12.09.2016, 22:23
Es überraschte und erfreute sie gleichermaßen, dass die dummen Kommentare ausblieben. Ihr Blick hatte, wenn auch unbewusst, die meiste Zeit auf dem kleinen Dieb gelegen. Doch der blieb stumm. Höchstens von Aspen kam einmal ein Schnauben, aber das ignorierte sie geflissentlich. Wer wusste schon, was genau er da gerade kommentierte. Auf der anderen Seite war dieses Schweigen nicht gerade förderlich. Sie brauchte ein paar Vorschläge, wie sie die ganze Sache am besten angingen, sonst wäre es umsonst. Sie wollte schon weiter sprechen, vielleicht ein paar Vorschläge machen, als Shanaya sich zu Wort meldete und damit eine Diskussion los trat. Erfreut über das plötzlich rege Gespräch lauschte sie jedem einzelnen aufmerksam.
Shanaya stellte natürlich gleich die wichtigste Frage zu erst, was nur verständlich war. Keiner sollte verrückt genug sein das Gefängnis auf Esmacil zu stürmen, es sei denn, man wollte ganz schnell sterben. Mit dem Gedanken hatte sie allerdings auch schon gespielt. Doch mit etwas Glück musste es gar nicht erst dazu kommen.
Das sie überhaupt hatte aussprechen können, schien an ein Wunder zu grenzen, denn schon nach ihr ergriff einer der neuen das Wort. Verwirrt belustigt wandte sie sich dieser kleinen Gruppe zu. Der Mann, der nun sprach – Trevor, wenn sie sich richtig erinnerte – war ihr auch schon auf dem anderen Schiff aufgefallen. Seine ungestüme Art, einem Vorschlag zu zustimmen oder etwas auszusprechen, war, gelinde gesagt, ein wenig verstörend. Vielleicht brauchte er mal einen Klaps auf den Hinterkopf, um sich etwas zu beruhigen? Denn irgendwie hatte sie das Gefühl sein Vorschlag beinhaltete genau das, was sie nicht machen wollte: Esmacil stürmen. Ähm...nein, lieber nicht. Sie schüttelte fast gleichzeitig zu den Worten des dunklen Riesen den Kopf, nur um diesen kurz darauf freundlich anzulächeln. Sie hatte sich schon ein paar komische Vögel auf ihr Schiff geholt. Aber hey, sie war nicht wählerisch und je mehr sie waren, desto besser. Außerdem gehörten sie der Familie der Tarlenn an. Und niemand wurde in dieser Familie aufgenommen, wenn er nicht wirklich etwas an sich hatte, was nützlich war. Bei den beiden jüngeren wusste sie noch nicht so recht, doch Reshef schien schon einiges an Erfahrung zu haben, die ihnen von Nutzen sein konnte.
„Dein Wissen über die Insel wird uns helfen, sollte es wirklich zum äußersten kommen. Aber ich stimme dir zu. Wenn möglich möchte ich die Sache vor erreichen der Insel durchziehen. Doch so weit sind wir noch nicht.“
Sie wandte sich wieder an alle und holte dann tief Luft, um letztendlich auf Shanayas Frage zu antworten.
„Normalerweise wäre er schon längst auf Esmacil, ja. Die Marine schickt alle drei Monate ein Schiff mit Gefangenen rüber. Doch der Transport Anfang des Jahres fiel aus. Ich weiß nicht warum. Vielleicht wegen der vielen Stürme zu der Zeit oder etwas anderes. Auf jeden Fall hat er noch nicht statt gefunden.“ Kurz wartete sie, bis die Informationen bei allen angekommen waren und fuhr dann fort. „Was deine andere Frage betrifft, Shanaya. Genau das ist das Problem. Ich habe die Liste mit den Gefangenen gesehen. Es sind zu viele Verurteilte für ein Schiff. Sie werden also mindestens zwei benutzen, vielleicht sogar mehr. Wie also finden wir heraus auf welchem er sich befindet? Irgendwelche Vorschläge, die nicht mit der Stürmung von irgendwelchen Gefängnissen oder wichtigen Stützpunkten der Marien zu tun haben?“
Bei ihren letzten Worten ruhte ihr Blick auf Trevor. Irgendwie hatte sie das unbestimmte Gefühl, er würde genau so einen Vorschlag machen wollen.
[Mitte des Hauptdecks - In der Nähe von allen anderen]