21.08.2024, 15:51
Er hasste es. Diese Warterei, wenn man einen Plan geschmiedet hatte, bis man endlich loslegen konnte. Entsprechend hüllte er sich auch wieder in Schweigen und ließ die anderen beiden ihre Details besprechen - er war sowieso nicht der Typ für einen Plan. Pläne waren berechenbar. Spontanität sorgte für Überraschungen und Alex war ein großer Freund davon, seiner Intuition zu folgen. Und ganz ehrlich: Das würde er - Plan hin, Plan her - auch gleich tun, sollte ihnen jemand ins Netz gehen. Aber zum Glück waren ihre Besprechungen für den Fall ohnehin ausgedünnt gewesen. Man würde ihm also nicht einmal vorwerfen können, sich nicht an irgendeine Abmachung gehalten zu haben...
Bei all der Dunkelheit um sie herum, war das Licht des Marktplatz schon von weitem zu sehen. Alex' Laterne baumelte noch immer an seinem Gürtel, während er weiter schweigend knapp hinter den anderen beiden auf ihr Ziel zusteuerte. Während er vorgab, nur halbherzig zu lauschen, wanderte sein Blick über die Schatten in der Dunkelheit, konnte aber leider nichts wirklich auffälliges erkennen, was ihnen weiterhelfen könnte. Am Marktplatz tummelten sich wohl die meisten Menschen seit der Festlichkeiten. Alex rümpfte flüchtig die Nase und ließ den Blick kurz wandern, als sie auch schon angesprochen wurden - von Kieran. Der eigentlich beim Schiff sein sollte. Die Mundwinkel des Lockenkopfs zuckten unscheinbar, während er im fahlen Licht Taróns Reaktion abzuschätzen versuchte.
„Du meinst sowas wie ... Frauen, die spurlos verschwinden?“, konnte er sich den Sarkasmus nicht sparen und warf dem Jüngeren einen kurzen Blick zu, ehe er sich bereitwillig abwandte, um seinem Aufpasser zu bedeuten, dass er nicht mehr dazu zu sagen hatte.
Schließlich konnten sie endlich anfangen. Alex hatte sich seine innere Unruhe nicht anmerken lassen. Den Frauen war sicherlich nichts passiert, wollte er nach außen ausdrücken - innerlich war er wachsamer als ihm lieb war. Wenn sich hier jemand zeigen würde, hatte er nicht vor, denjenigen aus den Augen zu lassen, bis er nicht wusste, was er zu verbergen hatte. Tarón verschwand in den Schatten, Kieran und er taten es ihm gleich und Cassy schien sich noch kurz zu sammeln, ehe sie auf die erleuchtete Treppe trat, sich eine kleine Empore baute und den Startschuß gab. Alex' Finger tippten unruhig auf seinen Oberarmen herum, während er mit verschränkten Armen im Dunkeln stand. Seine Augen waren wie die eines Raubtiers auf die Menge gerichtet, als die Blonde zu sprechen begann.
Am Anfang schien es ernüchternd. Ein Teil der Menge wandte sich wieder ab, kaum dass sie grob abschätzen konnten, worum es ging, ein anderer Teil wirkte besorgt und bedauernd, schien aber keine Anstalten zu machen, irgendeinen brauchbaren Tipp an die Rednerin herantragen zu wollen. Alex war genervt und wandte den Blick ab - sein Glück, wie es schien, denn sonst wäre ihm die Gestalt wohl nicht derart auffällig ins Auge gesprungen, die verstohlen einen letzten Blick über die Schulter warf und sich schließlich eine Kaputze überwarf, um in einer angrenzenden Gasse zu verschwinden.
„Rechts von uns, Leinenhemd, dunkle Kaputze. Macht sich aus dem Staub.“, informierte er die beiden Männer in seiner Nähe und wartete gar nicht auf eine Reaktion. Entsprechend fiel ihm auch nicht auf, dass Tarón sich bereits angespannt hatte, um in besagte Richtung zu zeigen.
Alex drückte sich unsanft an zwei Personen vorbei, um schnellen Schrittes die Verfolgung aufzunehmen. Als er sich um die Mauer schob, hinter der die Gestalt verschwunden war, machte er noch zwei eilige Schritte, ehe er sich zurücknahm, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Gestalt konnte er tatsächlich einige Meter vor sich im Dunkeln erkennen - dazu war die Gegend rund um den Marktplatz noch erleuchtet genug. Jetzt hieß es nur, ihn in der Dunkelheit nicht zu verlieren.
Was er dafür allerdings nicht mehr mitbekam, war die Gestalt, die sich schließlich doch aus der Menge herauslöste, um sich entgegen der meisten anderen auf Cassy zuzubewegen. Seine Uniform identifizierte ihn eindeutig als einen Zugehörigen der Stadtwache.
„Miss.“, machte er auf sich aufmerksam und räusperte sich.
Die Daumen hatte er hinter seinen Gürtel geschoben, die Brust herausgestreckt. Die Blicke der umliegenden Menschen waren ihm egal. Er war recht groß, hatte dunkles Haar und einen Schnauzbart.
„Möglicherweise bin ich Ihren Freundinnen über den Weg gelaufen. Zwei Damen, Ihrer Beschreibung entsprechend, sind vor wenigen Tagen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses aufgefallen.“