31.08.2024, 16:20
Die leicht gehobene Augenbraue der Piratin entging ihm nicht. Unweigerlich nahm er sie wahr. So wie er alle anderen kleinen Dinge auch bemerkte und daraus seine Legungen zusammenschusterte. Natürlich konnte er nicht jeden gleich gut lesen, doch jeder erzählte auch noch eine zweite Geschichte mit seinem Körper. Oftmals sogar mehr als mit den eigentlichen Worten, welche gewechselt wurden. Den meisten Menschen war diese Tatsache nicht bewusst und dies war schon immer ein großer Vorteil für den Braunhaarigen gewesen. Die Karten waren eigentlich nur ein Anhaltspunkt, um die gesehenen Dinge mit einer schönen Geschichte zu verweben. Aber auch dieses Wissen hinderte seinen eigenen Körper nicht daran, auch instinktiv und reflexartig zu reagieren und so auch anderen etwas über sich zu verraten. Zumindest wenn diese in der Lage waren, die Zeichen zu sehen und zu deuten.
Was Isala anging, so deutete er, dass sie noch nichts von seinem Beruf wusste. Aber eigentlich war das auch relativ logisch. Die wenigen Wochen auf der Sphinx waren für ihn von Lernen der Schifffahrt geprägt gewesen und er hatte wenig Zeit damit verbracht, sich mit jemandem zu unterhalten. Außer mit den Personen, welche er schon vorher gekannt hatte und welche ihm auch zeigen konnten, was zu tun war. Aric blinzelte kurz, als sich die Braunhaarige in Bewegung setzte. Sein Gehirn rekonstruierte gerade ihren letzten Satz, als sie auch schon nach seinem vorherigen Leben fragte.
„Ich saß oft in einem Zelt am Marktplatz und habe auf jemanden gewartet, der die Zukunft wissen wollte ,… um ehrlich zu sein.“
Antwortete er ihr mit einem leicht schiefen Lächeln, während er ihr mit langsamen Schritten folgte.
„Aber trotz dieser Vorgeschichte kann ich leider den gesuchten Aufenthaltsort nicht ausmachen.“ nahm er seinen Witz von vorher wieder kurz auf. „Was ist mit dir?.. Wie lange bist du schon auf der Sphinx?“
Genau wie Isala schaute auch Aric aufmerksam in alle Richtungen. Dabei versuchte er weiterhin so unauffällig wie möglich zu wirken. Ließ seinen Blick auch immer wieder über die hübschen kleinen Laternen schweifen, welche überall spärlich versuchten, die Dunkelheit zu vertreiben. Nach einigen gelaufenen Metern drang ein Satz an seine Ohren, welcher ihn abrupt stehen bleiben ließ. Was haben wir denn hier? Eine Wortkombination, welche er bisher nur in negativem Kontext vernommen hatte. Genau aus diesem Grund blieb er dort an Ort und Stelle stehen und lauschte. In der Hoffnung, dass Isala sich zu ihm umdrehen würde, wenn sie seinen Stillstand bemerkte, hob er einen Zeigefinger an seine Lippen, um ihr Stille zu signalisieren. Gleichzeitig schloss der Wahrsager die Augen und konzentrierte sich auf die Richtung, aus der die Worte zu ihm gedrungen waren.
Die kampfeslustigen Worte einer Frau bestätigte seine Vermutung, ließen ihn aber auch kurz mit sich selbst hadern. Zumindest sprachlich schien sie die Situation im Griff zu haben und er war kein Kämpfer. Der Braunhaarige schielte kurz zu Isala. Vermutlich konnte sie sich im Ernstfall besser verteidigen als er selbst, immerhin war sie schon länger unter Piraten als er. Aber sollte er sie deshalb einfach mit in fremde Situationen ziehen?
Unentschlossen ging er einige Schritte in Richtung des fremden Gespräches, als ihn ein Gedanke seine Schritte etwas beschleunigen ließ. Was, wenn die beiden Männer auch die Frauen der Sphinx überwältigt hatten? Ohne einen konkreten Plan zu haben oder sich mit Isala besprochen zu haben, stand er plötzlich vor den drei fremden Personen. Innerhalb eines Augenblicks nahm er das Messer in der Hand der Frau wahr und auch die angriffslustige Körperhaltung der beiden Männer. Dann versuchte er sowohl eine erleichterte Mine auf sein Gesicht zu zaubern, als auch seinen Körper so groß wie möglich zu machen.
„Hier hast du dich also versteckt, Schwesterchen.“
Mit etwas Glück überschätzten die Männer seine Fähigkeiten im Kampf aufgrund seiner Erscheinung und ließen von der Frau ab. An die Option mit dem Pech wollte der Wahrsager vorerst nicht denken. Zumindest die Sache mit der Schwester könnte man ihm vielleicht auf den ersten Blick abkaufen. Möglicherweise auch, dass er die Situation erst später einschätzte, als er es tatsächlich tat. Blieb nur zu hoffen, dass er heute eher das Glück auf seiner Seite hatte.
[ Isala, Kaleigh | in den Gassen der Außenbezirke]