20.06.2024, 23:40
Mit jeder Sache, die Dahlamon Tali tat oder sagte, stieg die Intensität dessen, wie Rúnar sich in ihrer Gegenwart fühlte. Er konnte es nicht richtig beschreiben -- einerseits fühlte er sich bei ihr sicher, weil sie -- keine Ahnung -- irgendeine Art von Ausstrahlung hatte, die ihm dieses Gefühl gab, aber auf der anderen Seite hatte er das Gefühl, dass er durchgehend auf seinen Rücken aufpassen musste, damit sie ihm nicht bei der nächsten Gelegenheit ein Messer hineinstecken und ihn in der nächsten dunklen Gasse verbluten lassen würde.
Womit er ihr bestimmt Unrecht tat. Das Schlimmste, das vermutlich passieren konnte, war, dass sie ihm was von diesem ekelhaften Kautabak anbot und er nicht nein sagen konnte, weil ... sie eben so war, wie sie war.
Verwirrung begann jedoch das Gefühl zu übertünchen, als er sich jedes Schild und dergleichen ansah, das sie sich ansah. Auf keinem davon aber war ein Vogel zu sehen und er wusste eigentlich auch gar nicht, ob sie nach einem Vogel suchte oder einfach glaubte, überall einen zu sehen.
Rúnar seufzte, rieb sich die Augen. Weil Harald nun auch noch anfing der Riesin nachzusprechen (wenn auch mit weniger Nuancen in seiner Aussprache) und sie sich beide im Gegentakt echoten. Aber Rúnar nahm es einfach hin. Auch, als Dahlamon Tali sich entschloss, nun eine Katze zu verfolgen. Rúnar wusste wieder nicht, was sie meinte -- wie kryptisch konnte ein Mensch eigentlich sein? (Ha. Falls sie überhaupt ein Mensch war. Nein, danke. Darüber wollte er gar nicht erst anfangen nachzudenken.) Aber dann war sie schon weg -- in der dunklen Gasse verschwunden -- als sei sie selbst ein Schatten.
Er drehte sich um. Isala hatte schon länger nichts mehr gesagt. Weil sie nicht mehr da war, wie er feststellte.
Sein Herz sank so tief, dass es gefühlt auf dem Boden aufprallte. Für einen Moment konnte er nicht anders, als einfach nur stehen zu bleiben, auch, wenn er Dahlamon Talis Aufforderung gehört hatte. Hatte Isala sich verabschiedet und er hatte es einfach nur nicht mitbekommen? Würde er Dahlamon Tali zutrauen, sich nicht darum zu scheren, wenn Isala direkt unter ihrer beider Nase entführt worden wäre? Ergab es überhaupt Sinn, sich diese Fragen zu stellen?
Nicht wirklich.
Er wusste faktisch, dass die Stadt nicht weniger belebt war als im Tageslicht, trotzdem fühlte es sich so an, als wäre nichts um ihn herum, außer die Schatten -- und als wäre die Laterne, die ihren Lichtkreis um ihn zog, der einzige Anker an dem er sich festhalten konnte.
"Vogel!"
Haralds Kommentar riss Rúnar aus seiner Trance.
"Ja, danke für deinen wertvollen Beitrag", murmelte Rúnar. Dann konnte er es sich abringen, in die Schatten vorzudringen, in denen Dahlamon Tali verschwunden war.
{ im Handwerksviertel | Isala ab | mit Dahlamon Tali und Harald (Haustier) | schauen sich Schilder an Häusern, etc. an | Dahlamon Tali ab | folgt Dahlamon Tali }