25.05.2024, 16:39
Die blauen Augen der jungen Frau lagen ruhig auf ihrem Gegenüber, während sie versuchte, seine Gedanken zu erraten. Zu erkennen, woran er dachte, wie viel Wahrheit in seinen Worten lag. Aber letztendlich blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu glauben, zu hoffen, dass er sich wirklich nicht in Schuld suhlte, weil Peregryne angeblich wegen ihm gestorben war. Mit ihrem nächsten Atemzug stimmte Liam ihren Worten zu, hängte jedoch noch eine Ergänzung an, die Shanaya kurz nachdenken ließ. Nicht jeder war sich diesem Risiko bewusst, da war die Schwarzhaarige sich sehr, sehr sicher. Aber das war gar nicht der Punkt, um den es hier vorrangig ging. Es gab dieses Risiko. Ende. Egal, ob Jemand davor die Augen verschloss, spätestens die erste Kugel, die traf, würde vielleicht auch den letzten Affen davon überzeugen.
„Wer sich darauf ausruht, ist eben auch selbst Schuld. Ich bin der lebende Beweis dafür, dass man auch erfolgreich daraus hervor gehen kann, dem Risiko die Stirn zu bieten. Und dass es eben nicht immer Recht hat.“
Wenn auch sicher eine große Portion Glück und noch viele Hände mehr voller Können dabei eine große Rolle spielten. Sie war niemand, der sich auf etwas ausruhte, egal, worum es ging. Umso weniger verstand sie die Menschen, die den Schwanz davor einzogen und sich dem beugten, ohne einen Funken Gegenwehr.
Was er dann auf das Thema Feldarbeit erwiderte ließ Shanaya erneut auflachen, dem Lockenkopf einen gespielt vorwurfsvollen Blick zuwerfen.
„Meine Eltern wünschten, du hättest Recht. Besonders meine Mutter. Ich kann nicht zählen, wie oft sie daran verzweifelt ist, Schmutz aus meiner ach so hübschen Kleidung zu waschen. Ihr wäre sicher lieber, ich würde mir niemals die Finger, oder direkt den ganzen Körper, schmutzig machen.“
Zu dem ganzen Blut, das sie schon von ihren Händen und aus ihrer Kleidung hatte waschen müssen – ob nun ihr eigenes oder fremdes.
Seine Gegenfrage zum Lichterfest ließ das Funkeln in den Augen der Schwarzhaarigen aber deutlich heller werden. Begeisterung lag in dem blau, mit dem sie ihren Freund begeistert anblickte, ein Lächeln voller Vorfreude auf den Lippen.
„Oh ja! Ich konnte es die letzten Jahre nie wirklich genießen, egal, wo wir zu dieser Zeit waren. Ich musste immer brav daneben stehen, ganz das gut erzogene Töchterchen mimend, das ich hätte sein sollen. Wenn ich auch nur einmal falsch die Hand bewegt habe oder zu viel Begeisterung gezeigt habe, gab es Prügel.“ Etwas, was sie vollkommen neutral aussprach, ohne Verbitterung darin. „Deshalb freue ich mich auf jedes einzelne Fest, auf das wir gehen. Weil ich sie endlich Mal genießen kann, ohne mich ständig bei irgendetwas zurück halten zu müssen.“
Ihr Lächeln blieb bestehen, ebbte kein bisschen ab. Sie freute sich auf die Dunkelheit, auf das erste Licht am Morgen nach dem Fest, auf das Fest selbst. Auf all die Lagerfeuer, die Tänze und all die Fackeln. Auf die Laternen, die die Luft erhellten. Auf jeden Moment, den sie in ihrer eigenen Freiheit genießen konnte. Und jedes Fest war für Shanaya irgendwie genau das – ein Fest für ihre Freiheit, auf die sie so viele Jahre lang hin gefiebert hatte. Und all das wollte jetzt in vollen Zügen ausgelebt werden.