im Schritt das Papier – sollte das etwa ein Liebesbrief sein?! – in die Tasche knüllend. Für mehr als ein überraschtes Augenbraueheben reichte die Zeit nicht.
Der Montrose kam gerade an der Tür an, als Trevor sie bereits mit beneidenswerter Rücksicht aufschlug und einstürmte wie ein junges Fohlen. Na, wenn spätestens bis jetzt sie niemand bemerkt hatte, war dies wohl der letzte Gong vor dem Kampf. Für einen Moment gönnte sich Aspen die innerlicher Ruhe, griff sich an die Hüfte und zog den Dolch hervor. Soweit er sich erinnerte wollten Liam und Shanaya den Raum mit den Unterlagen untersuchen. Zur Absicherung suchte er den Blick des kleinen Raben in der Dunkelheit und deutete mit dem Kopf nach oben, wo er die wichtigen Dokumentenräume vermutete.
„Wir sichern den unteren Teil ab.“, raunte er mit gedeckter Stimme – haha, als wenn es nicht schon genug Lärm gegeben hätte! - und mit „wir“ fasste er sich selbst und seinen neuen Besten Freund, das kleine Lamm, zusammen. Den musste er nun erstmal wieder finden in all der Dunkelheit.
Ziemlich zielstrebig steuerte er den Gang an in dem Trevor verschwunden war und schob sich an den Kisten vorbei. Verdammt, auf Reshef als Mitwache hatte er viel gegeben, aber nun? Nun war er quasi zu einem Babysitte mit einem Dolch degradiert worden! Die ganze Sache überzeugte ihn immer weniger: Erst die Fahndungsbilder, dann das ungeplante Vorgehen, der Lärm und nun - was?! Gerade um die Ecke gebogen, sah er noch Trevors schelmisches Grinsen, den angedeuteten Witz und die Wache, die registrierte, dass hier Eindringlinge am Werk waren. Doch noch bevor Aspen seinem neuen Job nachkommen konnte, preschte das Lämmchen bereits nach vorne und lieferte eine Show ab, wie sie der Montrose nur aus den ganzen Schaustücken und Dramen kannte. Um ehrlich zu sein… Aspen war ziemlich perplex. Wie konnte so ein Depp so kaltblütig sein? Doch zu Fragen, Lob oder Anerkennung sollte es nicht kommen, denn aus dem nächsten Gang kam bereits ein weiterer Wachposten angestürmt, von der zerberstenden Laterne angelockt. Zuerst wich der Blondschopf nur aus, bevor er sich den schlaksigen Nachtdienst von hinten packte, zurück zog und einem harten Kinnhaken verpasste, dass er zu Boden ging.
Pah, Pirat hin oder her: Er brachte niemanden um, wenn es nicht unbedingt nötig war.
Den Dolch fest in der Hand, bückte er sich und suchte die Gürtelschlaufen und Taschen des zu Boden gegangenen hektisch ab.
„Such ihn ab.", forderte er barsch. "Wir brauchen wahrscheinlich einen Schlüssel für den Dokumentenraum… Irgendeine Wache müsste ihn sicherlich bei sich tragen.“, murmelte er während seiner Suche unverständlich, auch wenn es an Trevor gerichtet war. Jetzt blieb nur noch die Frage wer hier unter den Wachen das Sagen hatte.
So oder so, dem seltsamen Lamm würde er auf keinen Fall mehr freiwillig den Rücken zudrehen, auch wenn sie offiziell in einem Team waren.
(Trevor, Untergeschoss)