26.07.2016, 23:54
Legten es heute eigentlich alle darauf an, sie zu nerven? Vielleicht sollte sie die Frage mal in den Raum werfen und schauen, wie ein jeder von ihnen darauf antwortete. Zumindest hatten es schon einmal der Dieb und Shanaya auf sie abgesehen. Wie wäre es wohl, wenn sie einfach die beiden dunklen Schöpfe nahm und gegeneinander krachen ließ? Eine Vorstellung, die es ihr immerhin erlaubte sich ein wenig zu beruhigen und nicht gleich in die Luft zu gehen. Eigentlich war sie wirklich sehr geduldig und ausgeglichen, aber wenn zwei solche Persönlichkeiten daher kamen, dann konnte selbst ein Toter nicht mehr die Ruhe bewahren.
Nach außen hin zeigte sie aber nichts von ihren Gedanken, sondern beobachtete alles mit verschränkten Armen und beginnenden Kopfschmerzen. Ihre Augen waren dabei mehr auf den Dieb gerichtet und Shanayas Antwort tat sie für den Moment mit einem kurzen Nicken ab. Später würde sie dann noch einmal darauf zurückkommen. Jetzt kümmerte sie nur Herr von und zu noch Gefangener, der sich so wunderbar aufspielte. Auf seine ach so überheblichen Worte hin, schenkte sie ihm nur ein liebevolles Lächeln. Konnte sie doch nicht ahnen, dass er keine richtigen Sätze formulieren konnte. Für sie war 'in Ordnung' nur eine Einleitung zu einer vernüftigen Antwort, aber bitte. Wenn er eben nicht so wortgewandt war, dann würde sie es stillschweigend dabei belassen. Sollte er ruhig von ihr denken, was er wollte. Es wäre sein Fehler, wenn er sie unterschätzte. Bei diesem Gedanken spielte ein belustigtes Lächeln um ihre Lippen, doch als im nächsten Moment Aspen wieder dazu kam, strich sie den Mann vorerst aus ihren Gedanken. Die Worte des Blonden reizten sie zu einem Massieren ihrer Nasenwurzel. Sie trampelten gerade wirklich alle auf ihren Nerven herum. Gut, daran war sie wohl auch selbst schuld. Sie war mit ihren Gedanken hauptsächlich auf ihr Ziel fixiert gewesen und hatte dabei alles andere anscheinend etwas schleifen lassen. Doch so ging es nun einmal nicht weiter. Ein wenig ungläubig betrachtete sie, wie Aspen die Tür aufmachte und dem Dieb den Wassereimer hinhielt. Das wäre ja noch in Ordnung gewesen, aber als das Tor zur Freiheit dann ganz aufging, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Sie ließ die Hand sinken und sprach mit süffisanten Lächeln und einem eben solchen Ton zu dem Blonden.
„Ich find's ja schön, dass du schon seit Ewigkeiten Pirat bist und weißt, dass man Gefangene einfach so laufen lässt.“
Wie blauäugig konnte man eigentlich sein? Mit einem leicht genervten und verständnislosen Kopfschütteln griff sie nach der Zellentür und schob sie soweit zu, wie Aspens Körper, der im Türrahmen stand, es zuließ. So ging das einfach nicht. Sie würde diesen Kerl doch nicht frei herumlaufen lassen, wenn sie nur sein Wort hatte. Sie mochte jedem Menschen eine Chance geben, aber das hieß noch lange nicht, dass sie jedem blind vertraute. Um sich vor eventuellen Falschaussagen und Messerstechereien zu schützen, gab es schließlich die Carta. Deshalb warf sie Aspen nur einen ruhigen Blick zu und sprach in kontrolliertem, aber bestimmtem Tonfall.
„Würdest du bitte hochgehen und mit den anderen zusammen die Segel raffen? Wenn ich hier fertig bin, komm ich auch hoch.“
Darauf wartend, dass er den Eimer abstellte und sich nach oben aufmachte, wandte sie sich ihrem nächsten Problem zu. Denn es gab auch noch etwas anderes zu klären. Sie sah sich zu dem dunkelhaarigem Mädchen um und winkte sie dann zu sich heran. Da oben war also ein Schiff, dass ihr Schweigen brach? Da das vermutlich noch weit weg war, konnte sie selbst nicht auf diese Entfernung sagen, ob es das richtige war. Und für den Moment hatte sie ihre Befehle verteilt, so dass die Jungs dort oben noch einen Augenblick ohne sie klar kommen würden.
Als Shanaya bei ihr ankam, sah Talin ihr fest in die Augen. Wenigstens diesen Punkt wollte sie von der Liste streichen, die ihr auf die Nerven gingen. Vielleicht war es der falsche Zeitpunkt, dass mit dem anderen Mädchen zu klären, aber sie brauchte ja auch nur eine kurze und knappe Antwort, um zu wissen, wo sie stand.
„Sag, Shanaya. Bist du für oder gegen mich?“
[Im Frachtraum | mit Aspen, Ryan und Shanaya]