22.10.2016, 14:29
Die Lippen ein wenig zu einer grüblerischen Miene verzogen drehte Shanaya weiter eine der kurzen Strähnen um ihren Finger. Ihr war durchaus bewusst, dass bei solch einem Plan ein wenig Planung nicht schaden würde, trotzdem wäre sie lieber einfach los gesegelt, wäre ihrer Idee gefolgt... irgendwie würde das schon klappen. Aber so musste sie eben auf die anderen warten – zumindest auf Talin. Letztendlich ging es um ihren Bruder, und ohne die Blonde wären sie alle nicht hier. Sie hatte das letzte Wort, und zumindest Shanaya selbst würde sich irgendwie fügen. Sie hatte es versprochen... Also musste sie das nun auch durchziehen, egal, wofür der Captain sich entschied. Der Gedanke, was danach kam – ob sie blieb oder ging – stand in diesem Moment hinten an, erst einmal ging es um das Ziel, alles, was danach kam, würde sie dann sehen. So lauschte sie nun erst einmal den Planungen der anderen, hielt sich jedoch für einige Momente zurück. Sie konnten Stück für Stück einen Plan zusammen setzen, und was sie bisher hatten, klang doch gar nicht all zu schlecht. Liam brachte sich auch ein – genau wie jemand, bei dessen Stimme Shanaya nur ein leises Seufzen unterdrückte. Wow. Er wollte sich einmischen, wirklich? Kurz wandte die junge Frau die Augen zu dem Dieb herum, musterte ihn einen Moment, ehe sie mit dem gleichen Ausdruck einen der Belegnägel ins Auge fasste. Es wäre zu einfach. Irgendwer hielt ihn fest – jemand anders schlug ihn KO. Das war sicher ein Plan, bei dem die meisten sich einig gewesen wären. Zumindest klang es bei Liams und Aspens Reaktion so. Talins Antwort auf die Worte des Diebes ließen die Schwarzhaarige kurz eine Augenbraue heben, ehe sie zu einer Antwort ansetzte.
„Sie führen über alles Listen. Ich bin mir sehr sicher, dass es Namenslisten gibt, wenn sie über kleine Kinder, die Äpfel klauen ganze Bücher schreiben.“
Die Marine – vielleicht nicht die Klügsten, aber dazu musste man sich eben alles aufschreiben. Sonst hatte man ja vergessen, dass das Kind, das vor einem saß und genüsslich einen Apfel aß, letzte Woche schon einmal aus dem selben Grund da gewesen war. Dieser Gedanke ließ sie ein wenig breiter lächeln, dem Dieb galt jedoch kein weiterer Blick. Auf Talins Vorschlag, die Listen nicht zu stehlen, sondern sich nur zu merken, was darauf stand, nickte die Schwarzhaarige, richtete die hellen Augen dann auf Liam, der ihre Meinung zumindest bis zu einem Punkt teilte. Kerl blieb Kerl, also wären Talin und sie vermutlich die beste Ablenkung. Währen die Stimme des Diebes wie das Geräusch von Regen einfach an ihr vorbei plätscherte, und sie nur heraus filterte, was irgendwie wichtig sein könnte – was ehrlich gesagt eigentlich Nichts war – hob Shanaya die blauen Augen zu den roten Segeln. Aspen fasste den Plan, den sie bis hierher hatten zusammen, und wieder die Stimme des Diebes. Gelangweilt senkte sie also den Blick, gerade als der Dunkelhaarige sich verabschiedete um in die Takelage zu klettern. Ihr war danach, vor ihm oben zu sein, um die Taue durchzuschneiden, kurz bevor er oben angekommen war. Aber Liams Plan, ihn einzutauschen war auch nicht schlecht. Jedenfalls kümmerte sie sich nicht weiter um den Flüchtenden, in ihren Augen machte er sich mit diesem Abgang schon etwas zum Affen. Aber sollte er nur, ein Störgeräusch weniger. Talin griff nun wieder die Worte der anderen beiden Männer auf, sodass Shanayas Aufmerksamkeit sich auf die Blonde legte – und nicht verhindern konnte, dass sich bei ihren Worten ein munteres Grinsen auf ihre Lippen zog. Mörder, Brandstifter, Vergewaltiger. Zu was wohl Talins Bruder gehörte, wenn er auf eben solch einem Schiff war? Vielleicht auch alles zusammen – und dazu war es sicher auch ein Verbrechen, drei Köpfe zu haben. Die junge Frau lachte leise, störte sich nicht daran, dass niemand verstehen würde, worüber sie da lachte. Aber um zum Ernst der Situation zurück zu kommen drehte sie sich eine weitere Strähne um den Finger, blieb gegen die Reling gelehnt stehen und betrachtete die Anwesenden. Einen Moment grübelte sie.
„Ich denke, wenn wir vor dem Ablegen zuschlagen, wird das Schiff noch zu gut bewacht werden. Die Crew auf dem Schiff ist eine Sache, aber gerade wenn sie eben derlei Schwerverbrecher verladen, ist bestimmt noch genug am Hafen los. Und wenn wir Pech haben, ist es dafür schon zu spät, wir haben ja nichtmal ein genaues Datum... Und wenn sie bemerken, dass sich jemand Unbefugtes für die Listen interessiert, werden sie vermutlich noch aufmerksamer.“
Mit diesen Worten löste sie den Finger aus ihren Haaren, pustete sich die Strähne aus der Stirn, die ihr daraufhin vor den Augen hing. Alles, was sie tun würde, würde ein Risiko für Verlust haben. Sie vertrat auch hier die Meinung – auf das Schiff gehen, das Ziel befreien und wieder gehen. Je nach Zustand von Talins Bruder konnten sie ihn ja einfach vor sich her rollen, um angreifende Soldaten umzuwerfen. Beinahe hätte die Schwarzhaarige noch einmal aufgelacht, legte jedoch nur den Kopf ein wenig zur Seite.
„Auch wenn unserem lieben Möchtegern da oben das nicht passt, müssen wir vermutlich alles auf eine Karte setzen. Jeder Plan kann klappen, wenn man sich genug Mühe gibt. Und wenn ein kleiner Haken auftritt, improvisieren wir. Kein Plan ist besser als der, von dem niemand eine Ahnung hat.“ Wie sollte die Marine auch etwas durchschauen, wovon niemand etwas wusste? „Und was wir bisher haben, klingt nicht all zu schlecht. Listen besorgen, das Schiff finden, das Ziel befreien.“
Klang nicht schwer, und in ihrem unbegrenztem Optimismus glaubte Shanaya ohne jeden Zweifle daran, dass es genau so funktionieren würde.
[An Deck bei Allen]