06.10.2024, 12:40
All das hier war ja nicht neu für ihn und trotzdem fühlte sich Alex auch nach den Jahren, die er mit Liam und Lubaya unterwegs gewesen war, einfach nicht wohl an solchen Orten. Liam merkte man seine Herkunft oftmals nicht an. Wobei, Alex vergaß sie eher, weil sie meist auf Reisen gewesen waren und von der Hand in den Mund gelebt hatten. Gehobene Küche hatten sie sich meistens nicht leisten können, aber auch nicht leisten wollen. Essen, am offenen Feuer gegrillt, die Sterne über ihren Hängematten – das war es, was sie meistens gehabt hatten. Mit Lubaya waren sie hier und da mal eingekehrt, um ihr eine Freude zu machen, aber letztlich war auch sie ein Freigeist gewesen. Eine Piratin. Sie war nur besser im Umgang mit Gold gewesen als die beiden Männer.
Alex jedenfalls fühlte sich hier drin beobachtet – von mehr Leuten als nur Soula, die ihm gegenübersaß, ihm schließlich mit dem Wein zuprostete und sich dann über die zubereitete Ente auf ihrem Teller freute. Auch der Lockenkopf musste zugeben, dass das Essen erstaunlich gut war – nur eben nichts für seinen Geldbeutel, eigentlich. „Vorzüglich.“, wiederholte Alex mit einem belustigten Schmunzeln, als wäre das Wort etwas, was sie eindeutig komisch darstellte, obwohl doch eigentlich er der Fremdkörper in diesem gehobenen Gasthaus war. Doch tatsächlich konnte sich Alex benehmen, schaffte es, nicht sonderlich anhand fehlender Manieren aufzufallen und so brachten sie das Essen mit ein bisschen unbekümmertem Smalltalk hinter sich. Am Ende schaffte es Alex sogar, gänzlich dafür aufzukommen wie versprochen, ohne sich heimlich als Tellerwäscher zu verpflichten und mit viel zu viel Gold weniger im Beutel, aber immerhin gesättigt brachen sie wieder auf, um Soula zurück zur Sphinx zu bringen, wie er es ihrem Schoßhündchen versprochen hatte. Sie nahmen eines der Themen wieder auf, die sie während des Essens offen und locker besprochen hatten und liefen gerade die Straße Richtung Hafen entlang, als dem Mason drei Gestalten ins Auge fielen, die ihn augenblicklich mit Argwohn erfüllten. Unauffällig streifte sein Blick die drei uniformierten Marinesoldaten, die ihnen auf dem Weg entgegenkamen und sich lautstark unterhielten, als wären sie gänzlich allein auf der Welt. Er rümpfte die Nase und wollte sich gerade wieder Soula zuwenden, als sie – noch immer einige Meter vor ihnen – einen Namen nannten, der mehr in ihm weckte, als ihm lieb war. Alex dachte nicht lange darüber nach – ihm war nur klar, dass er diese Männer länger belauschen wollte, als er könnte, wenn sie stetig weiter aufeinander zu liefen. Er brauchte Zeit. Er brauchte einen Grund, weshalb sie stehen blieben, ohne dass Soula einen Verdacht schöpfte, dass er sich gerade mehr für das Gespräch dieser Dreiergruppe interessierte, als er sollte. Zum Glück war er schon immer ein Mann der Tat gewesen, denn einen Augenblick später drehte er sich bereits in den Weg der Jüngeren, um sie sanft aber bestimmt an eine Hauswand zu pinnen, als wäre das das Normalste der Welt zwischen ihnen.
„Red‘ einfach weiter.“, sagte Alex, die Aufmerksamkeit sichtbar hinter sich gerichtet. Mit dem Unterarm stützte er sich über ihrem Kopf ab, der Rest seines Körpers war zwar nah, aber nicht so nah, dass sie sich wirklich berührten. Sein Ziel war es nicht, Soula zu bedrängen – er wollte nur ein Alibi, um den drei Männern, die an irgendeinem Stand hinter ihnen stehen geblieben waren, länger zuhören zu können, während sie von Oberstleutnant Miller redeten. Nur leider schienen sie jetzt das Thema gewechselt zu haben. Dabei hätte Alex nur zu gern gewusst, ob er hier war…