01.11.2016, 12:15
Hu? Der Dieb schien, zumindest wenn seinen Worten Glauben geschenkt werden konnte, doch noch ziemlich nützlich zu sein – vorausgesetzt er und sein Halunke von Marineoffizier zeigten sich kooperativ, woran definitiv noch zu zweifeln war. Als Ryan sich daran begab zu verschwinden, drehte Aspen den Kopf wieder von ihm fort, wenn auch etwas wiederwillig, um ihn zurück zu Talin zu richten. Leider überging diese das dubiöse Angebot von ihrem Gefangenen und brachte den Montrose damit ins grübeln. Es wäre sicherlich einfacher durch einen „Bekannten“ zu erfahren, wo die Listen überhaupt lagen, bevor sie wahllos in sämtliche Schriftenzimmer einbrachen. Oder verarbeitete er den Hinweis des Diebs einfach nur zu stark? War es vielleicht eine Lüge? Ein Versuch wieder Unruhe zu stiften? Nachdenklich schob er das Kinn vor. Er war offensichtlich mit seiner eigenen Urteilsfindung ziemlich unzufrieden.
„Falls unser Dieb wirklich Freunde unter den Offizieren besitzt, sollten wir diese aufsuchen. Zum Einen bezahlt Ryan dann für seine Kost auf Schiff, zum Anderen wüssten wir dann, wo die Aufzeichnungen jetzt gerade zu finden sind.“, merkte er nach Talins Planbeschreibung an und nickte währenddessen die Idee ab, das Schriftstück nur zu lesen, anstatt es zu stehlen. „Oder hatten wir nun geklärt, wo wir die mysteriösen Unterlagen ganz sicher entdecken?“
Sein Magen rebellierte bei dem Gedanken daran, dass der Dieb sie auch in eine Falle locken konnte, indem er sie einfach auslieferte. Doch Aspen wäre der Letzte der abstritt, dass ein unfeiner Lebensstil nicht viele Kontakte einbringen könnte. Und sie hatten Shanaya und Talin, von denen zumindest Erstere ihr Schauspieltalent einsetzen könnte, dass der bekannte Offizier und Trunkenbold sie nicht sofort als Piraten entlarvte.
Da der Montrose die Lippen sowieso schon unzufrieden verzog, fiel es kaum mehr zur Last, dass er sie zusammenkniff, als würde ein bitterer Geschmack ihm auf der Zunge liegen. Talin argumentierte immer noch gegen den Plan, dass sie jemanden auf das Gefangenenschiff einschleusen sollten. Auffordernd warf Aspen Liam – alias Larry – einen Blick zu, als wollte er ihn bitten sich noch einmal dazu zu äußern. Aspen selbst war viel zu begeistert von der Wirkungsweise des Plans, als dass er auch nur einen Funken der Skepsis verstehen konnte. Doch noch bevor er etwas erwidern konnte, klinkte sich Shanaya wieder ein und unterband sogleich den Gedanken, das Schiff vor dem Ablegen zu überfallen. Zustimmend senkte der Blondschopf einmal den Kopf. Nein, sie müssten auf offener See ihren Befreiungsversuch starten, da konnte ihnen weniger dazwischen kommen. Hoffentlich war zumindest dieses Thema damit gegessen.
„Zuerst müssen wir wissen, wo die Listen gelagert werden.“, setzt er noch hinzu und verwies damit auf Ryans Kontaktperson, sollte es sie geben. Und wenn es sie nicht gab, ja, dann mussten sie einen anderen Plan finden wie sie den Lagerort fanden.
Mit einem tiefen Einatmen setzte er noch ein letztes Mal daran an, dass sie nicht ohne Vorkehrungen das Marineschiff belagern konnten.
„Sie werden versuchen uns umzubringen und an das Schiff zu kommen, sobald wir auch nur einen Fuß auf das Schiff nach Esmacil setzen. Momentan haben wir zwei Feinde, die Marine und die Gefangenen.“, stimmte er Talins vorherigen Worten zu, bevor er seine Stimme festigte um über das sachte Wellentreiben klar und deutlich verständlich zu sein. „Falls wir zuvor bereits eine Kontaktperson unter ihnen haben wird es allerdings einfacher sie soweit zu besänftigen, dass sie zuerst nur die Marine bekämpfen um zu fliehen – in dieser Zeit können wir deinen Bruder schnappen und fliehen, bevor sie ihren Kampf auf uns ausrichten. Entweder die Gefangenen bekämpfen uns sofort, um die Sphinx zu übernehmen, oder sie beschäftigen sich erst mit der Marine und dann mit uns – was uns mehr Zeit gibt.“
So schwer war das doch nicht zu verstehen, oder? Entweder sie hatten zwei Feinde oder vorerst nur einen.
„Wir brauchen beides: Männer die die Marine bekämpfen, weil wir zu wenige sind, und Zeit, damit wir davon kommen können, ohne dass uns jemand daran hindert.“