07.09.2024, 18:55
Hätte irgendjemand den Lockenkopf mit der Frage konfrontiert, weshalb er sich derart ins Zeug legte, um einen möglichen Verdächtigen zwischen die Finger zu bekommen – er hätte sich wohl ertappt gefühlt und erst nach kurzer Überlegung herausgebracht, dass das ja wohl auf der Hand lag. Für die Crew und, selbstredend, weil das für ihn bedeutet hatte, das erste Mal seit Tagen nicht unter Beobachtung zu sein, denn, leider, hatte er nicht mal beim Pissen wirklich Ruhe vor den Augen ihres Quartiermeisters gehabt. Nicht immer physisch, aber psychisch hatte sich das Falkenherz zweifellos derart präsent gemacht, dass Alex die Faxen dicke hatte. Leider nur fehlte ihm in Anbetracht der Anschuldigungen gegen ihn die Handhabe, um etwas daran zu ändern. Und jetzt, wo Soula spurlos verschwunden war, fehlte leider auch ein wichtiger Bestandteil, der für ein Urteil nötig gewesen wäre. Bis die Frauen also wieder auftauchten, wäre er ein Verdächtigter für die einen; ein Verurteilter für die anderen. Und für machte, ja, für machte vielleicht sogar ein Schuldiger für ihr Verschwinden.
Manche wie Kieran zum Beispiel, der ihm einen Moment später um die Ecke folgte, um ebenfalls die Verfolgung aufzunehmen. Schön. Tarón war er also los, Soulas Schoßhündchen hing ihm dafür an den Fersen. Eine Verbesserung wohl. Aber eigentlich hing Kieran ja auch nicht ihm am Arsch sondern dem Kaputzenkerl – aber hey, Alex war vermessen genug, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Sein Blick fing den von Kieran kurz auf, verständigte sich stumm auf ein gemeinsames Ziel und folgte der vermummten Gestalt, die um die nächste Ecke bog und damit vorerst aus ihrem Blickfeld verschwand. Alex beschleunigte seinen Schritt. So konnten sie nämlich leider nicht sehen, wohin er verschwand und wenn sie ihn verloren, hatten sie vielleicht die einzige Spur verloren, die sie finden würden. Als die beiden Piraten ebenfalls um die Ecke bogen, war die Gestalt schon schwerer in der Dunkelheit auszumachen, doch seine Schritte hallten noch deutlich von den Häuserwänden ab. Alex‘ Laterne erhellte nicht genug, um seine Konturen zu erleuchten, doch noch war er da. Und er hatte mitbekommen, dass sie ihm auf den Fersen waren. Er war also nicht nur verdächtig, sondern inzwischen auch verdächtig auf der Flucht.
„Schnell.“, brummte Alex unnötigerweise, denn Kieran war mit Sicherheit auch nicht entgangen, dass ihre Person der Begierde längst Wind von ihnen bekommen hatte. „Folg‘ ihm weiter, ich versuche ihm den Weg abzuschneiden.“
Vielleicht war das nämlich die einzige Möglichkeit, die sie hatten. Ohne auf eine Reaktion zu warten, bog Alex nach rechts in eine Gasse, die der Kaputzentyp ignoriert hatte. Irgendwann würde er wieder die Richtung wechseln und mit etwas Glück direkt in seine Arme laufen. Nun konnte er sich auch ein paar schnellere Schritte erlauben, bog an der nächsten Ecke wieder nach links und hörte Schritte, die sich auf ihn zubewegten. Sie kamen von links. Alex machte zwei weitere große Schritte, um die Einmündung zu erreichen, bevor es der Kerl mit der Kapuze tat und griff –
„Fuck!“, fluchte er, als er im Schein seiner Laterne Kieran erkannte. Das konnte unmöglich sein. Angestrengt lauschte er in die Nacht, doch da waren keine Schritte. Nichts, was darauf hinwies, dass sie nicht mehr alleine waren. „Fuck, verdammt!“ Unsanft trat er gegen ein Fass, das in der Gasse stand. Fuck!