04.06.2024, 04:26
Zum ersten Mal war er vielleicht doch ein wenig froh über die Dunkelheit um ihn herum. Ja, wie wäre es denn gewesen, wenn das Mädchen vor ihm die Erleichterung in seinem Gesicht gesehen hätte, da er die richtige Person erkannt hatte? Jeder der Crew strahlte im Moment Ungeduld, Unruhe und Anspannung aus. Da hätte es jetzt genauso gut Lockenköpfchen sein können, den er hier ansprach. Also ... nein, vermutlich das eher nicht, aber das Prinzip war klar. Er war völlig aufgeschmissen in der Finsternis und freute sich umso mehr, dass er recht hatte. Da er noch ein seinem Erfolg schwelgte, fiel es ihm leicht die Männer und Frauen, die nach ihm diese dumme Planke herunterkamen, zu ignorieren. Er hätte sie eh nicht auseinanderhalten können. Außer vielleicht den Quasselkopf, der hin und her hüpfte, wie ein übereifriges, paarungsbereites Insekt und es sogar schaffte, die Laune der kleinen Navigatorin zu ignorieren und mit ihr zu reden. Rym wusste fast nicht, ob er beeindruckt sein sollte oder Kopfschmerzen bekam.
Ebenso verpasste er fast ihre Antwort. Aber auch nur fast, denn ihr Talent, das Offensichtliche festzustellen, war enorm. Natürlich wartete sie, das erkannte er auch. Vielleicht hatte er mit seinen Worten auch nur die Stimmung auflockern wollen? Nun, das schien ihm nicht so gelungen zu sein. Aber immerhin sprach sie mit ihm, was schon als große Errungenschaft bei der kleinen Königin galt und deshalb wollte er sie sogar fragen, worauf sie wartete, als ein helleres Grau ebenfalls vom Schiff kam. Er überlegte, wer noch dort oben gewesen war, aber selbst mit seinem ziemlich guten Gedächtnis kam er nicht darauf. Da aber Bewegung in den Schatten vor ihm kam, nahm er an, dass es die Person war, auf die sie gewartet hatte. Und da ihr liebster Umgang auf dem Schiff der Commodore war, fiel es ihm nicht schwer, eins und eins zusammen zuzählen. Mensch, er war heute so unglaublich schlau.
Nach einem weiteren Moment des Beweihräucherns, wollte er seine Theorie testen, als ihm auch schon der helle, graue Fleck, den Lucien bei sich getragen hatte, in die Hand gedrückt wurde. Eine Laterne – großartig. Was hasste er noch mehr als die Dunkelheit herum? Eine kleine Kugel, die diese vertreiben sollte, ihn aber nur davon ablenkte, seinen Weg zu finden.
Rym seufzte leise, setzte sich aber in Bewegung, blieb unerwartet still und lauschte dem Gespräch der beiden anderen. Ja, es wäre natürlich wirklich furchtbar festzuwachsen und abzuwarten, bis die Dunkelheit wieder verschwunden war.
...
Er wippte auf den Fußballen auf und ab, versuchte, seine leichte Aufregung und Zufriedenheit zu verbergen und schaffte es wohl nicht ganz. Er war noch nie jemandem so unglaublich dankbar gewesen, wie in diesem Moment dem Captain. Die Idee in einer Taverne – hell, gemütlich, warm, hatte er schon hell gesagt? – mit ihren Nachforschungen zu beginnen, erschien auch Rym sehr schlau. Natürlich hatte er mitbekommen, weshalb sie hier anfingen nach den drei Damen zu suchen, aber es änderte nichts daran, dass er mit dieser Entscheidung mehr als zufrieden war. Denn da drinnen konnte man sehen! Niemand ließ während dieser Festtage eine Taverne unbeleuchtet. Die Menschen tranken einfach zu gerne. Doch er hatte in diesem Moment noch seine beiden Begleiter davon abgehalten in das laute Gasthaus hinein zugehen und sah in etwa die Richtung, in die er den Captain vermutete.
„Also wie genau stellen wir das jetzt an? Gehen wir rein und fragen, ob so ein Kerl, der aussieht wie unsere Navigatorin hier, mit den dreien gesprochen hat? Oder ob jemand gesehen hat, ob er sie sogar gleich verschleppt hat?“
[Am Hafen | vor einer Schenke | mit Lucien und Shanaya]