14.09.2016, 14:51
Welche Reaktion durfte sie wohl erwarten? Sein Verhalten, als sie sich vor ihm zumindest teilweise ausgezogen hatte, war langweilig anständig geblieben. Sie hoffte ein wenig, er würde sich einem neuen Thema widmen, aber natürlich tat er das nicht. Das tat niemand, wenn er gerade so etwas gesehen hatte. Um ihn nicht anzusehen, schloss sie ihre Korsage wieder, damit sie hier nicht so halb entblößt dastand. Bei seinen Worten sah sie ruckartig auf und funkelte ihn an. Wollte er das wirklich riskieren? Wollte er wirklich, dass sie ihn dafür ohrfeigte? Um dem Verlangen nicht nachzugeben, griff sie nach ihrem nun wieder vollen Glas, führte es an die Lippen und trank einen Schluck zur Beruhigung. „Ich war 14, schwanger und das nicht von ihm.“ Mehr würde sie einfach zu diesem Thema nicht mehr sagen. Sollte er ruhig seine Schlüsse ziehen, es wäre interessant zu wissen, welche das waren. Aber er überraschte sie weiterhin. Mit hochgezogener Augenbraue lauschte sie seinen Worten und versuchte die Provokation an sich abprallen zu lassen. Das es nicht ganz klappte, zeigte sich in dem fester werdenden Griff um ihr Glas. Doch ansonsten blieb sie ganz ruhig vor ihm stehen und sah auf ihn hinab. Erst als er schwieg, ergriff sie wieder das Wort. „Bist du fertig? Ich danke dir für das Angebot“, aus ihrer Stimme triefte ein Hauch von Ironie mit, „aber ich brauche das nicht. Weder meine Vergangenheit, noch das kleine Mädchen von damals, beeinflussen sonst mein Handeln. Diese Zeit ist vorbei. Das verletzte Mädchen, wie du es nennst, habe ich auf der Insel zurückgelassen, als ich von da weggegangen bin.“ Ihre Augen funkelten gefährlich, dass er das Thema besser nicht vertiefen sollte. Dafür wollte sie selbst ein paar Fragen stellen. Nur leider gaben seine Worte wenig über ihn selbst preis. Dann eben ein Schuss ins Blaue vielleicht? „Wie kommst du darauf, dass 'Daddy' mich verheiratet hätte? Genauso gut hätte ich ihn mir auch selbst zum Ehemann nehmen können.“
Oho, jetzt war es also so weit, dass die ganzen geplanten Spielchen ein Ende fanden? Als Talin scheinbar wütend aufsprang und sich noch gerade so beherrschen konnte, lehnte sich Aspen in seinem Stuhl zurück. Was sollte er mit den ganzen Geschichten über ihre Vergangenheit anfangen, wenn sie ihm so kontrolliert erzählt wurden, dass keinerlei Emotion herüber kam? Erst jetzt wo sie wütend wurde, konnte er sich ein Bild davon machen, was das Ganz wirklich in ihr auslöste. Als ihre Hand zuckte, wäre auch Aspen beinahe zurückgewichen, wenn sein Stuhl ihm mehr Freiraum gelassen hätte. Doch sie griff nur nach ihrem Glas und versuchte sich zu beherrschen. In dem Versuch die belustigt verzogenen Lippen zu verbergen, strich er sich wieder über den Bart. „Oho, eine Liebesheirat mit 14. Hielt wohl nicht lange, wenn das Kind von einem Anderen war?“ Und auch wenn es ihm sichtlich bitter aufschlug, dass sie aus solchen Gründen ein Leben verloren hatte, konnte er sich selbst nicht davon abhalten die Ironie ihrer Worte aufzugreifen. Verdammt, wenn sie seine Worte nicht verstehen wollte, musste er eben weiter auf die Provokation eingehen. So erfuhr er schließlich mehr über den blonden Captain, als wenn er normale Fragen stellte. Mit einem demonstrativen Seufzen nahm er ebenfalls einen Schluck aus seinem Glas, größer als zuvor. Vielleicht sollte er sich doch ein wenig mehr Mut antrinken. „Hast du mir deine Narbe nicht gezeigt, um mir zu sagen, warum du in der Kneipe überreagiert hast? Entschuldige mich, wenn ich da etwas falsch verstanden habe.“ Damit wäre das Thema ‚Kleines Mädchen auf der Insel zurückgelassen‘ anscheinend doch noch nicht erledigt.
Da drehte er den Spieß doch einfach um und formulierte ihre Frage so, dass sie nicht wusste ob sie lachen, weinen oder ihn einfach rausschmeißen sollte. Wenn sie ihm wirklich zeigte, was sie, ob des Verlustes ihres ungeborenen Kindes, empfand, dann würden sie hier noch eine Weile sitzen und ihre Position als Captain wäre völlig hin. Also konnte sie gar nichts anderes tun, als seine Worte recht emotionslos zu kommentieren. Wer wusste wozu es gut war. „Ich denke, Liebe war das letzte, was uns beide verband. Hass von meiner Seite und Begierde von seiner, trifft es wohl eher.“ Sie schüttelte den Kopf, um sich selbst daran zu erinnern nicht zu viel zu verraten und um die Erinnerungen loszuwerden. Da war der leichte Stich der Wut doch eine willkommene Abwechslung. Doch sie empfand auch Belustigung bei seinen Worten. Das was er sagte, sein provokantes Verhalten, es schien alles darauf hinaus zu laufen sie wirklich aufzubringen. Wozu sonst sollte er auf ein mal seinen Rum hinunter kippen? Plante er irgendetwas? Was wollte er von ihr? Und weil es ihr zu bunt wurde, überging sie seine Provokation und sah ihm suchend in die Augen. „Was bezweckst du mit all deinen Sticheleien? Kennst du das denn gar nicht? Einmal nicht logisch auf etwas zu reagieren?“ Und damit gab sie ganz sicher nicht zu, dass sie überreagiert hatte.
AspenMontrose nickte. Also doch eine von Daddy arrangierte Hochzeit. Deswegen war sie zuvor auch so ausgetickt und nun wieder dabei sich zu fangen. Schade, dann wars das jetzt wohl mit dem ehrlichem Smalltalk? Langsam beugte er sich wieder vor, da von der Blonden keinerlei Gefahr mehr auszugehen schien. Das leere Glas wiegte er in beiden Händen. „Natürlich kenne ich das. Und genieße es jetzt endlich wieder handeln zu können, ohne jede Tat begründen zu müssen.“ Im Gegensatz zu ihr. „Im Gegensatz zu dir.“ Er wusste nicht, was ihn selbst mehr störte: die vielen Geheimnisse die eine frische Crew spalten konnten, oder dass sie ihn vor potenziellen neuen Crewmitgliedern angegriffen hatte. Es gab einfach so vieles, das Aspen bemängeln konnte. „Du bist jetzt einfach nicht mehr in der Position aus einer einfachen Laune heraus zu handeln. Das will ich dir damit sagen.“ Eindringlich hob er wieder den Blick. „Natürlich kann ich verstehen, dass ich dich nicht herum schubsen darf“ – auch wenn es in seinen eigenen Augen mehr Höflichkeit gewesen war – „weil es dich an deine Jugend erinnert. Jedem dem du es nicht erklären würdest, zweifelt eher an deiner Kompetenz.“ Verstand sie denn nun endlich? So langsam hatte er alle Versuche durch. Aspen versuchte sachlich zu bleiben, auch wenn ihm anzumerken war, dass er langsam keine Lust mehr hatte sich zu wiederholen.
Langsam kroch eine ihrer Augenbrauen immer weiter in die Höhe. Seine Worte...ergaben Sinn, dass bestritt sie gar nicht. Doch was er da sagte, machte nicht besser, was sie von ihm dachte. Sie hatte versucht es ihm zu erklären, sowohl, warum sie so reagiert hatte, als auch, dass es nicht mehr vorkommen würde. Aber anscheinend wollte er ihr einfach nicht glauben. So wie er es aufzählte, beschrieb er eine Person, die sie selbst für völlig bekloppt hielt. Mit einem leichten Kopfschütteln, trank sie die letzten Reste aus ihrem Glas und ließ es dann an ihren Lippen während sie nachdachte. „Aspen...das was du beschreibst ist ein kleines, leicht unterzukriegendes, dummes Ding. Ich handle nicht aus einer Laune heraus. Und alle die mich sehen, zweifeln von vorn herein an mir, dass kenn ich schon.“ Kurz schwieg sie. Wenn das weiter so ging, dann würden sie noch eine ganze Weile nur über dieses Thema reden, statt endlich voran zu kommen. Sie mussten sich verstehen, wenn sie auf diesem Schiff zusammen arbeiten wollten. Mit einer vorsichtigen Bewegung stellte sie das Glas zur Seite und lehnte sich wieder entspannt an ihren Schreibtisch, bevor sie ihn mit einem mildem Lächeln ansah. „Lass es mich so ausdrücken. So ein Verhalten, wie du es in der Schenke von mir erlebt hast, wird es nicht noch einmal geben.“ Denn sie würde jede Erinnerung an ihren Ehemann aussperren. „Sollte dir noch mal ein...launenhaftes Verhalten an mir auffallen, so darfst du mich gern ruhig darauf ansprechen, aber ich behalte mir vor zu schweigen, denn ich muss nicht all meine Handlungen begründen. Manchmal ergibt das Verhalten einer Person erst später wirklichen Sinn, auch wenn es einem im ersten Moment dumm vorkommt. Können wir uns darauf einigen?“
Auch wenn Aspen erst zögerte, als Talin noch ruhiger wurde, so musste er doch direkt bei ihren ersten Worten die Lippen schürzen und sich wieder zurücklehnen. Na also. Da war doch das grundlegende Problem, dass er die ganze Zeit versuchte anzudeuten! „Ja, genau das beschreibe ich die ganze Zeit.“ Nickte er ihre Worte ab und beließ es dann an ihr, seine Worte nun als Beleidigung aufzufassen oder als sanften Wink, dass momentan irgendetwas falsch lief. „Schön, das endlich zu hören.“, gab er auf ihr Eingeständnis zur Situation in der Theke zurück, auch wenn er kurz darauf den Kopf schüttelte. Es ging hier nicht um ihn, oder ob er sich persönlich angegriffen fühlte. Da war sie auf dem Holzweg. Es gab nur noch keine Sätze in seinem Kopf, um ihr dies zu vermitteln ohne seinen eigenen Standpunkt genau zu erläutern. Nachdenklich verzog er den Mund, bevor er das Glas hob und ihr fragend hin hielt. „Würdest du…“, doch er entsann sich schnell. Hatten sie nicht gerade noch darüber gesprochen? Wieder beugte er sich nach vorne, füllte sich nach und nutzte die Bewegung um einen Moment zum Grübeln zu erhalten, bevor er ihr die Flasche hinhielt in der wortlosen Frage, ob er nachfüllen sollte. „Es geht hier nicht um mich, ob es mich stört wie du handelst. Es geht eher um das, was ich dir bei meinem Eintritt in die Crew gesagt habe.“ Kurz sinnierte er, um seine Worte zu rekonstruieren. „Mir gefällt die Sphinx, mir gefällt der Gedanke auf See zu leben und das nicht in einer seit Jahren bestehenden, faulen Crew aus Halunken. Und ich glaube wirklich, dass du das Potenzial hättest diese Crew zu führen – ob nun mit oder ohne deinen Bruder – aber dafür fehlt dir eben noch ein bisschen…“ Aspen überlegte, wie er es formulieren sollte, ohne sie direkt wieder zu kränken. „die Stärke? Das Auftreten, dass du selbst weißt, dass du es kannst.“ Und das bereitete ihm ein unwohles Gefühl im Magen. Wenn es ihm bereits auffiel, wie ging es dann erfahrenen Seefahrern, die feindlich gesinnt waren?
[/size][/i]Bei seinen Worten versteifte sie sich, aber sie sagte nichts dazu. Wenn er es gern so sehen wollte, dann bitte. Langsam hatte sie das Gefühl er würde eh nicht auf sie hören. Und genau deshalb überging sie seine Bemerkung einfach, kommentierte sie nur mit einer kurzen Massage ihrer Nasenwurzel, bevor sie seine Bewegung mit der Flasche sah und ihm ihr Glas hinhielt, damit er nachschenken konnte. Wenn das hier ein Wetttrinken werden sollte, dann war sie neugierig, wer von ihnen beiden am Ende noch stand. Aber leider tat das nichts zur Sache. Dafür aber sehr wohl, was er als nächstes sagte. Sie konnte nicht anders, erst schlich sich ein Schmunzeln auf ihre Lippen, bis sie dann am Ende schließlich auflachte. Oh je. Ja, sie erinnerte sich an dieses Gespräch, aber da hatte er noch keine so großen Zweifel gehabt. Jetzt hingegen...also schön. Dann würde sie ihr Friedensangebot eben zurückziehen. Langsam hatte sie auch keine Lust mehr. „Aspen all das machst du an was genau fest? An meiner einen Handlung in der Schenke? Diese eine Reaktion erlaubt es dir, alles über mich zu wissen und zu urteilen, was ich kann und was nicht?“ Sie schnaubte undamenhaft. „Seit ich klein bin, werde ich auf das Leben auf See vorbereitet. Ich habe die letzten zwei Jahre damit zugebracht, als Junge verkleidet auf diesem Schiff zu leben und zu arbeiten. Ich habe, falls du es vergessen haben solltest, den ehemaligen Captain des Schiffes umgebracht, um meine Ziele zu verfolgen.“ Sie ließ ihm einen kurzen Augenblick Zeit, aber fertig war sie noch nicht. „Du sagst, ich solle mehr Stärke zeigen. Ich sage, wer mich und meine Crew unterschätzt, ist zu dumm, um weiter zu leben. Unterschätzt du mich Aspen?“